Das Grüne Netzwerk von Transgourmet: ein praxisnahes Bündnis für klimafreundliche Wertschöpfung in der Außer-Haus-Verpflegung. Christoph Luckhardt, Head of Sustainability bei der Compass Group Deutschland, berichtet über die Zusammenarbeit.
Herr Luckhardt, was war für Sie und die Compass Group der ausschlaggebende Grund, Teil des Grünen Netzwerks zu werden?
Als Marktführer im Bereich der Gemeinschaftsgastronomie sehen wir uns in der Verantwortung, aktiv zur nachhaltigen Transformation unserer Branche beizutragen. Das Grüne Netzwerk der Transgourmet bietet eine strukturierte, praxisnahe Plattform, um gemeinsam mit starken Partnern konkrete Lösungen für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu entwickeln und umzusetzen. Entscheidend war für uns der kollaborative Ansatz: Nicht jeder für sich, sondern gemeinsam mit Lieferanten, Partnern und Mitbewerbern – das ist für uns der richtige Weg in eine zukunftsfähige Branche. Nachhaltigkeit bedeutet für uns weit mehr als die Reduzierung von Emissionen. Wir verarbeiten täglich große Mengen an Lebensmitteln zu schmackhaften Mahlzeiten – und die Produktion dieser Lebensmittel beeinflusst die Umwelt auf vielfältige Weise: durch hohen Wasserverbrauch, intensive Landnutzung und den Verlust an Biodiversität. Um hier wirksam Einfluss nehmen zu können, braucht es Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Deshalb setzen wir auf enge Kooperation mit allen relevanten Akteuren – für eine verantwortungsvolle und zukunftsorientierte Lebensmittelwirtschaft.
Welche Bedeutung hat Klimaschutz für die Compass Group?
Klimaschutz hat für unser Unternehmen einen sehr hohen Stellenwert und ist ein zentrales Element unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Die Compass Group verkauft weltweit mehrere Milliarden Mahlzeiten pro Jahr – täglich erreichen somit mehrere Millionen Essen unsere Gäste. Die Auswirkungen des Klimawandels, wie steigende Temperaturen und zunehmende Extremwetterereignisse, haben bereits heute spürbare Auswirkungen auf unser Geschäft. Der Lebensmittelsektor ist dabei ein wesentlicher Faktor: Je nach Berechnungsgrundlage ist er für bis zu 30 % der menschengemachten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Als einer der größten Akteure der Branche sehen wir es als unsere Verantwortung und Pflicht, im Kampf gegen den Klimawandel voranzugehen. Wir möchten eine aktive Vorbildfunktion übernehmen und gemeinsam mit unseren Partnern, Mitarbeitenden und Gästen eine nachhaltigere Zukunft gestalten.
Welche wissenschaftsbasierten Klimaziele verfolgen Sie bereits?
Bereits im Oktober 2021 hat unser Mutterkonzern Compass Group PLC offiziell verkündet, als erstes global agierendes Unternehmen in der Contract‑Catering‑Branche eine Verpflichtung zu Net‑Zero‑Emissionen über die gesamte Wertschöpfungskette bis 2050 einzugehen. Wir haben uns verpflichtet, bis 2030 in unserem operativen Geschäft CO2-Neutralität zu erreichen, unsere Scope-1- und Scope-2-Emissionen um 46 % sowie die absoluten Scope-3-Emissionen aus gekauften Lebensmitteln und Getränken um 28 % zu reduzieren. Diese Ziele sind bereits von der SBTi validiert und gelten als Branchen‑Benchmark und erste verpflichtende Klima-Roadmap im globalen Lebensmittelservice.
Wie integrieren Sie Klimaschutz in Ihre tägliche Betriebsführung bzw. Menüplanung?
