Am 17. Januar hat das Kabinett die von Bundesernährungsminister Cem Özdemir vorgelegte und bereits für 2023 geplante Ernährungsstrategie „Gutes Essen für Deutschland“ verabschiedet. Das Ziel: Gutes Essen für alle Menschen in Deutschland leichter machen. Rund 90 geplante und bestehende ernährungspolitische Maßnahmen wurden dazu in dem 73-seitigen Papier zusammengetragen, die bis spätestens 2050 realisiert werden sollen.
Gesundheitsförderliche und nachhaltige Gemeinschaftsverpflegung
Ein größerer Part, sieben Seiten des Dokuments, betrifft die Außer-Haus-Verpflegung, insbesondere die Gemeinschaftsverpflegung.
Unter dem Oberpunkt „Vielseitig essen in Kindertagesbetreuung, Schule und Kantine – Gemeinschaftsverpflegung verbessern“ wird gefordert, dass die Gemeinschaftsverpflegung den Zugang zu gutem Essen ermöglichen soll. Dabei soll eine gesunde und nachhaltige Ernährung mit vorwiegend pflanzlichen, saisonalen und möglichst regionalen und ökologisch erzeugten Lebensmitteln eine einfache und günstige Wahl sein und so angeboten werden, dass junge Menschen sie gerne zu sich nehmen.
Generell ist das Ziel eine bedarfsgerechte, ausgewogene und nachhaltige Gemeinschaftsverpflegung auf Basis der DGE-Qualitätsstandards.
Die wichtigsten Ziele für die Gemeinschaftsverpflegung im Überblick
- Die DGE-Qualitätsstandards für die Verpflegung in Kitas und Schulen sollen bis 2030 verbindlich werden.
- In den Kantinen der Bundesverwaltung soll der Anteil an Bio-Lebensmitteln über den derzeit in der DNS vereinbarten Zielwert hinaus (mind. 20 Prozent bis 2025) auf mindestens 30 Prozent in den darauffolgenden Jahren gesteigert werden.
- Das Angebot nachhaltig produzierter, möglichst regionaler und saisonaler Lebensmittel (insbesondere von Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Nüssen) soll bis 2030 in der Gemeinschaftsverpflegung wesentlich steigen.
- Bei Getränken sollen (Leitungs-)Wasser und ungesüßte Getränke stärker zum Einsatz kommen.
- Bis 2030 sollen die Lebensmittelabfälle in der gesamten Außer-Haus-Verpflegung (AHV) in Deutschland halbiert werden, als Zwischenziel wird bis 2025 eine Reduzierung um 30 Prozent angestrebt.
Wie sollen die DGE-Qualitätsstandards verbindlich werden?
Um die DGE-Qualitätsstandards in Schulen und Kitas verbindlich zu machen, setzt der Bund nicht auf legislative Mittel, immerhin ist das ja Ländersache. Stattdessen scheint man zu hoffen, dass Beratung hierfür genüge. So plant die Bundesregierung die Vernetzungsstellen für Kitas und Schulen ebenso wie die Aktivitäten des Nationalen Qualitätszentrums für Ernährung in Kita und Schule (NQZ) zu unterstützen, um die Qualitätsstandards flächendeckend zu verbreiten.
Konkret sollen die Vernetzungsstellen über die aktuelle Förderperiode hinaus weiterhin projektgebunden finanziell gefördert werden, um ihre Aufgabe fortzuführen.
Das digitale Qualitätsmanagement- Tool „Unser Schulessen“ soll zudem helfen, in den Schulen ausgewogene und nachhaltige Verpflegungsangebote zu etablieren und kontinuierlich zu sichern. Daher soll dieses Tool zusammen mit den Ländern weiterentwickelt werden.
Dritte Maßnahme zur Wegbereitung: Der Bund unterstützt sowohl die Aktualisierung der Qualitätsstandards, deren Anpassung an vielfältige Ernährungsformen, als auch deren Verbreitung.
Beratung zur Beschaffung in Kita- und Schulverpflegung
Der Bund stellt sehr richtig fest, dass der Einkauf der Lebensmittel für Caterer bzw. Küchen in Kitas und Schulen von zentraler Bedeutung ist, um eine qualitativ hochwertige, gesundheitsförderliche und nachhaltige Ernährung anzubieten. Daher will er seine Unterstützung hierbei ausweiten – allerdings wiederum nur in Form von Beratung.
So soll das NQZ weiterhin – es handelt sich also um keine neue Maßnahme – Schulungsangebote für die Beschaffung einer gesundheitsförderlichen und nachhaltigen Schulverpflegung auf Basis des DGE-Qualitätsstandards anbieten. Das Schulungsangebot soll zudem auch auf Kitaverpflegung ausgedehnt werden.
EU-Schulprogramm ausweiten
Das EU-Schulprogramm soll Kindern und Jugendlichen durch ein wiederkehrendes Angebot Gemüse, Obst sowie Milch und Milchprodukte schmackhaft machen und so eine gesunde und nachhaltige Ernährung fördern. Das Programm wird in Deutschland durch die Länder umgesetzt. Folglich wird in der Ernährungsstrategie betont: Der Bund ist koordinierend tätig und nicht zur Finanzierung befugt.
Allerdings will sich der Bund gegenüber der Europäischen Kommission zumindest dafür einsetzen, pflanzliche Drinks in das Programm aufzunehmen und die EU-Beihilfen für Gemüse und Obst zu erhöhen.
Sonstige Ziele der Ernährungsstrategie im Bereich Außer-Haus-Verpflegung
- Erhebung zum Kenntnisstand und zur Akzeptanz pflanzenbetonter Ernährung und Ableitung von Handlungsempfehlungen für Kita, Schule und Hochschule
- Analyse und Bewertung des Speisenangebots in der Systemgastronomie
- Verlängerung des BMUV-Förderprogramms „Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen“ zur Anschaffung von leitungsgebundenen Wasserspendern in sozialen Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen oder Vereinen, aber auch in Krankenhäusern, Pflege- und Altenheimen
- Investitionsprogramm Ganztagsausbau: Der Bund stellt den Ländern drei Milliarden Euro zur Verfügung, um in die Förderung von Ernährung und Bewegung zu investieren (z. B. Schulküchen, Bewegungsräume, entsprechende Ausstattung)
- Modellregionenwettbewerb des BMEL zu einer gesunden und an den planetaren Grenzen orientierten Ernährung
Quelle: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
Was hat der Bürgerrat Ernährung gefordert?
Nur drei Tage vor Verkündung der Ernährungsstrategie der Bundesregierung hat auch der Bundesrat Ernährung neun Empfehlungen ausgearbeitet, darunter als Top-Maßnahme die Forderung nach einem kostenfreien Mittagessen in Kita und Schule. Mehr zu den Empfehlungen des Bürgerrates.