Kässpätzle mit Misozwiebeln und Bratapfel, glasierte Auberginen in einer Marinade aus Zuckerrübensirup, Mirin- und Sojasoße, oder Buchteln gefüllt mit Sonnenblumenhack – so lesen sich die punkigen vegetarisch-veganen Kreationen von Nina Meyer. Die Bio-Spitzenköchin und Küchenchefin des Berghotel Ifenblick in Balderschwang im Allgäu ist berühmt für ihre Alpine Fusion-Küche mit einer Prise „Punk“.
Die überwiegend vegetarisch-veganen Kreationen basieren auf frischen, regionalen Zutaten, teils ergänzt um ein paar Basics aus dem Reich der Ersatzprodukte wie Tempeh aus schwarzen Bohnen.

Warum Nina Meyer noch vor wenigen Jahren hochverarbeiteten Fleischersatzprodukten sehr skeptisch gegenüberstand?
Warum sie ihre Meinung revidiert hat?
Und warum sie trotzdem darauf verzichtet?
Das hat die Punk-Küchenchefin der Redaktion first class im Interview berichtet.

„Allein, um unseren schwarzen Bohnen Tempeh zu kosten, hat kürzlich ein Ehepaar ein langes Wochenende bei uns gebucht. Sie war Vegetarierin und etwas gelangweilt von den vegetarischen oder veganen Angeboten, welche sie in anderen Hotels findet.“
Nina Meyer, Küchenchefin, Berghotel Ifenblick
Frau Meyer, Sie lieben Tofu und Tempeh – was schätzen Sie jeweils daran und wozu verarbeiten Sie diese Produkte beispielsweise?
Ich bin ganz großer Fan von schwarzem Bohnen Tempeh, weil ich besonders seinen milden, erdigen und doch ausdrucksstarken Geschmack liebe. Tempeh brate ich wie ein Steak und reiche ihn als pflanzliche Proteinquelle.
An Tofu schätze ich – und das ist sehr kontrovers – dass er keinen großen Eigengeschmack hat, weshalb er so vielseitig einsetzbar ist. Ich liebe z. B. klassische chinesische Zubereitungen, bei denen Fleisch mit Tofu kombiniert wird. Aber auch japanische Versionen wie Inari, also frittierte Tofutaschen, sind toll.
Seidentofu ist mein liebstes Produkt für die pflanzliche Patisserie. Unsere Mousse au Chocolat machen wir damit z. B. nur noch als vegane Variante.
Wie kommen derartige Zutaten bei den Gästen an?
Allein, um unseren schwarzen Bohnen Tempeh zu kosten, hat kürzlich ein Ehepaar ein langes Wochenende bei uns gebucht. Sie war Vegetarierin und etwas gelangweilt von den vegetarischen oder veganen Angeboten, welche sie in anderen Hotels findet. Auch andere Gäste schätzen die Zusammenstellung meiner Küche – die Vielfalt.
Der Anteil vegetarisch-veganer Speisen beträgt bei Ihnen 67 Prozent. Welchen Stellenwert haben Gemüse versus Ersatzprodukte?
Ersatzprodukte sind ähnlich sexy wie Margarine. Ich nenne sie lieber Alternativen. Generell war ich jahrelang kein Fan von Produkten wie veganen Chicken Nuggets, Tofuwienerle usw. Aber meine Haltung dazu hat sich verändert. Es ist uns heutzutage allen klar, dass wir uns aktiv um die Planetengesundheit kümmern müssen, und dass ein täglicher Verzehr von tierischen Produkten nicht zielführend ist. Wenn also ein veganes „Chicken Nugget“ dafür sorgt, dass es jemandem leichter fällt, aktiv etwas für eine bessere Welt zu tun, dann freue ich mich extrem darüber.
Nichtsdestotrotz biete ich derartige Produkte nicht an, weil ich bereits viel Erfahrung mit Plant-based-Küche habe. Tofu und Tempeh machen schätzungsweise ein Fünftel des pflanzlichen Angebots bei uns aus.
Welche Plant-based-Alternativprodukte, ob Tempeh oder Bratlinge, produzieren Sie ggf. selbst?
Bis auf Tofu und Tempeh, die pflanzlichen Molkereiprodukte und Seiten, machen wir alles selbst im Haus. Vom Pflanzerl über vegane Quiche bis hin zur Linsenbolo und Sonnenblumen-Chili.
Der Aufwand ist überschaubar, man braucht schlicht einen fähigen Entremetier.
Fermentieren Sie auch gewisse Produkte?
Wir fermentieren Heidelbeeren, Brombeeren, Holunderblüten, Kimchi. Wobei wir mehr einlegen, als zu fermentieren. Gepickelt ist das Zauberwort.
Inwiefern spielt auch die Verwertung „From Leaf to Root“ eine Rolle?
Wir machen in unserem Hotel seit Anfang der 2000er-Jahre „nose to tail“ und bereits seit 2014 kommt auch das Prinzip „leaf to root“ in noch stärkerer Dimension zum Tragen.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Über Nina Meyer
Nina Meyer lernte an der Hotelfachschule Bludenz und arbeitete anschließend drei Jahre in der regionalen Hauben- und Sternegastronomie. Heute ist sie Küchenleiterin im Bio-Berghotel Ifenblick in Balderschwang.
Als Teilnehmerin der Fernsehkochshow The Taste belegte sie, im Team von Tim Raue, den dritten Platz.
Ihr erstes Kochbuch trägt den Titel „Zwischen Mett, Dim Sum und Kässpätzle“. Ihr zweites Kochbuch mit dem Titel „Zwischen Fritten, Mangold und Toast Hawaii“ beinhaltet vermehrt um Rezepte mit Gemüse.
Wie Nina Meyer zu Bio-Zutaten und zu The Tasta kam? Das lesen Sie hier.
Quelle: B&L MedienGesellschaft
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