Dass für Jackfruit, Erbsenprotein und Co. sehr wohl Platz in der Seniorenernährung ist, beweist Dominik Schad vom Münchenstift im Interview.
Quelle: Lotao

Vegetarisch-vegane Verpflegung

Bolognese mit Jackfruit-Hack und Cordon bleu mit Erbsen-Schnitzel im Seniorenheim – kann das funktionieren? Sehr wohl, wie Dominik Schad, stellvertretender Leiter Küchen und Einkauf bei Münchenstift, beweist.

Herr Schad, welche Verpflegungsphilosophie verfolgen Sie bei Münchenstift?

Wir haben insgesamt neun Küchen, in denen wir täglich 2.800 Mittagessen für unsere Bewohner und für Essen auf Rädern produzieren. Beim Erstellen der Speisepläne versuchen wir, immer auch die Wünsche der Bewohner zu berücksichtigen.

Bei der Auswahl der Lebensmittel legen wir großen Wert auf Nachhaltigkeit. Unser Bio-Anteil liegt bei etwa 30 Prozent und wir wollen uns demnächst Bio-zertifizieren lassen. Außerdem kaufen wir vieles regional ein und achten z. B. bei Fisch auf das MSC-Siegel.

Spielen vegetarische und vegane Angebote dabei eine Rolle?

Die Bewohner können täglich zwischen zwei Menüs wählen, eines davon ist vegetarisch. Bei Essen auf Rädern bieten wir drei Menüs mit zwei vegetarischen Optionen. Ein- bis zweimal die Woche ist das vegetarische Gericht eine Süßspeise.

Vegane Gerichte gibt es, wir deklarieren diese auf dem Speiseplan aber als vegetarisch. Das ist verständlicher und sorgt für mehr Akzeptanz der Gerichte. Generell wollen wir den Speiseplan so übersichtlich wie möglich halten, deswegen kennzeichnen wir die Gerichte nicht mit Symbolen oder einem „V“. Auch nach der Bio-Zertifizierung planen wir nicht, die Speisen mit einem Bio-Logo o. Ä. zu branden, der Vermerk „Bio“ ist unseres Erachtens ausreichend.

Kommen auch Ersatzprodukte zum Einsatz?

Es gibt verschiedene Gerichte, bei denen wir Ersatzprodukte auf Jackfruit- oder Erbsen-Basis verwenden, etwa für eine vegetarische Bolognese oder ein vegetarisches Cordon bleu. Gerade bei der Jackfruit, die wir von Lotao beziehen, ist mit der richtigen Würzung geschmacklich kein Unterschied zum Original zu erkennen. Die Erbse finde ich schmeckt man immer ein bisschen raus.

Was wir nicht verwenden, sind hochverarbeitete Sojaprodukte. Wir haben diese zwar getestet, aber sie wurden nicht gut angenommen und ich kann sie durch die Vorverarbeitung nicht so flexibel einsetzen. Das mag ich persönlich an der Jackfruit so gerne, die kann ich mit der richtigen Würzung und Zubereitung beliebig anpassen. Sie ist ähnlich wie Soja auch nicht gerade regional, dafür aber zumindest nicht stark verarbeitet.

Wie kommen Jackfruit & Co. bei den Senioren an?

Tatsächlich steht auf dem Speiseplan nur „vegetarische Bolognese“, die Jackfruit wird hier erstmal nicht erwähnt. Fragen die Bewohner aber nach, klären wir sie natürlich gerne auf. Allgemein kommen die vegetarischen oder veganen Varianten beliebter Speisen gut an. Das Boeuf Stroganoff oder Hühner-Frikassee auf pflanzlicher Basis werden vollkommen akzeptiert und gerne gewählt.

Die Senioren sind also keineswegs alle „Fleischesser“?

Nein, etwa 30 bis 35 Prozent unserer Bewohner oder Empfänger von Essen auf Rädern entscheiden sich für ein vegetarisches Gericht. Dazu zählen ja auch Süßspeisen wie Pfannkuchen oder verschiedene Strudel und Gerichte, die ohne Ersatzprodukte auskommen, wie Paprika mit Getreidefüllung. Für viele ist Fleisch aber nach wie vor das Highlight.

Ein Veggie Day, den wir einführen wollten, kam nicht so gut an. Das lag aber weniger an den angebotenen Gerichten, sondern vielmehr daran, dass die Senioren sich bevormundet fühlten.

Wird sich die Einstellung zu fleischlosen Gerichten Ihrer Einschätzung nach in Zukunft ändern?

Ich denke, der Wandel wird kommen, aber das dauert noch fünf bis zehn Jahre. Was wir beobachten ist, dass die Bewohner von ihren Angehörigen – die jüngere Generation ernährt sich ja oft flexitarisch – angestoßen werden, mal das vegetarische Gericht zu probieren. Oder auch, wenn andere Bewohner das vegetarische Gericht essen und sie sehen, denen schmeckt das, dann probieren sie das auch mal.

Die Bewohner sollen das bestellen, worauf sie Lust haben – dann sind sie glücklich, und glückliche Menschen leben am längsten. Außerdem ist das Essen für die meisten Bewohner ein Highlight, darauf freuen sie sich den ganzen Tag. Da ist unserer Meinung eine Bevormundung, was gegessen werden darf oder soll und was nicht, fehl am Platz. Stattdessen muss der Geschmack der vegetarischen Gerichte überzeugen, dann wählen die Senioren diese auch.

Ersatzprodukte sind oft teuer. Wie passen diese in Ihre Kalkulation?

Entscheidend ist eine gute Mischkalkulation. Viele Anwender reduzieren laut unseres Lieferanten Lotao den Anteil der Jackfruit z. B. in der Bolognese, um Kosten zu sparen, das machen wird nicht. Lieber setze ich mal eine Pasta ein, die mich nicht so viel kostet. Wir sparen nicht an guten Produkten, zum Nachteil des Geschmacks und damit zum Nachteil der Bewohner.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Steckbrief Dominik Schad

Name: Dominik Schad

Alter: 40 Jahre

Position: stellvertretende Leitung Küchen und Einkauf, Münchenstift (seit 2019)

Werdegang: Ausbildung im Krankenhaus Alt Perlach in München, danach verschiedene Stationen z. B. am Tegernsee und in Grünwald, bei der Münchenstift seit 2000, seit 2002 das erste Mal stellv. Küchenleitung, seit 2016 Küchenleitung

Produktionssystem: Cook & Chill

Essenszahl: 2.800/Tag für 9 Seniorenwohnheime, Essen auf Rädern sowie Kita- und Schulverpflegung

Mitarbeiterzahl: 85 Vollzeit

info

Warenkunde Jackfruit

Mehr über die Herkunft, Zubereitungsmöglichkeiten und Vorteile gegenüber anderen Fleischersatzprodukten erfahren Sie im Beitrag Alleskönner Jackfruit.

Quelle: B&L MedienGesellschaft

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