„Gemeinsam werden wir daran arbeiten, mehr Bio auf das größte und schönste Volksfest der Welt zu bringen“, so freute sich die gelernte und studierte Landwirtin Johanna Zierl zum Start des Projektes „Mehr Bio auf der Wiesn“ über ihre neue Aufgabe als Wertschöpfungsketten-Managerin.
Ihre Aufgabe ist es, die Akteure entlang der gesamten Bio-Wertschöpfungskette zu vernetzen – vom landwirtschaftlichen Betrieb über Verarbeiter und Händler bis hin zu den Wiesnwirten. Sie identifiziert Potenziale, unterstützt bei der Umsetzung und berät zu Zertifizierungen und Produktverfügbarkeiten.
Das Projekt „Mehr Bio auf der Wiesn“
„Mehr Bio auf der Wiesn“ läuft von August 2024 bis Juli 2027 und wird vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau (BÖL) gefördert.
Das Projekt ist ein gemeinsames Vorhaben der bayerischen Bio-Branche und der Wiesnwirte der großen Festzelte. Die Projektkoordination liegt beim Bioland Landesverband Bayern, der in Zusammenarbeit mit den Partnern der Naturland Zeichen GmbH, dem Tagwerk Förderverein e.V., der Landesvereinigung für den Ökolandbau in Bayern e.V. (LVÖ) und der Vereinigung der Münchner Wiesnwirte die Umsetzung vorantreibt. Auch die sogenannten Kleinen Wiesn-Zelte sind im weiteren Sinne dabei.
Wie viel Bio können Wiesnbesucher auf dem 190. Oktoberfest von 20. September bis 5. Oktober 2025 nun also erwarten? Was es mit dem Projekt auf sich hat, wie der Status quo der Umsetzung aktuell aussieht und worauf sich die Wiesnbesucher in 2025 freuen können, dazu hat Johanna Zierl, die zusätzlich als Vorständin bei Junges Bioland e.V. aktiv ist, einen Einblick gewährt.
Frau Zierl, welches Ziel verfolgen Sie mit dem Projekt „Mehr Bio auf der Wiesn“? Wo liegt der Schwerpunkt des Projekts?
Das Ziel ist klar: Wir wollen den Anteil an Bio-Lebensmitteln auf dem Münchner Oktoberfest steigern. Dabei geht es nicht nur um ein „grünes Image“, sondern um echte Veränderung – entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Vom Bio-Kaiserschmarrn bis hin zur Petersilie auf dem Teller soll möglichst viel aus ökologisch-regionaler Landwirtschaft stammen.
Der Schwerpunkt liegt deshalb auf Vernetzung: Wir bringen Landwirtschaft, Verarbeitung, Handel und Gastronomie gezielt zusammen, um realistische Möglichkeiten und Partnerschaften auf Augenhöhe zu fördern.
Das Oktoberfest ist als größtes Volksfest der Welt auch immer ein Vorbild. Wenn es gelingt, hier mehr Bio-Regionalität sichtbar zu machen, kann das auch Signalwirkung über München hinaus haben – für andere Veranstaltungen, für die Gastronomie, für Verbraucherinnen und Verbraucher. Wir möchten zeigen, dass Genuss, Tradition und Nachhaltigkeit sehr wohl zusammenpassen.
Warum ist gerade jetzt der richtige Zeitpunkt für ein solches Projekt?
Die Nachfrage nach Bio steigt, das Bewusstsein für nachhaltige Ernährung wächst – auch bei den Wiesngästen. Gleichzeitig ist die Branche bereit: Es gibt viele engagierte Bio-Betriebe, die liefern können. Und die Wiesnwirte sind offen für Veränderung, wenn sie praktikabel ist. Diese Dynamik wollen wir nutzen.
Wie viele Zelte hatten bereits vor Projektstart Bio-Lebensmittel im Einsatz?
Tatsächlich gab es schon Bio auf der Wiesn – viel im Hintergrund, aber einiges stand auch schon auf den Speisekarten. Einige Zelte arbeiten mit ganzen Bio-Gerichten, andere setzen punktuell auf Bio-Produkte wie Brot, Fleisch oder Molkereiprodukte.
Zum Projektstart im August 2024 waren schon mehr als zehn der großen Zelte Bio-zertifiziert und durften so die Bio-Produkte auf ihren Speisekarten ausloben. Denn auch auf der Wiesn gilt: Wo Bio draufsteht, ist auch Bio drin. Dafür gibt es die Bio-Kontrolle – auch mitten im Trubel des Festbetriebs!
Gibt es bereits einen Vorreiter in puncto Bio unter den Wiesnwirten/-zelten?
Ja, es gibt einige, die schon lange Pionierarbeit leisten. Diese haben einfach mal angefangen und sich mit der Zeit ihren Erfahrungsschatz aufgebaut. Gerade die Ochsenbraterei, die seit 15 Jahren Bio-Produkte auf der Wiesn einsetzt, ist vergleichsweise schon sehr weit.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
„Auch auf der Wiesn gilt: Wo Bio draufsteht, ist auch Bio drin. Dafür gibt es die Bio-Kontrolle – auch mitten im Trubel des Festbetriebs!“
Johanna Zierl
Oktoberfest ökologisch
Seit 1991, als Regelungen zur Abfallreduzierung in die Betriebsvorschriften des Oktoberfests aufgenommen wurden, hat sich viel getan. Mit anderen städtischen Referaten wurden Strategien entwickelt, um das Volksfest ökologisch möglichst verträglich zu gestalten.
