Fortbildungsdozenten kรถnnen ein Lied davon singen: In jedem Seminar findet sich zumindest ein missmutiger Teilnehmer, der โvom Chef geschicktโ wurde. Andererseits gibt es aber auch hochmotivierte Teilnehmer, deren frisch erlangtes Wissen am Arbeitsplatz gar nicht gefragt ist. Auch wenn vor allem in grรถรeren Verpflegungsbetrieben Weiterbildung zunehmend vorbildlich und systematisch betrieben wird โ die Methode โFortbildung nach dem โGieรkannenprinzipโ ist lรคngst noch nicht tot. Doch wenn es am System fehlt, kann Weiterbildung nur schwer ihren eigentlichen Zweck erfรผllen: Leistungspotenziale bei Mitarbeitenden besser ausschรถpfen, Qualitรคt steigern, Fehler minimieren, Kosten senken, aber auch die Mitarbeiter motivieren, ans Unternehmen binden und โup to dateโ halten. Nur mit regelmรครiger Weiterbildung des wertvollsten Kapitals eines Betriebs โ des Personals โ bleibt ein Unternehmen auf aktuellem Stand und damit zukunftsfรคhig.
Mit Jan Steffen, Dozent der Deutschen Hotelakademie (DHA) und Geschรคftsfรผhrer der Agentur Eto Personalmarketing in Bremen, haben wir, die Redaktion GVMANAGER, die wesentlichen Bausteine eines systematischen Weiterbildungskonzepts zusammengetragen.
Schritt 1 โ Wie sind wir aufgestellt?
โMitarbeitende sollten von Anfang an eingebunden werdenโ, betont Jan Steffen. โWer mitgestalten darf, gewinnt Verstรคndnis fรผr notwendige Verรคnderungen und tritt eine Fortbildung weit motivierter an.โ Zu Beginn sollte der Verpflegungsbetrieb auf den Prรผfstand und nach Schwachstellen abgeklopft werden. Wo haken die Prozesse? Wo gibt es Qualitรคts- und Wirtschaftlichkeitsprobleme? Wie steht es um die Gรคstezufriedenheit? Gibt es Frust und รrger im Team? Welche Stรคrken und Schwรคchen haben die einzelnen Mitarbeitenden? Welche Entwicklungswรผnsche haben sie fรผr sich?
Oft geht es auch um Verรคnderungen, die in den kommenden Jahren anstehen, wie neue Vorschriften und Gesetze oder neue Unternehmensziele. Ein offenes Gesprรคchsklima zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden sowie eine gute Feedbackkultur sorgen dafรผr, dass die Ergebnisse ehrlich und damit verwertbar sind. Auf Grundlage dieser Ergebnisse findet man heraus, welche zusรคtzlichen Kompetenzen gefragt sind, um die neuen Anforderungen zu erfรผllen bzw. die ermittelten Schwachstellen zu beseitigen. Die relevanten Fortbildungsthemen sind damit bestimmt.
Schritt 2 โ Wer und was?
Nun gilt es herauszufinden, welche Mitarbeiter das benรถtigte Know-how erwerben kรถnnen, kurz: Mitarbeitende und Fortbildungen mรผssen passgenau zusammengebracht werden. โDie Schere, was Mitarbeiter wรผnschen und Vorgesetzte fรผr zweckdienlich halten, klafft bisweilen auseinanderโ, weiร der HR-Profi. โDeshalb mรผssen Mitarbeitende vom Sinn und Zweck der Fortbildung รผberzeugt werden und auch eigene Wรผnsche in die Zielvereinbarung einbringen dรผrfen.โ Leicht zugรคngliche, bedarfsgerechte und attraktive Weiterbildungsangebote auf z. B. Online-Plattformen fรถrdern Nachfrage und Bereitschaft und dienen der transparenten Information.
Ideal ist es, wenn die Fortbildung mit klaren Perspektiven fรผr den Mitarbeitenden verknรผpft ist, z. B. die Aussicht auf eine hรถhere Position mit mehr Verantwortung und Verdienst. โDer Mehrwert einer Weiterbildung muss fรผr den Mitarbeitenden erkennbar seinโ, betont Jan Steffen. โNur, wenn am Ende ein positiver Effekt fรผr beide Seiten gewonnen ist, macht Weiterbildung Sinn.โ
Schritt 3 โ Welcher Anbieter?
Den riesigen Weiterbildungsmarkt teilen sich รถffentlich gefรถrderte Anbieter, IHKs und Berufsverbรคnde sowie unzรคhlige privat gefรผhrte Weiterbildungsunternehmen und Coaches. โIn der Vielzahl der Coaching-Offerten und ยญSeminaren fรคllt es oft nicht leicht, die Spreu vom Weizen zu trennen und geeignete Bildungspartner herauszufilternโ, weiร Jan Steffen. โDie Einordnung fรคllt schwer: Muss ein Trainer 6.000 Euro am Tag kosten? Oder tutโs auch einer fรผr 2.000 Euro? Was ist hot? Was ist Schrott?โ Zuvor Bewertungen oder Empfehlungen zu prรผfen, gibt Orientierung.
