Das Seitan-Steak wird keinem Bullen von den Rippen geschnitten und weder Sojamilch noch Leberkäse kommen aus der Kuh. Für den Großteil der Deutschen ist das selbstverständlich, dennoch gelten die ersten beiden Produktbezeichnungen als irreführend, während der Leberkäse seinen Namen behalten darf.
Grund dafür sind u. a. die „Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel mit Ähnlichkeit zu Lebensmitteln tierischen
Ursprungs“ der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission, die viele Hersteller als Minenfeld betrachten; denn wenn man den falschen Namen für vegetarisch-vegane Ersatzprodukte wählt, droht schlimmstenfalls eine Klage. Entsprechend sollten auch gastronomische Betriebe bei der Bezeichnung von Speisen und Getränken mit derartigen Zutaten aufpassen.
Wir fassen die Richtlinien zusammen und zeigen in diesem Beitrag auf, welche Bezeichnungen bei Fleischersatzprodukten zulässig sind.
Rechtsverbindlichkeit der Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel
Die Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel wurden von der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission im Dezember 2018 zusammengetragen.
- Einerseits definieren sie erstmals, wodurch sich vegane und vegetarische Lebensmittel abgrenzen.
- Andererseits regeln sie, welche Bezeichnungen üblicherweise für Fleischersatzprodukte gelten sollen: Was im deutschen Sprachgebrauch als üblich und somit allgemein nachvollziehbar gilt, darf als Bezeichnung verwendet werden, was nicht üblich ist, sollte man als Produktbezeichnung besser unterlassen.
- Sie sind nicht rechtsverbindlich, da sie keine Gesetze sind, dienen aber als Orientierung für Gerichtsurteile.
Wenn also ein Unternehmen verklagt wird, ein Produkt mit irreführender Bezeichnung zu vermarkten und der Name in den Leitsätzen ebenfalls als nicht üblich beschrieben wird, dann hat es schlechte Chancen in einem Prozess.
Erlaubt sind übliche Bezeichnungen
Welche Begriffe lassen sich unbedenklich verwenden? Generell gilt: Wenn ein pflanzliches Produkt in seiner Bezeichnung an ein im Original tierisches Produkt erinnert, dann sollte es diesem in Geschmack, Textur und Aussehen auch ähneln. Ein Veganes Schnitzel ohne Panade riskiert nicht nur, ein Flopp zu werden, sondern trägt tatsächlich eine irreführende Bezeichnung. Ebenfalls an prominenter Stelle soll auf der Verpackung angegeben werden, welche Hauptzutat die tierischen Komponenten ersetzt, z. B. durch die Angabe auf Basis von Erbsenprotein.
Als üblich gilt weiterhin:
- Tofu-Schnitzel, Seitan-Gulasch, –Geschnetzeltes & Co.: Namen in Anlehnung an geschnittene Fleischstücke
- Vegetarische Frikadellen & Co.: Namen in Anlehnung an allgemeine Bezeichnungen von gewolftem und zerkleinertem Fleisch
- Vegane Streichwurst, vegetarische Bratwurst, vegane Currywurst usw.: Allgemeine Kategorien von Wurstarten dürfen verwendet werden
- Vegetarisches Lupinen-Räucherfischteil usw.: Nach Kategorien von Fischerzeugnissen darf benannt werden, z. B. bei geräucherten Fischerzeugnissen und Bratfisch
- Ein pflanzliches Produkt darf optisch einem bestimmten Tierstück ähneln und auf der Packung dürfen Tiere abgedruckt sein, wenn durch den Namen und sonstige Beschriftung klargestellt wird, dass es sich um ein Alternativprodukt handelt.
Darüber hinaus sind die Hersteller angewiesen, ein Alternativprodukt an gut sichtbarer Stelle als vegan oder vegetarisch oder eine gleichbedeutende Bezeichnung auszuloben. Diese gehöre ins Hauptsichtfeld.
