Mit der Bio-Außer-Haus-Verpflegungs-Verordnung (Bio-AHVV) stellt die Bundesregierung derzeit die Weichen für mehr Bio in der Außer-Haus-Verpflegung. Die Bio-AHVV normiert künftig die speziell auf die Belange der AHV zugeschnittenen nationalen Regelungen zur Bio-Kennzeichnung und zur Bio-Auslobung – sowie der damit zusammenhängenden Kontrolle und Zertifizierung. Im April 2023 legte Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, den Entwurf der Bio-AHVV vor und stellte in diesem Zuge auch ein neues Bio-Label vor. In drei Stufen sollen GV-Betriebe das Label künftig nutzen können, um ihren Bio-Anteil für Gäste leicht erkennbar auszuloben. Bundestag und Bundesrat haben die Bio-AHVV bereits verabschiedet.
Dreistufige Auslobung
Betriebsrestaurants, Mensen und Care-Betriebe können ihren Bio-Anteil mit drei Abstufungen in den Farben Bronze, Silber und Gold ausloben. Bronze gibt es für Bio-Anteile ab 20 Prozent, Silber ab 50 Prozent und Gold ab 90 Prozent. Gemessen werden die Bio-Anteile am monetären Wareneinsatz. „Künftig wird es nur noch eine Kennzeichnungsmöglichkeit geben: die Auslobung von Bio-Zutaten. Die Küchen tauschen von ihnen gewählte Zutaten, z. B. Kartoffeln oder Reis, komplett gegen Bio aus und fertig“, erklärt Dr. Jochen Neuendorff, Geschäftsführer Gesellschaft für Ressourcenschutz, die neue Auslobung.
Das dreistufige System schafft für Großküchen mehr Anreize, ihren Bio-Anteil zu erhöhen, weil sie ihr Engagement besser an die Tischgäste kommunizieren können. Auch für Kommunen, die in Vergabeverfahren bestimmte Bio-Mindestanteile fordern, vereinfacht das neue System die Qualitätssicherung. Die Auszeichnung des Bio-Anteils mit dem Bio-Label ist freiwillig.
Zertifizierung – was ändert sich?
Bisher wurde im Öko-Landbaugesetz (ÖLG) festgelegt, dass bei einer Bio-Auslobung die Bedingungen der EU-Bio-Verordnung einzuhalten sind. Diese ist jedoch nicht für Küchen und AHV-Betriebe gemacht. Die speziellen Anforderungen der AHV wurden darin nicht berücksichtigt. „Die Gesetzgebung hat dieses Problem erkannt und ihren Handlungsspielraum sinnvoll genutzt. Zukünftig werden in Deutschland genau wie in den EU-Mitgliedsstaaten Dänemark oder Frankreich nationale Regeln für die AHV gelten, die nicht mehr an die komplexe EU-Bio-Verordnung angekoppelt sind“, erklärt Rainer Roehl, Geschäftsführender Gesellschafter A’verdis. Durch die Bio-AHVV wird die Bio-Zertifizierung daher einfacher und klarer. So wurden komplizierte Warenflussberechnungen, die in der Praxis regelmäßig schiefgegangen sind, ebenso über Bord geworfen wie komplexe Betriebsbeschreibungen mit Grundrissplänen oder Organigrammen.
Förderung der Umstellung
Die Beratung für eine Umstellung auf Bio-Produkte oder die Bio-Schulung von Mitarbeitern sind im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau (BÖL) förderfähig. Festgelegt wird dies durch die „Richtlinie zur Förderung der Beratung von Unternehmen der Außer-Haus-Verpflegung zum vermehrten Einsatz von Produkten des ökologischen Landbaus (RIBE)“.
Gefördert werden sowohl Betriebe, die erstmals Bio-Produkte einsetzen wollen als auch Betriebe, die ihren Bio-Anteil erhöhen möchten. Der angestrebte Mindest-Bio-Anteil muss für die Förderung bei 30 Prozent des geldwerten Anteils liegen. Das BMEL bezuschusst maximal 80 Prozent der Beratungskosten. Kitas und Schulen, die eine eigene Küche betreiben, können bis zu 90 Prozent der Beratungskosten erstattet bekommen. Der Förderhöchstbetrag beläuft sich auf 35.000 Euro. „Das gab es in dieser Größenordnung noch nie und macht deutlich, wie wichtig der Politik der Ausbau der ökologischen Landwirtschaft ist; und wie wichtig der Politik der Markt der AHV ist“, betont Rainer Roehl.