Seit 1995 können Bewerber um einen Platz auf der Wiesn mit „ökologischer Verträglichkeit“ bei der Zulassung punkten. Berücksichtigt werden bei der Bewertung u. a. die Verwendung biologisch abbaubaren Hydraulik-Öls, der Verkauf von Produkten aus regionalem und ökologischem Anbau oder Energiesparmaßnahmen, zum Beispiel die Installation von Solaranlagen, der Einsatz von Elektro-Fahrzeugen sowie die Zertifizierung als CO2-neutraler Betrieb insgesamt oder – bei den Fahrgeschäften – von CO2-neutralen Transporten.
Nachfolgend sind einige dieser umgesetzten Maßnahmen aufgeführt:
Bio-Schmankerl auf den Wiesntischen
Für das Oktoberfest sind zahlreiche Betriebe nach der EU-Öko-Verordnung Nr. 834/2007 zertifiziert und bieten eine breite Palette an Volksfestspezialitäten in Bio-Qualität: Vom klassischen Hendl bis zur gebrannten Mandel, von der Bratwurst bis zur Steaksemmel, von der Schokobanane bis zur Waffel. Im Paulaner Festzelt, dem Volkssängerzelt Schützenliesl, der Fischer Vroni (Anm. d. Red.: Wir machten 2024 den Geschmackstest) und in der Hühner- und Entenbraterei Ammer werden beispielsweise ausschließlich Bio-Hendl verkauft. Viele Produkte tragen das Label „Geprüfte Qualität Bayern“ oder das „Bayerische Bio-Siegel“.
Auch der Verkauf von CO2-neutralen Produkten wird positiv bewertet. Dazu kommt ein hohes Angebot an veganen Produkten, die es dieses Jahr auf der Wiesn gibt. Ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Klimaneutralität.
Klimaneutrale Festzelte
Seit 2016 steht mit der Hühner- und Entenbraterei Ammer das erste klimaneutrale Festzelt auf der Wiesn. Kompensiert werden hier nicht vermeidbare CO2-Emissionen durch Projekte in Nigeria (Effiziente Kochsysteme für Familien), Indien (Stromerzeugung durch Senfernteresten) und Kenia (Bau von Biogasanlagen). 2018 folgte die Hühnerbraterei „Zum Stiftl“. Ihre CO2-Emissionen werden durch ein Bergwaldprojekt im Oberallgäu und ein Waldschutzprojekt in PapuaNeuguinea ausgeglichen. 2019 ist zusätzlich Kufflers Weinzelt als „klimaneutraler Festzeltbetrieb“ zertifiziert worden. Dabei werden alle CO2-Emissionen über Klimaschutzprojekte ausgeglichen.
Außerdem sind das Marstall Festzelt, das Café Kaiserschmarrn, die Käfer Wiesn-Schänke und die Münchner Stubn mittlerweile klimaneutral. Genauso wie die Hühnerbraterei Poschner.
Versorgung mit Ökostrom
Seit 24 Jahren werden alle öffentlichen Bereiche und Einrichtungen mit SWM-Ökostrom versorgt, seit 2012 auch alle Beschickerbetriebe. Zwei Drittel von ihnen leisten zudem mit einem freiwilligen Aufpreis ihren Beitrag zum weiteren Ausbau der regenerativen Stromerzeugung. In Anlagen, die regenerative Energiequellen wie Wasserkraft nutzen, wird die dem Kundenverbrauch entsprechende Strommenge erzeugt und in das europäische Stromnetz eingespeist.
Abfallreduzierung für ein nachhaltiges Oktoberfest
Die beiden Säulen des Abfallvermeidungskonzeptes sind das Verbot von Einweggeschirr sowie die strikte Trennung des Abfalls. Auf dem Oktoberfest ist seit 1991 ausschließlich Mehrweggeschirr und -besteck zugelassen. Erfrischungsgetränke werden nur in Mehrwegflaschen gegen ein Mindestpfand von einem Euro abgegeben. Der Verkauf von Getränken in Dosen ist verboten. Bei der Anlieferung von Lebensmitteln und Bierkrügen werden wiederverwendbare Transportbehältnisse benützt.
Alle Abfälle werden sortiert und die Wertstoffe in die dafür vorgesehenen Sammelbehälter gebracht. Die gastronomischen Großbetriebe entsorgen Altglas über eigene Container. Die anfallenden Küchen- und Speisereste werden getrennt erfasst und gesondert verwertet. Die städtische Straßenreinigung, die mobil mit Elektrofahrzeugen und einer Kleinkehrmaschine täglich Kehricht und Müllablagerungen beseitigt, vermeldete eine Verringerung des Reinigungs- und Entsorgungsaufwands in Höhe von 247 Tonnen (2008) auf etwa 91 Tonnen (2023).
Weitere Maßnahmen rund um ein nachhaltiges OKtoberfest finden Sie auf dieser Website.
Quelle: B&L MedienGesellschaft, Oktoberfest.de