Fleischersatzprodukte, beispielsweise aus Erbsenprotein, gewinnen an Bedeutung. Eine jüngst durchgeführte Humanstudie untersuchte nun deren Rohstoff – pflanzliche Proteinhydrolysate.
Die Untersuchung am Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München und dem ZIEL – Institute for Food & Health belegt, dass unterschiedliche Hydrolysate aus Erbsenprotein vielfältige Wege zur Sättigungsregulation bieten. Somit könnten derartige Hydrolysate auch in funktionellen Lebensmitteln eingesetzt werden, die gezielt zur Gewichtskontrolle beitragen können.
„Sowohl Bitterkeit als auch Hydrolysegrad spielten eine entscheidende Rolle. Somit liefert die Studie wertvolle Ansätze für die Entwicklung funktioneller Lebensmittel, die auf natürliche Weise zur Reduktion der Energieaufnahme beitragen können.“
Veronika Somoza, Studienleiterin
Knackpunkt bitterer Geschmack von Hydrolysaten
Die Nachfrage nach pflanzlichen Proteinquellen wächst, da ihre Herstellung deutlich weniger Energie, Wasser und Land erfordert als die tierischer Produkte. In der Lebensmittelproduktion gewinnen insbesondere Proteinhydrolysate an Bedeutung, weil sie sich vielseitig einsetzen und technologisch gut verarbeiten lassen.
Ein Nachteil solcher Hydrolysate ist jedoch ihr häufig bitterer Geschmack, der bei vielen Verbrauchern auf Ablehnung stößt. „Dieser ist auf bestimmte „Dieser ist auf bestimmte Peptide und freie Aminosäuren zurückzuführen“, sagt Katrin Gradl, Erstautorin der Studie.
Allerdings legen aktuelle Studien nahe, dass gerade diese bitteren Verbindungen das Sättigungsgefühl beeinflussen können, etwa
- indem sie die Magenentleerung verlangsamen
- oder die Ausschüttung von Sättigungshormonen fördern.
Ebenso weisen Untersuchungen darauf hin, dass
- weniger stark aufgespaltene Proteine vor allem über eine verzögerte Magenentleerung wirken,
- während stärker aufgespaltene Proteine den Magen schneller passieren und so eher eine hormonelle Sättigungsreaktion im Darm auslösen können.
Erbsenproteinhydrolysate und Hydrolysegrad
Die derzeit auf dem Markt erhältlichen Erbsenproteinhydrolysate sind
Teilhydrolysate (auch partielle Hydrolysate genannt), die durch chemische oder
enzymatische Spaltungsverfahren gewonnen werden. Bei Teilhydrolysaten ist der
Spaltungsprozess nicht vollständig abgeschlossen, sodass neben freien Aminosäuren
und kurzen Peptidketten auch größere Proteinreste verbleiben. Der Hydrolysegrad
gibt an, wie viele Peptidbindungen in einem Proteinhydrolysat im Verhältnis zu allen
Peptidbindungen des ursprünglichen Proteins gespalten wurden. Er gibt also an, wie
stark die langen Proteinketten bereits in kürzere Peptide und Aminosäuren zerlegt
wurden.
Methodik und Studiendesign
Um diese Hypothesen zu überprüfen, führte das Forschungsteam um Veronika Somoza, Arbeitsgruppenleiterin am Leibniz-Institut, eine Pilotstudie mit 19 übergewichtigen Männern (Body-Mass-Index 25–30 kg/m²) durch.
Im Fokus stand die Frage, wie sich der Hydrolysegrad sowie der Grad der Bitterkeit von zwei unterschiedlichen Erbsenproteinhydrolysaten auf die Sättigungsregulation auswirkt.
Zwei unterschiedliche Erbsenproteinhydrolysate wurden dabei analysiert:
- Ein stärker hydrolysiertes und weniger bitter schmeckendes Hydrolysat (H1) mit einem Hydrolysegrad von 35 Prozent
- sowie ein weniger stark gespaltenes, aber bittereres Hydrolysat (H2) mit 23 Prozent.
Die Probanden erhielten an verschiedenen Untersuchungstagen jeweils 15 Gramm des jeweiligen Hydrolysats zwei Stunden vor einem Testfrühstück, bei dem sie frei wählen konnten, wie viel sie essen wollten.
Neben der Messung der aufgenommenen Energiemenge wurden auch Parameter wie die Magenentleerung und Hormonkonzentrationen im Blut erfasst.
Besonders im Fokus standen hier hormonelle Marker wie Ghrelin, das den Hunger signalisiert, sowie DPP-4, das in den Regulationsprozess von Sättigungshormonen eingreift. Diese methodische Vorgehensweise ermöglicht einen differenzierten Einblick in die physiologischen Wirkungsmechanismen der unterschiedlichen Proteinfraktionen.
Erkenntnisse zur Sättigung
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass beide getesteten Hydrolysate das Sättigungsgefühl, jedoch auf unterschiedliche Weise, beeinflussen.
„Das Hydrolysat H2 machte schnell satt, sodass die Probanden weniger aßen. Das Hydrolysat H1 wirkte dagegen zeitverzögert und fördert vermutlich ein länger anhaltendes Sättigungsgefühl zwischen den Mahlzeiten“, erklärt Studienleiterin Veronika Somoza.
„Sowohl Bitterkeit als auch Hydrolysegrad spielten dabei eine entscheidende Rolle. Somit liefert die Studie wertvolle Ansätze für die Entwicklung funktioneller Lebensmittel, die auf natürliche Weise zur Reduktion der Energieaufnahme beitragen können“, resümiert sie.
Weitere Informationen zu den Hintergründen und Ergebnissen der Studie finden Sie unter:
www.leibniz-lsb.de
Ernährungswissenschaft von pflanzlichem Protein
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Quelle: Leibniz-LSB