Zeitdruck, über- oder unterfordernde Arbeitsbeanspruchung, ungelöste Konflikte und finanzielle Ängste – all das belastet viele Arbeitnehmer derzeit. Und dann kommt oben drauf die Corona-Pandemie, die die ganze Situation noch verschärft.
Kein Wunder also, dass 2021 ein neuer Höchststand an psychischen Erkrankungen erreicht wurde. Das zeigt die Analyse Psychreport der DAK-Gesundheit. Das Niveau lag mit 276 Fehltagen je 100 Versicherte um 41 Prozent über dem von vor zehn Jahren. Ein psychischer Krankschreibungsfall dauerte im vergangenen Jahr durchschnittlich 39,2 Tage. Wichtigster Krankschreibungsfall? Depression.
Arbeitnehmer im Gastgewerbe stark betroffen
Angestellte im Gastgewerbe sind besonders beeinträchtigt. Speziell in den systemrelevanten Betrieben, wie den gastronomischen Bereichen in Pflege- und Betreuungseinrichtungen, hat sich der Druck durch verschiedene Faktoren erhöht. Dazu zählen die Sorge um die Gesundheit von Klienten, Arbeitsverdichtung durch ausgefallene Kollegen, Aufrechterhaltung der Versorgung, Isolations- und Quarantäneszenarien.
Ilse Buchgraber von B&S coacht Erwachsene unter anderem in den Bereichen „Wertschätzende Kommunikation“ und „Resilienz stärken“ und weiß, wie Mitarbeiter in herausfordernden Situationen gezielt unterstützt werden. Die Isolations- und Quarantänemaßnahmen sahen laut ihrer Erfahrung zum Beispiel vor, dass Mitarbeiter in isolierten Notquartieren im Betrieb übernachteten, um die Verpflegung gewährleisten zu können. Gerade für Angestellte und Führungskräfte bedeutet das Hygienemanagement daher eine hohe Dosis an Stress.
Corona-Pandemie bringt zusätzliche Lasten
„Es gibt durch die Pandemie viele neue Belastungsfaktoren. Zum Beispiel, wenn sich jemand um Angehörige oder um sich selbst sorgt oder wenn jemand am Arbeitsplatz unter erschwerten Bedingungen tätig ist“, führt die Trainerin aus. Wenn zum privaten Stress dann noch eine Überlastung am Arbeitsplatz hinzukommt, leiden viele Arbeitnehmer psychisch.
„Der Teufelskreis schließt sich, wenn zu den steigenden Belastungen – aufgrund von Zeitdruck oder Personalmangel oder schlechter Organisation – keine Entlastung mehr möglich ist“, erläutert Ilse Buchgraber. Daher verdeutlicht sie: „Bei Belastungen ist es wichtig, auch die Entlastung zu kennen.“ Dies wirft entscheidende Fragen auf: Wie sehen hilfreiche Entlastungsmaßnahmen aus und wie bleiben Mitarbeiter psychisch gesund?
Psychisch gesund trotz Belastungen
„Im großen Bild der psychischen Gesundheit sind psychische Belastungen am Arbeitsplatz wichtige Mosaikstücke. Seit 2013 verlangt der Gesetzgeber im Arbeitsschutzgesetz, dass Unternehmen nicht nur Gefährdungsanalysen zu körperlichen Gefahren, sondern auch zu psychischen Belastungen durchführen. Das ist keinesfalls zu verwechseln mit Untersuchungen zur psychischen Gesundheit! Im Arbeitsschutz geht es um die Sorgfaltspflicht des Betriebes, gesundheitliche Belastungen möglichst zu reduzieren. Somit soll die Gesundheit der Mitarbeitenden gestärkt werden“, erläutert die Expertin.
Der Betrieb könne dabei zwar keine Garantie für die psychische Gesundheit der Mitarbeiter übernehmen, aber er müsse laut Ilse Buchgraber dafür sorgen, dass seelische Trübungen erfasst werden (etwa durch gezielte Mitarbeiterbefragung) und dass aus dieser Erfassung auch Maßnahmen resultieren und Ergebnisse nachgehalten werden.
Tipp: Wer mehr darüber erfahren möchte, gelangt durch Klick auf den Button zu einem Fragebogen, mit dem Ilse Buchgraber Betriebe im Gesundheitsmanagement unterstützt. Bei der Durchsicht des Bogens wird klar, dass gerade organisatorische Fragen und Führungsthemen für (Über-)Belastungssituationen mitverantwortlich sein können.
„Der Köder muss dem Fisch schmecken!“
Neben diesem Fragebogen gibt es allerdings noch weitere Dinge, die Arbeitgeber unternehmen können, um ihre Angestellten psychisch fit zu halten. Einige Beispiele dafür sind:
- monatlicher Massagegutschein beim Physiotherapeuten im Haus
- Einspringprämien für die Übernahme kurzfristiger Dienste
- regelmässige und gut strukturierte Abteilungsbesprechungen für mehr Transparenz
- betriebliche Sozialberatung („Telefonseelsorge“)
Dabei gilt es zu beachten, dass bei den Arbeitnehmern zuerst erfragt wird, welche Wünsche diese hegen. Denn Mitarbeiter seien nach Ansicht der Trainerin Spezialisten für ihren Arbeitsplatz und wüssten genau, wo Belastungen lägen. Ilse Buchgraber schildert ihre Erfahrungen: „Oft habe ich erlebt, dass Geschäftsführungen gutgemeinte – aber eben nicht vorher erfragte – Gesundheitsprojekte frustriert aufgeben, weil die Resonanz, z.B. auf Bewegungstage, Obstkörbe oder eine aktive Pause, gering war. Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler!“
„Auch wenn nicht alle Wünsche erfüllt werden können, so zeigt eine systematische Erfassung einen guten Überblick und erste Schritte werden sichtbar. Häufig gibt es auch Maßnahmen, die keinen finanziellen Aufwand, sondern nur eine andere Arbeitsorganisation benötigen. In vielen Gesprächen habe ich erfahren, dass Mitarbeitende sich freuen und wertgeschätzt fühlen, wenn Sie nach ihrer Meinung gefragt werden. Diese Freude hält natürlich nur an, wenn nach der Befragung auch Ergebnisse sichtbar werden. Ein weiterer wichtiger Tipp: Führen Sie nur dann eine Mitarbeiterbefragung durch, wenn Sie willens und in der Lage sind, aus den Ergebnissen auch Maßnahmen abzuleiten und umzusetzen“, mahnt die Beraterin.
Sie gibt noch zu bedenken: „Das Gute ist: wenn Sie in Gesundheit und Wertschätzung Ihrer Mitarbeitenden investieren, profitieren Sie auch von weniger Fehlzeiten, verbesserter Arbeits-Atmosphäre und Sie steigern somit Ihre Arbeitgeberattraktivität.“
Weiterführende Informationen zur psychischen Gesundheit
Weitere wertvolle Informationen und Experten-Tipps zur Aufrechterhaltung der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz gefällig?
Diese gibt es im Beitrag Mitarbeiter mental führen unserer Nachhaltigkeits-Sonderausgabe, aber auch unter:
– fehlzeiten-senken.de
– in der INQA Broschüre „Guter Gastgeber- guter Arbeitgeber“
– bei der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie
– oder bei Ilse Buchgraber von B&S.
Quelle: B&L MedienGesellschaft, B&S, DAK