Oberste Regel: Die Fortbildung muss bedarfsgerecht sein. Die Inhalte mรผssen passen, aber auch die Termine, Preise, die Dauer und der Ort der Maรnahme. Kompaktseminare vermitteln Wissen besonders intensiv, dafรผr kรถnnen Intervallveranstaltungen oft parallel zum Job besucht werden. E-Learning-Angebote und Fernlehrgรคnge bieten den Vorteil der freien Zeiteinteilung und werden auch hรคufig im Mix mit Prรคsenzveranstaltungen angeboten. โIch rate dazu, bei der Entwicklung eines Weiterbildungskonzepts zumindest in Teilen Profis hinzuziehenโ, sagt Jan Steffen. โBildungstrรคger wie die Deutsche Hotelakademie beraten ebenfalls รผber die passenden Fortbildungen und schnรผren individuelle Weiterbildungspakete.โ Darรผber hinaus unterhalten viele Bundeslรคnder landesweite Weiterbildungsbildungsdatenbanken im Internet, in denen gezielt passende Seminare gesucht und gewรคhlt werden kรถnnen.
Schritt 4 โ Was hat es gebracht?
Nachdem die Weiterbildung stattgefunden hat, ist zu prรผfen: Hat die Maรnahme den gewรผnschten Input fรผr den Teilnehmenden gebracht? Die zuvor getroffene Zielvereinbarung zwischen Mitarbeitenden und Fรผhrungskraft dient als Richtschnur. Ehrliches Feedback ist wichtig. Durch die Rรผckmeldungen, die in Feedback-Formularen oder online gesammelt werden, erhรคlt das Unternehmen wertvolle Infos (Kritik, Anregungen, Verbesserungsvorschlรคge) auch fรผr kรผnftige Weiterbildungsaktivitรคten.
War das Seminar erfolgreich, dann sollte das erworbene Wissen mรถglichst zeitnah auch im Betrieb angewendet bzw. in die Arbeitsprozesse integriert werden. Die betrieblichen Voraussetzungen mรผssen zuvor geschaffen, der Weg fรผr die geplante Verรคnderungen sollte bereits geebnet sein.
Schritt 5 โ Gibt es einen Praxisnutzen?
Zu einem systematischen Weiterbildungskonzept gehรถrt auch die Erfolgsmessung. Sind die vereinbarten Ziele erreicht worden? Werden die erworbenen Skills in der Kรผchenpraxis tatsรคchlich angewendet? Oder ist die anfรคngliche Motivation, es besser zu machen, in der Alltagsroutine verpufft? Hat der Koch, der nun Kรผchenleiter ist, tatsรคchlich nun alle benรถtigten Fรคhigkeiten, um seinen Job richtig gut zu machen? Die Ergebnisse entscheiden darรผber, ob ergรคnzende Maรnahmen nรถtig sind oder nicht.
โAlle Schritte des systematischen Weiterbildungskonzepts sollten dokumentiert werden, um sich jederzeit eine รbersicht verschaffen und mit den Daten und Fakten weiterarbeiten zu kรถnnenโ, rรคt Jan Steffen. Auf dem Markt gibt es intelligente Software, um das Fortbildungsmanagement digital zu steuern und zu verwalten, auch kombinierbar mit Personalmanagement-IT-Lรถsungen. Sind die Anfรคnge erst einmal gemacht, stellt sich bei der Pflege des digitalen Programms schnell Routine ein. Dennoch empfiehlt der Experte, mit kleinen Schritten bzw. wenigen Fortbildungen zu beginnen, um sich nicht zu verzetteln.
Quelle: Cornelia Liederbach fรผr B&L MedienGesellschaft
Neue Serie: Weiterbildungs-Navi
Verpflegungsbetriebe stehen immer wieder vor neuen Herausforderungen. Wie flexibel und anpassungsfรคhig der Verpflegungsbetrieb auf diese reagieren kann, ist von den Mitarbeitenden abhรคngig. Regelmรครige Weiterbildung bildet den Grundstein, um das eigene Team kompetent, motiviert und agil zu halten. Doch wie kann eine erfolgreiche Weiterbildungsstrategie aussehen?
Mit unserem neuen โWeiterbildungs-Naviโ will Sie die Redaktion GVMANAGER durch das Dickicht der Weiterbildungs-Chancen und -Hรผrden fรผhren. Sie erfahren u. a., wie Weiterbildung zum Profilierungs- und Bindungs-Tool wird, welchen Nutzen Digitalisierung bringt oder wie man aus dem Gros der Coaching-Angebote die besten Weiterbildungspartner wรคhlt. Seien Sie gespannt!