Werden pflanzliche Ersatzprodukte der Regeneration oder dem Cook & Chill-Prozess unterzogen, kann ihre Konsistenz leiden.
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Ersatzprodukte und Cook & Chill

Pflanzliche Ersatzprodukte fรผr Burgerpatties, Bolognese-Sauce & Co. sind mittlerweile Standard auf den Speiseplรคnen. Doch Achtung, wenn Sie diese Ersatzprodukte selbst herstellen: Werden diese anschlieรŸend dem Cook & Chill-Prozess oder der Regeneration unterzogen, kann es zu Konsistenzproblemen kommen. So berichtete ein Krankenhauskรผchenleiter, der an einem Kรผchengesprรคch von GeNah teilnahm, dass die Eigenprodukte zerbrรถselten.
Was es bei der Rezeptentwicklung und der Eigenproduktion zu beachten gilt, wenn GV-Betriebe im Cook & Chill-Verfahren arbeiten, weiรŸ Prof. Dr. Guido Ritter, der am Fachbereich Oecotrophologie der FH Mรผnster in den Bereichen Lebensmittelrecht, Lebensmittelsensorik und (nachhaltige) Produktentwicklung tรคtig ist. Ihm zufolge eignen sich pflanzliche Ersatzprodukte grundsรคtzlich fรผr den Einsatz im Cook & Chill-Verfahren. Er verweist aber darauf, dass es โ€žaufgrund der schnellen Temperaturรคnderung von heiรŸ auf unter 4ยฐC Einschrรคnkungen in der Konsistenz von knusprig-frittierten oder panierten Menรผkomponenten kommen kannโ€œ. ร„hnlich wie bei den gรคngigen Fleischprodukten auch. Dieses Phรคnomen sei lange bekannt und habe nichts mit dem Einsatz pflanzlicher Rohwaren zu tun.

Was ist zu beachten, damit sich pflanzliche Ersatzprodukte beim Cook & Chill-Prozess nicht zersetzen? Guido Ritter von der FH Mรผnster weiรŸ Rat.
Quelle: Wilfried Gerharz

โ€žGerade Zusatzstoffe versucht man in den aktuellen Rezepturentwicklungen durch eine bessere Kombination verschiedener pflanzlicher Proteine wieder aus der ยญZutatenliste zu entfernen.โ€œ

Prof. Dr. Guido Ritter, Fachbereich Oecotrophologie, FH Mรผnster

Texturรคnderung von Ersatzprodukten mรถglich

โ€žZusรคtzlich kann aber auch die Struktur der besonderen Kombination aus pflanzlichen Proteinen leiden und sich die Wasserbindung und Festigkeit durch den Temperatursturz anders verรคndern als bei Fleischfasernโ€œ, erlรคutert der Oecotrophologe. โ€žDas Ergebnis ist dann im Biss anders als das tierische Originalprodukt.โ€œ
Der Tischgast soll allerdings keinen Unterschied erkennen, wenn er ein Ersatzprodukt isst. Pflanzliche Wurst- und Fleischprodukte wollen Guido Ritter zufolge die Textur und das Mundgefรผhl von tierischen Lebensmitteln entsprechend imitieren. โ€žEine pflanzliche Wurst darf nicht zu sprรถde werden und brรถckeln, aber sich auch nicht gummiartig und zรคh im Mund anfรผhlenโ€œ, zeigt er Negativbeispiele auf. โ€žAufgrund der langen Gewรถhnung an das tierische Original sind wir sehr sensibel in der Wahrnehmung von Unterschieden in der Textur.โ€œ
Probleme kรถnnen bei der Regenerierung auftreten, da ggf. die Wasserbindung und Emulsionsfรคhigkeit der pflanzlichen Proteine nicht ausreicht. Emulgatoren und/oder Verยญdickungs- und Bindemittel kรถnnen hier helfen eine Strukturverรคnderung zu verhindern.

Problem Rohstoffqualitรคt

Oftmals bilden Hรผlsenfrรผchte wie Linsen, Erbsen und Lupinen oder Weizen bzw. deren Mehl die Basis fรผr pflanzliche Ersatzprodukte. โ€žWeizen- oder Hรผlsenfruchtmehle unterliegen natรผrlichen Schwankungen in der Zusammensetzung und damit in der Wirkung ihrer technologischen Eigenschaftenโ€œ, zeigt Guido Ritter eine Problematik auf, die die Konsistenz der Ersatzprodukte ins Wanken bringen kรถnnte.