Nachhaltigkeit und Klimaschutz verstehen wir als einen ganzheitlichen Kreislauf, der bereits beim Einkauf der Lebensmittel und der Menügestaltung beginnt. Wo immer möglich, setzen wir auf saisonale und regionale Zutaten. Dabei tragen wir auch Verantwortung gegenüber unseren Kunden und Gästen – diese nehmen wir sehr ernst. Deshalb müssen Lieferanten und deren Produkte bei uns genaustens überprüft werden, um höchste Produktqualität und Produktsicherheit zu gewährleisten. Darüber hinaus achten wir streng auf die Einhaltung von Compliance-Vorgaben: Entlang der gesamten Wertschöpfungskette müssen Menschenrechte sowie umweltbezogene Standards eingehalten werden.
Im Bereich Kulinarik setzen wir vermehrt auf klimafreundlichen Menülinien, die unter anderem mehr pflanzliche Komponenten sowie saisonale und regionale Zutaten enthalten Mithilfe der CO₂-Kennzeichnung unserer Gerichte durch Eaternity ermöglichen wir unseren Gästen eine bewusste Menüwahl – als zusätzliche Entscheidungsdimension neben dem Preis, mit dem positiven Effekt, die eigene CO₂-Bilanz im Alltag zu verbessern und aktiv zum Umweltschutz beizutragen. Eaternity bietet zudem die Möglichkeit, die CO₂-Bilanz eines lizenzierten Restaurants mit Branchenbenchmarks zu vergleichen – sowohl monatlich als auch jährlich. Dies schafft Transparenz und unterstützt uns dabei, unsere Klimaziele kontinuierlich zu verfolgen.
Ein weiterer Schritt im Kreislauf ist der verantwortungsvolle Umgang mit Verpackungen. Bereits vor der gesetzlichen Verpflichtung haben wir auf nachhaltige Mehrwegverpackungen gesetzt. Mit Vytal und Rebowl bieten wir unseren Gästen zwei flexible Systeme – je nach Standort mit oder ohne App oder Pfand – und tragen so aktiv zur Reduzierung von Verpackungsabfällen, Emissionen und Ressourcenverbrauch bei.
Um Überproduktion zu vermeiden, bieten wir nicht verkaufte Speisen über die App „Too Good To Go“ zu einem reduzierten Preis an – unsere Gäste können dabei zwischen vegetarischen und klassischen Gerichten wählen und so aktiv zur Reduzierung von Abfall, Energie- und Ressourcenverschwendung beitragen. Ergänzend erfassen wir unvermeidbare Lebensmittelabfälle mit unserem hauseigenen Trackingtool „Waste Not 2.0“. Dieses liefert über ein benutzerfreundliches Dashboard detaillierte Auswertungen und ermöglicht gezielte Maßnahmen zur nachhaltigen Abfallvermeidung. Auch für nicht mehr verwertbare Reste haben wir eine Lösung: In Kooperation mit ReFood werden sie nachhaltig verwertet – zu Biomasse, Dünger oder Biodiesel-Grundstoffen – und so wieder Teil eines geschlossenen Kreislaufs.
„Der Wandel gelingt nur, wenn Caterer, Lieferanten, Kunden und Gäste an einem Strang ziehen.“
Christoph Luckhardt, Head of Sustainability bei der Compass Group Deutschland
Nachhaltigkeit lebt vom Engagement aller. Im Rahmen unseres jährlichen Pflichttrainings „Umweltschutz bei Compass“ sensibilisieren und qualifizieren wir alle Mitarbeitenden umfassend zu Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen – von gesetzlich vorgeschriebenem Umweltschutz über Abfallmanagement, Energie- und Ressourcenschonung bis hin zu klimafreundlicher Beschaffung und Speisenzubereitung. Ergänzend stellen wir praxisnahe Leitfäden, Schulungen und betriebsbezogene Anleitungen bereit, um das Umweltbewusstsein im Arbeitsalltag gezielt zu fördern und nachhaltiges Handeln systematisch zu verankern.
Welche konkreten Maßnahmen haben Sie gemeinsam mit dem Grünen Netzwerk bereits umgesetzt, gab es dabei besondere Herausforderungen oder „Aha-Momente“? Welche nächsten Schritte planen Sie für das Grüne Netzwerk?
