Der Dehoga-Bundesverband fordert von der Ampelregierung, dass Kita- und Schulverpflegung gesund und finanzierbar bleiben. Im Gespräch dazu mit Ralf Blauert, 1. Vorsitzender des VDSKC.
Wie es scheint ist Ernährung in Kita und Schule ein immerwährendes Thema in den Bundesländern, an den Schulen und in den Medien. Hat sich seit den Sommerferien die Lage entspannt, oder nehmen die Turbulenzen zu?
Der Dehoga-Bundesverband fordert von der Ampelregierung, dass das Essen in der Kita und Schule gesund und finanzierbar bleibt, denn in der Schule werde der Grundstein gelegt für das spätere Essverhalten. Eine Steuererhöhung auf 19 Prozent stehe im krassen Widerspruch zu den Zielen der Ernährungsstrategie der Bundesregierung. Schulen und Kitas, Eltern und Kinder wie auch die Kita- und Schulverpfleger benötigen dringend Planungssicherheit für 2024. Was sagen Kita- und Schulcaterer dazu? Im Gespräch mit Ralf Blauert, 1. Vorsitzender des Verbands Deutsche Schul- und Kitacaterer e.V. (VDSKC), der mittlerweile 40 Mitglieder zählt.
Herr Blauert, die Sommerferien sind vorbei und der Schulalltag fordert auch die Caterer. Wie ist die Branche ins neue Schuljahr gestartet?
Grundsätzlich starten wir immer motiviert in ein neues Schuljahr. Themen wie die Inflation und die hohen Preise für Lebensmittel und Energie beschäftigen uns aber weiter. Außerdem sind viele Caterer angesichts der anstehenden Mehrwertsteuererhöhung besorgt. Positiv ist, dass einige Städte und Kommunen Unterstützungsangebote auf den Weg gebracht haben, die Eltern entlasten und Caterern Planungssicherheit geben. Leider ist das noch die Ausnahme.
Nach wie vor sind aufgrund der aktuellen Lage vielerorts Preiserhöhungen für die täglichen Schulmahlzeiten geplant. Erhöhte Essensgebühren sorgen derzeit für Gesprächsstoff; in Chemnitz und aus Rostock kam die Meldung, dass man zukünftig von einem Preis von 8,50 Euro ausgeht. Wer soll das noch bezahlen? Werden wir ein Sterben der kleinen Unternehmen in Ihrer Branche erleben?
Eine Abschwächung der Inflation ist über die Sommerferien leider nicht eingetreten. Für viele Cateringunternehmen ist die Lage daher weiter angespannt. Natürlich können die Portionspreise nicht unendlich weiter steigen, denn Preise von acht Euro oder mehr sind niemandem zumutbar.
Wenn es wirtschaftlich nicht mehr rentabel ist, Gemeinschaftsverpflegung als Geschäftsmodell zu betreiben, werden sich nicht nur kleine, sondern auch größere Unternehmen aus der Branche zurückziehen. Diese Entwicklung ist aber nicht unausweichlich. Hier sind politische Lösungen gefragt. Zukunftsfähige Konzepte, wie Familien entlastet und Bildungsgerechtigkeit hergestellt werden kann, sind in anderen europäischen Ländern längst Realität – etwa das kostenlose Mittagessen für alle Kita- und Schulkinder. Als Verband setzen wir uns schon lange für die Einführung in Deutschland ein.
Sie haben jüngst formuliert, das Schulessen nicht zum Luxusgut werden darf. Ab 1. Januar 2024 sollen wieder 19 Prozent Mehrwertsetuer anfallen, dazu sind bisher noch keine konkreten Entscheidungen gefallen, aber was würde das für die Schul- und Kitacaterer bedeuten?
Die Unternehmen können die Steigerung um zwölf Prozentpunkte unmöglich aus eigener Kasse leisten, d. h. die Kosten müssten an die Eltern und Kinder weitergegeben werden. Wir tun derzeit alles dafür, dass es nicht soweit kommt. Die Entscheidung liegt allerdings bei der Bundesregierung.
Wir können nicht nachvollziehen, warum Schulverpflegung – eine Grundversorgung von Kindern – überhaupt besteuert werden muss, insbesondere, da Mensen an Universitäten steuerbefreit sind.
Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut oder ist davon bedroht. Gibt es eine Maßnahme, die insbesondere den ärmeren Kindern in unserem Land schnell hilft?
Wenn sichergestellt wäre, dass Kita- und Schulkinder in Deutschland täglich eine gesunde, warme Mahlzeit kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen würden, wäre ein riesiger Schritt Richtung Bildungsgerechtigkeit und Gesundheitsförderung getan. Dass dieses Thema bei der Diskussion um Armut und Kindergrundsicherung überhaupt keine Berücksichtigung fand, ist für uns unerklärlich. Es wäre eine einfache, unbürokratische Hilfe, die zielgerichtet bei den Kindern ankommen würde.
Es gibt mittlerweile Studien, die belegen, dass eine qualitativ hochwertige, kostenfreie Gemeinschaftsverpflegung in Kitas und Schulen die Gesundheit und Leistungsfähigkeit dauerhaft und bis ins Erwachsenenalter verbessert. Diese Gelegenheit nicht zu nutzen, bedeutet eine Gesellschaft aktiv am Ausschöpfen ihres Potenzials zu hindern.
Wie sehen Sie die zukünftige Arbeit des Verbandes der deutschen Schul- und Kitacaterer? Welche Schwerpunkte setzen Sie für das nächste Jahr, wenn die Grundschulkinder einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz und auf eine adäquate Mittagsversorgung haben?
Der VDSKC ist in den vergangenen zwei Jahren stark gewachsen. Wir haben viele tolle Cateringunternehmen aus dem ganzen Bundesgebiet als Mitglieder gewonnen und rechnen mit weiterem Zulauf. Daher geht es jetzt vor allem darum, Strukturen zu etablieren, die allen Beteiligten gerecht werden.
Wir leben von der aktiven Mitarbeit und Expertise unserer Mitglieder. Um deren Themen und Herausforderungen bestmöglich zu adressieren, legen wir den Fokus auf den Ausbau der Landesverbände und Fachressorts. Außerdem wollen wir uns noch stärker als kompetenter und zuverlässiger Ansprechpartner für die Politik in Ernährungs- und Verpflegungsfragen profilieren.
VDSKC-Mitglieder produzieren täglich mehr als 500.000 Mahlzeiten für die Gemeinschaftsverpflegung, 4.000 Mitarbeiter sind deutschlandweit bei unseren Mitgliedsunternehmen tätig. Wir haben also mittlerweile genug Gewicht, um auch bei den Entscheidungsträgern Gehör zu finden. Diese Möglichkeit wollen wir nutzen, sodass die Mittagsverpflegung flächendeckend qualitativ hochwertig und für jedes Kind zugänglich wird.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Quelle: B&L MedienGesellschaft