Vor allem ältere, erfahrene Mitarbeiter hinterlassen beim Ausscheiden aus dem Berufsleben oft schwer zu schließende Lücken. Warum also nicht auf die Beschäftigung von Rentnern setzen? Arbeitnehmer, die weiterhin eine Aufgabe oder regelmäßigen sozialen Kontakt wünschen, sind sicher nicht abgeneigt; andere wollen, ja müssen die knappe Rente aufbessern. Arbeitgeber, die daran interessiert sind, sollten frühzeitig die Möglichkeit ansprechen – aber auch Hintergrundwissen dazu mitbringen. Wie sich das Modell auf die (spätere) Rentenhöhe, Steuern und Sozialversicherung auswirkt, darüber klärt Thomas Schneider nachfolgend auf.
Beschäftigung von Rentnern: arbeitsrechtliche Regelungen
Ein Arbeitsvertrag endet nicht automatisch mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze. Zwar ist dies in den meisten Arbeits- und auch Tarifverträgen so geregelt, das Arbeitsende kann allerdings aufgeschoben werden (§ 41 SGB VI). Für die Beschäftigung von Rentnern gelten die gleichen arbeitsrechtlichen Regelungen, z. B. für die Arbeitszeit oder den Urlaubsanspruch. Eine Befristung ist sachgrundlos nicht möglich, sofern nicht bereits ein entsprechendes Arbeitsverhältnis bestand. Bei Neueinstellungen ist, wie allgemein üblich, eine sachgrundlose Befristung für maximal zwei Jahre möglich.
Schlicht weiterarbeiten
Jeder Mensch darf so lange arbeiten wie er möchte – über die Regelarbeitsgrenze hinaus. Auch ein Arbeitsvertrag kann unverändert weiterlaufen, sowohl Lohnhöhe als auch Sozialversicherungsbeiträge gleichbleiben. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung entfällt beim Erreichen der Regelaltersgrenze für den Arbeitnehmer (AN). Ebenso kann ein neuer Vertrag abgeschlossen werden, der andere Aufgaben, Arbeitszeiten und Entlohnungen vorsieht.
Für jeden Monat zusätzliche Arbeit erwerben AN eine um 0,5 Prozent höhere Rente, wenn die Lohnhöhe unverändert bleibt und auf den Rentenbezug während der (weiteren) Berufstätigkeit verzichtet wird. Aus einem Jahr weiterer Arbeit ergibt sich eine dauerhafte Rentensteigerung von 6 Prozent, die über die gesamte Bezugsdauer Bestand hat. Bei einer Durchschnittsrente von 19.000 Euro sind dies 1.140 Euro. Optionale weitere Einzahlungen führen bei einem Durchschnittseinkommen zu einem zusätzlichen Rentenpunkt, die spätere Rentensteigerung beträgt 37,60 Euro monatlich. Damit nimmt die jährliche Rente insgesamt um ca. 130 Euro monatlich zu, wenn der Renteneintritt um ein Jahr über die Regelarbeitsgrenze hinaus verschoben wird. Ebenso sind individuelle Vereinbarungen möglich, je nach Arbeitseinkommen kann eine Teilrente beantragt werden, wobei der Teil auf den zeitlich befristet verzichtet wird, ebenfalls zur Erhöhung bei später vollständigem Bezug beiträgt.
Sozialversicherung
Die Sozialversicherungsbeiträge sind weitgehend unverändert zu entrichten, auch wenn keine zusätzlichen Ansprüche erworben werden, wie beim Arbeitslosengeld oder bereits Beiträge aus der Rente geleistet würden, wie bei der Kranken- und Pflegeversicherung.
Die (voraussichtlichen) Sätze für 2023:
- 14,6 Prozent für die gesetzliche Krankenversicherung werden von Arbeitgeber (AG) und -nehmer voll bezahlt,
- ebenso der Zusatzbeitragssatz, der durchschnittlich 1,6 Prozent beträgt.
- Gleiches gilt für die 3,05 Prozent für die gesetzliche Pflegeversicherung (ohne Kinderlosenzuschlag von 0,35 Prozent).
- 18,6 Prozent für die gesetzliche Rentenversicherung. Diese werden von AG und AN voll entrichtet, wirken sich allerdings rentensteigend aus.
- 2,6 Prozent für die Arbeitslosenversicherung. Der AG muss seinen Anteil bezahlen. Der Rentner zahlt nicht, erwirbt auch keine Ansprüche.
- Die Beitragsbemessungsgrenzen bleiben bestehen, für die gesetzliche Krankenversicherung 2023 monatlich 4.987,50 Euro, bei der Rentenversicherung in den alten Bundesländern 7.300 Euro. Wobei diese Beträge selten erreicht werden.