Achtung bei nicht üblichen Bezeichnungen
Bei welchen Bezeichnungen sollte man aufpassen? Einige Verweise auf tierhaltige Produkte dürfen nicht als Namen für pflanzliche Alternativen verwendet werden. Das gilt auch dann, wenn das Ersatzprodukt dem Original stark ähnelt. Umschreibend dürfen sie allerdings oft eingesetzt werden, dann aber über einen Zusatz. Das klingt dann so: Soja-Stück nach Art eines Rindersteaks.
- Kalb- oder Jungrindfleisch, Filet, Hähnchenflügel usw.: Bezeichnungen bestimmter Teilstücke oder Schlachtkörper sollen nicht verwendet werden. Diese Fleischarten gelten als natürlich am Tier gewachsen. Ein Ersatz durch pflanzliche Produkte, die ja nicht natürlich in dieser Form wachsen können, ist laut Leitfaden unangemessen.
- Schwarzwälder Schinken, Thüringer Rostbratwurst usw.: Geschützte geografische Bezeichnungen für traditionelle Gerichte sollten nicht verwendet werden, auch nicht mit der Umschreibung nach Art von.
- Schillerlocken, Fischstäbchen oder Kaviar: Namen spezifischer Fischerzeugnisse, dürfen nur als Beschreibung verwendet werden, z. B. vegetarisches paniertes Erzeugnis aus Milcheiweiß nach Art eines Fischstäbchens.
- Lyoner, Salami, Leberwurst usw.: Namen spezieller Wurstarten dürfen nicht verwendet werden. Hier ist aber die Beschreibung im Sinne einer veganen Tofu-Wurst nach Salami-Art zulässig.
- Geflügelsalat und Fleischsalat: Namen bestimmter Feinkostsalate sollten unterlassen werden. Zur Beschreibung können sie verwendet werden.
Gibt es ein System?
Welche Logik steht eigentlich hinter den Leitsätzen für vegane und vegetarische Lebensmittel?
„In Form eines abgestuften Kennzeichnungskonzepts in Abhängigkeit von der Ähnlichkeit zwischen Fleischerzeugnissen und deren Analogen hat die DLMBK einen Kompromiss mit ihren Leitsätzen gefunden – ein Teil der Bezeichnungen ist tabu, ein Teil kann beibehalten werden, während andere eine Umschreibung tragen müssen.“
Sieglinde Stähle, Mitglied DLMBK
Letztlich lassen sich die Leitsätze folgendermaßen zusammenfassen:
- Die Namen verarbeiteter Fleischprodukte dürfen auch vegan-vegetarische Alternativwaren bezeichnen. Die Bratwurst, das Schnitzel und die Frikadelle, aber auch die Streichwurst sind allgemeine Kategorien für verarbeitete Fleischwaren und zählen ebenfalls darunter.
- Vorsicht ist geboten, wenn es sich um traditionell verarbeitete Produkte handelt. Die Thüringer Rostbratwurst, die Salami oder die Lyoner verweisen auf eine bestimmte Tradition in der Zubereitung, die Marktwert hat. Deswegen unterliegen die Begriffe einem besonderen Schutz und dürfen nicht für pflanzliche Alternativprodukte verwendet werden. Das ist nachvollziehbar, da die pflanzlichen Zutaten eine andere Beschaffenheit haben nicht gemäß der Tradition verarbeitet werden können.
Strenger sind die Regeln bei Fisch- und Milchprodukten: Auch Käse und Fischstäbchen sind verarbeitete Produkte, dennoch sollten sie nur in der umschreibenden Form verwendet werden, nicht für den Namen eines Alternativprodukts.
Warum ist Sojadrink keine Milch?
Was zu beachten ist, will man Milchersatzprodukte z. B. auf einer Speisekarte korrekt nennen, lesen Sie im Beitrag „Alles Milch und Käse?“
Quelle: B&L MedienGesellschaft, Leitsätze der Deutschen Lebensmittelbuch-Komission, ProVeg Deutschland