Beim Einsatz von Mehlen mit ihrem natรผrlichen Gehalt an Stรคrken und Ballaststoffen mรผssen die Effekte der Wasserbindung nach einer Temperaturรคnderung insofern besonders geprรผft werden. Die Schlussfolgerung: โ€žIn Fleischersatzprodukten werden deshalb zur Standardisierung vermehrt EiweiรŸextrakte oder -isolate eingesetztโ€œ, erklรคrt Guido Ritter und ergรคnzt: โ€žVor allem der knackige, saftige Biss einer pflanzlichen Wurst ist durch den Cook & Chill-Prozess besonders gefรคhrdet.โ€œ
Um die gewรผnschte Konsistenz auch nach dem Cook & Chill-Prozess aus Herunterkรผhlen und Regenerieren auf den Teller und bis zum Gast zu bringen, bestand die Lรถsung bislang aus dem Einsatz der EiweiรŸextrakte und -isolate โ€“ oftmals in Kombination mit Stabilisatoren wie der Methylcellulose, wie der Oecotrophologe weiรŸ. โ€žGerade diese Zusatzstoffe versucht man in den aktuellen Rezepturentwicklungen aber durch eine bessere Kombination verschiedener pflanzlicher Proteine wieder aus der Zutatenliste zu entfernenโ€œ, berichtet er.
Fรผr die Zubereitung im Cook & Chill-Verfahren eignen sich besonders Fleischersatzprodukte wie Bolognese und Burger-Patties, da die Konsistenz im Ausgangsprodukt bereits kleinteilig ist und nicht so entscheidend fรผr den Biss.
Bis zur Reife
Wie viele Anlรคufe braucht es wohl, damit ein selbstproduziertes, pflanzliches Ersatzprodukt den Cook & Chill-Test besteht? โ€žBei knusprigen und gleichzeitig auch saftigen Produkten, die Schnitzel oder Bratwurst ersetzen sollen, ist es wirklich schwierigโ€œ, rรคumt Guido Ritter ein. โ€žDa sind wir auch im Food Lab noch nicht ganz zufrieden mit unseren Produktentwicklungenโ€œ, gibt er einen Einblick. Wenn es um Burger und Bolognese geht, sei eine Rezepturentwicklung mit wenigen Anlรคufen sicher machbar.

Alternative: industrielle Ersatzprodukte

Wer nicht die personelle Zeit hat, in einem langwierigen Prozess sรคmtliche eigene Rezepturen zu testen und die Gelingsicherheit zu erproben, der kann auf den Input der Food-Industrie zurรผckgreifen, denn es gibt bereits eine groรŸe Auswahl an veganen Convenienceprodukten auf dem Markt. โ€žIn der Regel sind diese auf ihre Cook & Chill-Fรคhigkeit getestetโ€œ, weiรŸ der Ernรคhrungswissenschaftler. โ€žWer aber die Rezepthoheit behalten will und sich nicht auf wenige Produkte mit vielen Hilfsstoffen einschrรคnken mรถchte, dem empfehlen wir eigene Rezepte zu entwickelnโ€œ, betont er.
Zusammen mit dem Innovationsraum NewFoodSystems bietet das Food Lab Workshops fรผr Profikรถche an, damit diese das Potenzial alternativer Proteine fรผr Ersatzprodukte besser kennenlernen.

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Bild von Sarah Hercht

Sarah Hercht

Sarah Hercht ist als Chefredakteurin des Fachmagazins Schulverpflegung, stv. Chefredakteurin des Fachmagazins GVMANAGER und als verantwortliche Redakteurin fรผr die Online-Auftritte unter dem Dach von blgastro.de verantwortlich. Der Schritt in die nun mehr als zehnjรคhrige journalistische Tรคtigkeit wurde durch ein Studium der Oecotrophologie (B.Sc.) geebnet, in dem sie sich in ihrer Abschlussarbeit bereits mit den verschiedenen Produktionssystemen im Bereich der Schulverpflegung widmete โ€“ und Wissen aus dieser Zeit, auch heute noch in die redaktionelle Tรคtigkeit einflieรŸen lรคsst. Ihr Ziel: relevante Informationen fรผr die Praktiker der Branche praxisgerecht und leicht verstรคndlich zu Verfรผgung zu stellen, damit diese direkt in die Umsetzung gehen kรถnnen โ€“ um Herausforderungen des Alltags zu Chancen der Zukunft zu machen.

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