Versteuerung
Die Einkommensbesteuerung greift, wenn der steuerliche Grundfreibetrag von 10.908 Euro 2023 überschritten wird. Die Rente wird teilweise einbezogen. Der steuerpflichtige Anteil allerdings erhöht sich sukzessive bis 2040 auf 100 Prozent, in 2023 liegt er bei 83 Prozent. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Renteneintritts. Der dann ermittelte Rentenfreibetrag bleibt im weiteren Verlauf unverändert.
Ein „Eckrentner“, der 45 Jahre durchschnittliche Beiträge geleistet hat, bezog 2022 jährlich 19.450 Euro. Bei einem Renteneintritt 2023 sind davon 83 Prozent steuerpflichtig, somit 16.144 Euro. Der Rentenfreibetrag entspricht dem steuerlichen Grundfreibetrag. Erhöht sich die Rente im Jahr 2023 z. B. auf 20.000 Euro, ist die volle Rentensteigerung steuerpflichtig.
Zu beachten ist, dass die Rentenzahlung um die (anteilig) zu zahlenden Beiträge zur Sozialversicherung (Kranken- und Pflegeversicherung) sowie etwaige weitere Freibeträge (z. B. einen möglichen Behindertenpauschbetrag) sowie ggf. Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen zu kürzen ist. Bei den gesetzlichen Krankenversicherungsbeiträgen inklusive des individuellen Zusatzbeitrages übernimmt die Deutsche Rentenversicherung den hälftigen Anteil. Den Pflegeversicherungsbeitrag zahlt der Ruheständler allein (im Unterschied zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer), dieser mindert die steuerliche Bemessungsgrundlage.
Wird unverändert weitergearbeitet, erhöht sich die relative Steuerlast aufgrund des progressiven Steuertarifs, falls parallel eine Rente bezogen wird. Eine genaue Angabe ist an dieser Stelle nicht möglich. Da der AG die Einkommensteuer nur auf Basis des Verdienstes ermittelt und an das Finanzamt weiterleitet, sollte sich ein Betroffener über die zu erwartende Gesamtbelastung informieren und sich vor allem im ersten Jahr auf zu erwartende Nachzahlungen vorbereiten. In Absprache mit dem Finanzamt können unterjährige Abschläge entrichtet werden, die mit der späteren, endgültigen Versteuerung verrechnet werden.
Aktiv im Ruhestand mit Mini-Jobs
Eine andere Möglichkeit des Hinzuverdienstes ist die geringfügige Beschäftigung (Mini-Job). Wenn das Arbeitsentgelt regelmäßig nicht mehr als 520 Euro im Monat beträgt, fallen darauf i.d.R. keine Steuer sowie keine Sozialversicherungsabgaben für den AN selbst an. Der AG übernimmt die Steuerzahlung in Form einer 2-prozentigen pauschalen Lohnsteuer. Die Sozialversicherungsbeiträge werden pauschal durch den Arbeitgeber übernommen und betragen ca. 29 Prozent. Da Rentner, bis auf die Arbeitslosenversicherung, volle Beiträge entrichten müssen, ist ein Mini-Job meistens vorteilhaft. Die 520-Euro-Grenze ist nicht streng monatlich auszulegen, allerdings dürfen keine erheblichen Schwankungen vorliegen bzw. im Durchschnitt dürfen 520 Euro nicht überschritten werden. Das Gesamteinkommen darf somit im Jahr die 6.240-Euro-Grenze nicht überschreiten. Betroffene können einen eigenen Beitrag zur Rentenversicherung i.H.v. 3,6 Prozent zahlen, welcher den zukünftigen Rentenanspruch erhöht.
Vor Erreichen der Regelaltersgrenze besteht Versicherungspflicht in der Rentenversicherung, von der sich ein hinzuverdienender Ruheständler befreien lassen kann. Bei Zahlung des Rentenbeitrags würden z. B. von den 520 Euro monatlich nur 501,28 Euro ausbezahlt und der Rentenanspruch erhöht sich. Aktuell steigt die monatliche Rente nach einem Jahr Mini-Job etwa um 5 Euro. Auf die Versicherungspflicht kann verzichtet werden, sodass nur der pauschale Arbeitgeberanteil zu entrichten ist. Diese Befreiung ist bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses bindend.
Unser Experte
Der 57-jährige Thomas Schneider (Dipl.-Kaufmann) ist bei der Metro Logistik GmbH in Düsseldorf für die Compliance verantwortlich. „Berufliche Perspektiven im Rentenalter“ sind sein fachliches Steckenpferd, wovon auch ein gleichnamiges 218-seitiges Buch zeugt, das im NWB-Verlag erschienen und dessen Mit-Autor er ist.
Quelle: Thomas Schneider