Wissenswertes zur Förderung
Weitere Details, etwa zur Antragsstellung, zu Vorraussetzungen und Fristen sind im Beitrag Förderung von mehr Bio in der AHV übersichtlich zusammengetragen.
Stimmen aus der Branche
Wie steht die Branche und deren flankierenden Betriebe aus Ökolandbau, Handel & Co. der Bio-AHVV gegenüber? In der aktuellen Ausgabe des GVMANAGER haben wir Einschätzungen eingeholt. Wie die Verordnung den Ökolandbau, Bio-Quoten, Lebensmittelpreise und Ausschreibungen nach Einschätzungen der Experten beeinflussen wird, erfahren Sie ab S. 11 der Ausgabe 8/2023.
Was die Akteure an der Bio-AHVV begrüßen und wo sie noch Verbesserungsbedarf sehen, lesen Sie im Folgenden:
Sonja Grundnig, Leiterin Außer-Haus-Markt, Bioland
Frau Grundnig, was begrüßen Sie an der Bio-AHVV und am neuen Label, wo sehen Sie noch Verbesserungsbedarf?
Wir begrüßen, dass es von staatlicher Seite endlich auch eine transparentere Auslobung für die Gastronomie gibt und der Gast erkennen kann, ob und wieviel Bio er auf seinem Teller hat. Was wir beim staatlichen Bio-AHV-Siegel allerdings vermissen, ist eine Auskunft über die Herkunft der Bio-Ware. Hier bietet die Bioland-Auszeichnung bereits seit 2018 einen klaren Mehrwert, denn bei uns werden auch weitere nachhaltige Punkte wie Regionalität und Saisonalität berücksichtigt. Wichtig ist nun, neben einer guten Kommunikation der neuen Verordnung an die Verantwortlichen in den Küchen, die praxisnahe Umsetzung durch die zuständigen Behörden und Kontrollstellen sicherzustellen. Ergänzend braucht es kluge Verbraucher-Kampagnen, die Lust auf Bio-Außer-Haus machen und Mehrwerte einer bewussten Ernährung für den Menschen transportieren.
Dr. Jochen Neuendorff, Geschäftsführer, Gesellschaft für Ressourcenschutz
Herr Neuendorff, was begrüßen Sie an der Bio-AHVV hinsichtlich der Bio-Zertifizierung, wo sehen Sie noch Verbesserungsbedarf?
A‘verdis und GfRS haben seit 2019 mit Bund und Bundesländern im Rahmen eines Projekts des Bundesprogramms Ökologischer Landbau (BÖL) über die Ausgestaltung des neuen ÖLG diskutiert. Aus Sicht des Projektteams könnte es natürlich immer noch einfacher werden, aber die Verordnung ist ein gutes Ergebnis. Nun kommt es entscheidend auf die BLE, die die Kontrollstellen ergänzend zulassen muss, und die Bundesländer, die die Umsetzung überwachen, an – sie müssen die Verordnung praxisgerecht und unbürokratisch umsetzen.
Kann damit eine Trendwende hin zu mehr Bio in der AHV angestoßen werden?
Sicher nicht durch die neue Verordnung allein. Gäste müssen das Bio-Engagement einer Küche wertschätzen und der Bund und die Länder über Informationskampagnen Verbraucher motivieren. Es muss klar werden, dass vage, ungeprüfte Regionalitätsaussagen bei der Nachhaltigkeit nicht weiterhelfen. Einige Bundesländer wie Bremen und Sachsen planen zudem einen Kontrollkostenzuschuss für umstellungswillige Küchen – das ist ein weiterer wichtiger Baustein.
Steffen Neumann, Vertrieb Außer-Haus-Verpflegung, Ökoring
Herr Neumann, was ist positiv an der Bio-AHVV hervorzuheben?
Es wird für Gäste klarer ersichtlich, welche Gerichte „Bio“ sind. Sie werden zukünftig häufiger auf Bio-Qualität hingewiesen, was das Interesse auch von Gastseite aus erhöhen wird. Begleitende Aufklärungskampagnen werden verdeutlichen, warum „Bio-regional“ wichtig ist.
Jens Witt, Inhaber, Wackelpeter Frischküche und BioMentor
Herr Witt, wo sehen Sie noch Verbesserungsbedarf?
Ich würde kritisch anmerken, dass mir der Einstieg bei 20 Prozent für die Bronze-Auszeichnung um zehn Prozent zu niedrig ist, dafür sind die Beschaffungsmöglichkeiten und der Einstieg über günstige Produkte heute besser als vor zehn Jahren. Da will man wohl eher alle mitnehmen.
Quellen: B&L MedienGesellschaft, BMEL, Oekolandbau.de