Verleiten uns CO2-Angaben von Speisen tatsächlich zu einer nachhaltigeren Ernährung? Eine Studie gibt nun Aufschluss.
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Wie beeinflussen CO2-Angaben das Essverhalten?

Immer mehr Gäste wünschen sich ein nachhaltigeres Speisenangebot. Viele Betriebsrestaurants und Mensen reagierten darauf bereits mit der Auslobung des CO2-Fußabdrucks ihrer Speisen. Doch beeinflussen die CO2-Angaben wirklich das Essverhalten der Gäste? Eine aktuelle Studie bestätigt: Ja – entscheidend ist dabei aber, wie die Informationen dargestellt werden. Die Ergebnisse der Studie liefern konkrete Ansatzpunkte für gastronomische Betriebe, aber auch für die Politik, um nachhaltigeres Konsumverhalten zu unterstützen.

Feldexperiment in München

In der Mensa Leopoldstraße, einer der größten Mensen des Studentenwerks München, führten Forschende des TRR 266 Accounting for Transparency der Humboldt-Universität Berlin, der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Aalto Universität in Finnland ein 10-tägiges Feldexperiment durch. Im November 2022 wurden über 8.000 Mensabesuchern über die Menüdisplays nicht nur die üblichen Informationen, wie die Preise der Gerichte oder ihre Hauptzutaten, angezeigt, sondern auch, wie hoch der CO2-Fußabdruck des jeweiligen Gerichts ist. Die Darstellung der CO2-Angaben wurde während des Experiments einmal pro Tag geändert, um zu testen, welche Darstellungsweisen das Verbraucherverhalten am stärksten beeinflusst. Insgesamt 20.000 Mahlzeiten gingen in die Analyse ein.

Es gab vier CO2-Darstellungsformen:
(jeweils pro 100 Gramm der jeweiligen Speise)

  • In Gramm CO2-äquivalenter Emissionen
  • Als Umweltkosten in Euro
  • Als prozentualer Anteil am täglichen CO2-Budget für Lebensmittel
  • Die CO2-Angaben wurden teils in schwarz-weiß und teils mit den Signalfarben grün, gelb oder rot präsentiert.

Die vier Darstellungsformen in der Praxis:

Die Teilnehmenden wurden weder vorselektiert noch wussten sie während ihrer Teilnahme etwas von dem Experiment. Während des Experiments gab es zusätzlich Zeiträume ohne CO2-Angaben, um das „normale“ Konsumverhalten zu beobachten. Außerdem wurden die Ergebnisse des Experiments durch eine anonyme Umfrage unter anderem zur Zufriedenheit der Mensagäste und zu ihrem üblichen Konsumverhalten ergänzt.

CO2-Angaben beeinflussen Essverhalten

Die Studie bringt drei Haupterkenntnisse hervor:

  • Der ökologische Fußabdruck spielt in der Selbsteinschätzung der Teilnehmenden – neben den Kriterien wie Aussehen und Geschmack – nur eine untergeordnete Rolle.
Aussehen und Geschmack sind bei der Wahl der Gerichte in der Mensa für die Teilnehmenden laut Umfrage am ausschlaggebendsten. Der ökologische Fußabdruck spielt in dieser Selbsteinschätzung nur eine untergeordnete Rolle. (Quelle: TRR 266 Accounting for Transparency)
  • Dennoch reduziert eine Beschilderung der Emissionsdaten die Nachfrage nach CO2-intensiven Gerichten wie Fleisch und Fisch – und damit den gesamten CO2-Fußabdruck des gewählten Essens.
  • Dieser Effekt ist besonders ausgeprägt, wenn die CO2-Angaben in Ampelfarben visualisiert bzw. als „Umweltkosten“ präsentiert wurden.
Den größten Effekt hatte es letztlich, wenn die Besucher erfuhren, wie viel Euro an Umweltschäden ihr Mittagessen verursacht. Auf diese Weise wurden bis zu zehn Prozent weniger CO2 durch die Mahlzeiten verursacht als ohne die Information über die CO2-Emissionen. (Quelle: TRR 266 Accounting for Transparency)

Konkrete Ansatzpunkte für Maßnahmen

Die Erkenntnisse der Feldstudie können dabei helfen, CO2-Label zu entwickeln, die Verbraucher zu einem nachhaltigeren Konsum bewegen: „In unserer Studie zeigen wir, dass die Angabe von Emissionsdaten die Nachfrage nach CO2-intensiven Gerichten wie Fleisch und Fisch reduziert und damit den gesamten CO2-Fußabdruck des gewählten Essens verringert“, erläutert Prof. Dr. Joachim Gassen, Professor für Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Für das TRR 266-Forscherteam zeigt die Studie damit konkrete Ansatzpunkte für Politik und Unternehmen, nachhaltigeres Verhalten zu unterstützen: „Unser Experiment macht deutlich, dass Informationen zum CO2-Fußabdruck zu einer Verhaltensänderung bei Konsumenten führen können. Diese Erkenntnis kann Politik und Wirtschaft dabei helfen, geeignete Maßnahmen für eine nachhaltigere Zukunft zu ergreifen“, erklärt Prof. Dr. Thorsten Sellhorn, Professor für Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung an der LMU München. „Unternehmen könnten sich beispielsweise freiwillig dazu entscheiden, CO2-Angaben für Lebensmittel oder andere Produkte und Dienstleistungen auszuweisen.“

Wie der CO2-Fußabdruck berechnet wurde, warum das Experiment geheim bleiben musste, vor welche Herausforderung die Durchführung die Forschenden stellte sowie weitere Details zur Studie, erzählen die Beteiligten in Interviews.

Quelle: TRR Accounting for Transparency, LMU

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