Das Grüne Netzwerk der Transgourmet wurde ja erst kürzlich ins Leben gerufen, es fand bisher erst ein Treffen statt. Dabei wurden bereits erste potenzielle Maßnahmen vorgestellt. Besonders hervorzuheben ist ein vorgestellter Partner mit großem Potenzial: die Klim GmbH. Als Agritech-Startup mit Fokus auf regenerative Landwirtschaft unterstützt Klim Landwirte dabei, ihre Böden gesünder, ertragreicher und widerstandsfähiger gegen den Klimawandel zu machen – durch humusaufbauende, biodiversitätsfördernde und bodenschonende Anbaumethoden. Gerade für große Akteuren wie Compass Group und Transgourmet, die in der Gemeinschaftsverpflegung eine enorme Hebelwirkung entlang der gesamten Lieferkette haben, ist die Förderung solcher landwirtschaftlicher Ansätze ein konsequenter Schritt. Sie trägt dazu bei, den eigenen CO₂-Fußabdruck zu senken, Scope-3-Emissionen langfristig zu reduzieren und gleichzeitig aktiv zum Erhalt der natürlichen Ressourcen beizutragen. Die Compass Group prüft derzeit, wie eine mögliche Kooperation mit Klim konkret aussehen könnte. Transgourmet arbeitet bereits mit dem Startup zusammen.
Wie erleben Sie den Austausch mit anderen Netzwerkpartnern?
Die Compass Group ist Teil verschiedener Netzwerke und Vereine, auch intern sind die Nachhaltigkeits-Teams global sehr stark vernetzt. Es ist spannend zu sehen, wie unterschiedlich die Perspektiven sind – und wie viele Parallelen es trotzdem gibt. Der Austausch hilft uns, über den Tellerrand hinauszuschauen, voneinander zu lernen und gemeinsam schneller voranzukommen. Besonders wichtig ist uns dabei die Praxisnähe. Als einer unserer größten Lieferanten ist eine enge Kooperation mit Transgourmet enorm wichtig, um gemeinsame Ziele effizienter erreichen zu können.
Welche Rolle spielen gemeinsame Aktionstage oder Best-Practice-Sharing für Sie?
Auch Aktionstage spielen eine wichtige Rolle in dieser Zusammenarbeit, sie sind wichtige Impulsgeber. Sie bringen vielfältige Nachhaltigkeitsthemen sichtbar in unsere Betriebe und sensibilisieren sowohl Gäste als auch Teams. Best-Practice-Sharing wiederum erlaubt es, erfolgreiche Ansätze zu skalieren – das spart Zeit, Ressourcen und erhöht die Wirkung.
Was wünschen Sie sich von der Branche in puncto Klimaschutz?
Mehr Offenheit für Zusammenarbeit. Der Wandel hin zu einer klimafreundlicheren Gemeinschaftsverpflegung gelingt nur, wenn alle Beteiligten – Caterer, Lieferanten, Kunden und Gäste – an einem Strang ziehen. Dafür braucht es mehr Transparenz, verbindliche Zielsetzungen und den Mut, Dinge neu zu denken. Das Grüne Netzwerk ist ein vielversprechender Ansatz und ein hervorragendes Beispiel dafür, wie das gelingen kann.
Vielen Dank für das interessante Gespräch!
Quelle: B&L MedienGesellschaft / Das Interview führte Michael Teodorescu
Scopes
Treibhausgasemissionen (THG) werden vom international anerkannten Berechnungstool, dem Greenhouse Gas (GHG)-Protocol, in drei Kategorien bzw. „Scopes“ unterteilt. Mehr dazu und was das mit nachhaltige Beschaffung zu tun hat, lesen Sie in unserem Beitrag Scope 3-Emissionen: Wie unterstützen Industriepartner Außer-Haus-Betriebe beim Umgang damit.