Startschuss für die bundesweite Kampagne „Rettet die Vielfalt“ für die Beibehaltung der reduzierten 7 % Mehrwertsteuer auf Speisen in der deutschen Gastronomie durch die Initiative „Vereint für die Gastro“: In der Auftaktveranstaltung im Hyatt Mainz stellte der Creator Kemal Üres (Der Gastro-Flüsterer) die geplanten Aktionen vor und brachte darüber hinaus Politik und Verbände zu dem Thema an einen Tisch. Branchenübergreifende Unterstützung gibt es bereits durch namhafte Unternehmen.
Kemal Üres, besser bekannt als Creator „Der Gastro-Flüsterer” mit über 650.000 Followern, hat im Mainzer Hyatt ein neues Aktionsbündnis vorgestellt: „VfG – Vereint für die Gastro e.V.“ Unter dem Vorsitz von Üres will die Initiative mit vereinten Branchen-Kräften gegen die von der Bundesregierung geplante Rücknahme der reduzierten Mehrwertsteuer auf Speisen von 7 % und die Wiederanhebung auf 19 % vorgehen. Geplant ist ein Maßnahmenpaket, an dem sich über digitale Plattformen auch lokale Gastronomie-Betriebe beteiligen können, um breitenwirksam Unterstützung für die 7 % zu signalisieren und Gäste in allen Regionen Deutschlands für das Thema zu sensibilisieren.
In einer Talkrunde (siehe Titelbild) unter Moderation von Malte Budde, Geschäftsführer des Hyatt Mainz, äußerten sich neben Kemal Üres die Mainzer Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz, Gereon Haumann (Präsident des DEHOGA Rheinland-Pfalz), Ata Delbasteh (Gastronom und Vorsitzender der SPD Mainz) und David Dietz (Fraktionsvorsitzender FDP Mainz). Dort zeigte sich, dass auf kommunaler Ebene durchaus mehr Einigkeit herrscht als im Bund.
„Es geht um unsere Existenz. Wir wollen nicht die Politiker angreifen, sondern vielmehr unseren Gästen klar machen, dass sie sich gemeinsam mit uns stark machen sollen. Dazu wollen wir alles tun, damit unser Anliegen überschwappt: Dass die Gastro ihre Karten, ihre Fenster beklebt“, sagt Kemal Üres zum Auftakt. In den vergangenen Wochen hatte der Creator schon einiges erreicht, indem er zahlreiche namhafte Unternehmen als Unterstützer gewinnen konnte. „Realistisch haben wir noch sechs bis acht Wochen, in denen noch viel passieren kann, und es macht mir Mut, dass alle ‚Big Player‘ bei uns im Boot sitzen.“
Vielfalt der Gastro-Szene erhalten
Auf die tiefgreifenden Folgen, die sich weit in die Gesellschaft hinein auswirken werden, möchte die Initiative aufmerksam machen. Sämtliche Maßnahmen des Aktionsbündnisses stehen unter dem Motto „Rettet die Vielfalt“. Denn die lebendige Vielfalt der Gastro-Szene in Deutschland, so Kemal Üres, sei durch die geplante Mehrwertsteuererhöhung ab 2024 in Gefahr. Schon jetzt beklagt die Gastronomie einen Verlust von 36.000 steuerpflichtigen Betrieben im Vergleich zum Zeitraum vor der Corona-Pandemie. Dieser massive Rückgang von 222.400 auf aktuell 186.000 betrifft besonders die Menschen in strukturschwachen Regionen. Insgesamt lagen die Umsätze von Januar bis Mai 2023 laut Statistischem Bundesamt inflationsbereinigt 11,4 % unter denen des Jahres 2019.
„Wer den eigenen Familienbetrieb trotz Pandemie, Fachkräftemangel, steigender Kosten und sinkender Gästezahlen durch eine galoppierende Inflation am Leben hatte halten können, der oder die soll dafür jetzt mit einer Mehrwertsteuerhöhung bestraft werden? Das macht für mich und viele andere, die für die Vielfalt in unserer Branche stehen, absolut keinen Sinn! Restaurants und Kneipen sind das Wohnzimmer Deutschlands, das muss weiterhin gefördert werden und der ganzen Gesellschaft offenstehen“, fordert Kemal Üres. Nicht umsonst habe Olaf Scholz im letzten Bundestagswahlkampf versprochen, dass der reduzierte Mehrwertsteuersatz von 7 % für die Gastronomie dauerhaft erhalten bleiben solle.
Damit die Botschaft „Rettet die Vielfalt“ eine noch breitere Öffentlichkeit in Deutschland erreicht, sind zum Auftakt der Kampagne diverse kommunikative Aktionen in und mit Gastronomiebetrieben geplant. Kreative und organisatorische Unterstützung für den Launch von „Vereint für die Gastro“ kommt von der Mainzer GWA-Agentur Bartenbach. So will das Aktionsbündnis laut Kemal Üres ganze Ausgehviertel und Restaurantfassaden mit grellroten „19 %“ Aufklebern – wie bei einem Ausverkauf – zukleistern. Zusätzlich werden fiktive „19 %“ Speisekarten vor Ort in Kneipen, Restaurants und Kantinen zu einem ungewöhnlichen Hingucker für die Gäste. Gesammelt werden alle Informationen und Aktivitäten der Initiative auf der Plattform www.7mussbleiben.de.
Prominente Unterstützung für „Vereint für die Gastro“
Bereits zu ihrem Start erhalten die Initiative „Vereint für die Gastro“ und ihr Vorsitzender Kemal Üres branchenübergreifende Unterstützung von führenden Unternehmen wie Metro, TransGourmet, Selgros, Frischeparadies und Lieferando. Die GWA-Agentur Bartenbach aus Mainz zeichnet verantwortlich für die Kommunikationsmaßnahmen. Kemal Üres konnte als Gastro-Flüsterer in der Vergangenheit immer wieder für vielbeachtete, über die Branche hinweg beachtete Auftritte sorgen, unter anderem mit einer Kampagne für fairere Döner-Preise.
Weitere Diskussionsbeiträge vom Podium
Ata Delbasteh fordert: Laut werden! „Die Gastronomie zählte mit zu den ersten, die durch Corona und auch die Energiekrise stark betroffen waren. Wir haben Kredite aufgenommen, um Sicherheit zu haben, und die wird uns jetzt genommen.“ Die drohende Erhöhung bringe Unsicherheiten, nicht nur hinsichtlich laufender Kredite, sondern auch bei den Beschäftigten und mit Blick auf die Qualität der Verpflegung. Den Gleichheitsgrundsatz der EU sieht er nicht gegeben: „Wenn ich ein einfaches Brötchen in der Tankstelle mit nur 7 % kaufe, aber etwas handwerklich Gutes und der damit verbundenen Wertschätzung mit 19 %, hat das nichts mit Gleichheit zu tun! Wir bekommen die 12 % Differenz nicht geschenkt und das ist ein Aspekt, den man beachten sollte.“
Manuela Matz sieht die Gastronomie als wichtigen Bestandteil der Mainzer Identität: „Das ‚mainzgefühl‘ und die Gastro sind nicht voneinander zu trennen. Mainz ist gastfreundlich und bewirtet Gäste von nah und fern. Und auch für Mainzer*innen ist die Gastronomie ein wichtiger Anlaufpunkt. Es soll noch genug im Geldbeutel sein, um in sein Stammlokal zu gehen, und daher soll es so bleiben, wie es ist“, fordert Manuela Matz. Diese Ansicht werde auch mehrheitlich im Städtetag geteilt: „Das ist ein wichtiges Signal!“
„In Rheinland-Pfalz sehen sich bis zu 1.000 Gastgeber in ihrer Existenz gefährdet, wenn die Mehrwertsteuer von 7 auf 19 % erhöht wird“, äußert sich Gereon Haumann zur Lage im Land. „Unsere Gastronomen werden die Erhöhung 1:1 weitergeben müssen, da aufgrund der Kostensteigerung in den Bereichen Energie, Lebensmittel und Personal die Gewinnmargen sehr gering sind. Viele Betriebe befürchten, dass die notwendigen Preiserhöhungen von den Gästen nicht akzeptiert werden und es dadurch zu signifikanten Umsatzausfällen kommen wird. Bei weiter steigenden Kosten wird der betriebliche Erfolg unserer Gasthäuser gefährdet. Sie sind die öffentlichen Wohnzimmer, der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält. Wir wollen, dass Gastronomie bezahlbar bleibt sowie die kulinarische Vielfalt und Esskultur in unserem Land erhalten bleibt. Aufgabe der Politik ist es jetzt, den gastgewerblichen Unternehmern mit der Beibehaltung der 7 % Mehrwertsteuer, Sicherheit und Perspektiven zu geben! Es ist weder fair noch gerecht, wenn ab 1. Januar 2024 für Essen in Cafés und Restaurants wieder 19 % Mehrwertsteuer fällig würden, während für das Essen zum Mitnehmen, den Fertigsalat aus dem Supermarkt und die Essenslieferung weiterhin 7 % gelten würden. „Der reduzierte Mehrwertsteuersatz für die Gastronomie ist in 23 EU-Staaten Gesetz“, so Gereon Haumann. „Die 7 % müssen einheitlich für Essen gelten.“ Er ruft abschließend zur Teilnahme an der vom DEHOGA initiierten Open Petition „7 % müssen bleiben“ auf, die auch vom Aktionsbündnis „Vereint für die Gastro“ unterstützt wird.
„Sieben Prozent von etwas sind besser als 19 Prozent von nichts“, findet auch David Dietz: „Wir wollen die Landesebene in den Fokus nehmen und so erreichen, dass sich das Land Rheinland-Pfalz über den Bundesrat für eine Entfristung einsetzt. Denn die Gastronomie spielt eine entscheidende Rolle bei lebendigen Innenstädten und wenn sie stirbt, werden die Lichter ausgehen. Das möchte ich persönlich vermeiden.“ Auch im Publikum gab es breite Zustimmung für die Kampagne, und zwar nicht nur von anwesenden Gastronomen, sondern auch von Gästen aus Einzel- und Großhandel. Sie zeigten auf, dass ein Zurück auf 19 % Mehrwertsteuer nicht nur das bereits vonstattengehende Sterben insbesondere der mittleren Gastronomie beschleunigen würde, sondern weit darüber hinausreiche, seien es negative Effekte auf den Einzelhandel vor Ort oder Arbeitsplatzverluste bei Lieferanten.
Quelle: Vereint für die Gastro e.V.