Projekten der Berliner Ernährungsstrategie wie die Kantine Zukunft Berlin droht angesichts von Sparmaßnahmen das Aus.
Quelle: Kantine Zukunft Berlin

Berliner Ernährungsstrategie droht Aus wegen Sparmaßnahmen

Die kommunale Berliner Ernährungsstrategie gilt – wie Kopenhagen für Dänemark – als Modellprojekt für Deutschland. Doch aufgrund von Sparmaßnahmen droht dem Konzept, das zahlreiche Städte und Kommunen bundesweit inspiriert hat, ähnliche Wege zu gehen, ein massiver Rückschritt oder gar das Aus. Denn der Berliner Senat plant drastische Kürzungen des Haushalts, der die „Förderung der Umsetzung der Ernährungsstrategie“ umfasst.

Philipp Stierand appelliert alle um ihre Unterstützung gegen die Sparmaßnahmen in puncto Berliner Ernährungsstrategie.
Quelle: Speiseräume

„Was das bedeutet? Wir wissen es nicht. Es könnte sein, dass wir im nächsten Jahr deutlich weniger Küchen beraten, auf Workshops und Veranstaltungen verzichten und unsere Weiterentwicklungspläne auf Eis legen müssen.
Die Gemeinschaftsgastronomie Berlins verdient Planungssicherheit und Engagement – keine Einschnitte. Die Projekte der Berliner Ernährungsstrategie funktionieren nur in ihrem Zusammenspiel – dieser holistische Ansatz verdient breite Anerkennung, Unterstützung und eine verlässliche Finanzierung.“

Philipp Stierand, Gründer und Geschäftsführer von Speiseräume

Sparmaßnahmen betragen fast 50 Prozent

Der ursprünglich geplante Ansatz von 2,227 Millionen Euro für 2025 soll im Zuge der Sparmaßnahmen um knapp 1 Million Euro reduziert werden. Diese Kürzung entspricht fast 50 Prozent des Budgets und gefährdet nicht nur einzelne Projekte, sondern den gesamtheitlichen Ansatz der Ernährungsstrategie, der weit über Berlin hinausstrahlt.

Zukunft der Kantine Zukunft Berlin ungewiss

Projekten der Berliner Ernährungsstrategie wie die Kantine Zukunft Berlin droht angesichts von Sparmaßnahmen das Aus.
Quelle: Kantine Zukunft Berlin

Besonders dramatisch: Die Kürzungen betreffen vor allem Projekte und Initiativen, die bereits rechtskräftige Zuwendungsbescheide erhalten haben, wie die Kantine Zukunft. Organisationen, die sich fest auf diese Mittel verlassen und ihre Arbeit darauf ausgerichtet haben, stehen nun vor großer Unsicherheit.

„Was das bedeutet? Wir wissen es nicht. Es könnte sein, dass wir im nächsten Jahr deutlich weniger Küchen beraten, auf Workshops und Veranstaltungen verzichten und unsere Weiterentwicklungspläne auf Eis legen müssen“, berichtet beispielsweise Philipp Stierand, Gründer und Geschäftsführer von Speiseräume, dem Forschungs- und Beratungsunternehmen, welches das Projekt Kantine Zukunft Berlin im Auftrag des Berliner Senats durchführt. „Das wäre ein fatales Signal für die Gemeinschaftsgastronomie in Berlin und weit darüber hinaus. Berliner Küchen, Träger und Institutionen vertrauen auf unsere Beratung – mit Begleitungen, die oft ein halbes Jahr oder länger dauern, und Projekten, die Monate oder sogar Jahre an Vorbereitung brauchen. Dieses Vertrauen basiert auf Verlässlichkeit“, fährt er fort.

Die Erfolge der Kantine Zukunft können sich sehen lassen: Seit 2019 hat das 17-köpfige Team, bestehend aus großteils speziell ausgebildeten Küchentrainern, über 150 Küchenteams beraten, um die öffentliche Gemeinschaftsverpflegung hochwertiger, nachhaltiger und zukunftsfähiger zu machen. „Das Know-how ist deutschlandweit gefragt – und es braucht einen stabilen Förderrahmen, um es für die Kantine Zukunft und Berlin zu sichern“, betont Philipp Stierand in Anspielung darauf, dass die Kantine Zukunft nicht nur in Berlin Maßstäbe gesetzt, sondern auch Städte wie München, Bremen und Leipzig inspiriert hat.

„Die Gemeinschaftsgastronomie Berlins verdient Planungssicherheit und Engagement – keine Einschnitte. Die Projekte der Berliner Ernährungsstrategie funktionieren nur in ihrem Zusammenspiel – dieser holistische Ansatz verdient breite Anerkennung, Unterstützung und eine verlässliche Finanzierung“, appelliert Philipp Stierand.

Projekte der Berliner Ernährungsstrategie gefährdet

Die Sparmaßnahmen sind ein schwerwiegendes Signal – nicht nur an die betroffenen Organisationen, sondern an alle Akteure, die sich in Berlin für eine zukunftsfähige Ernährung einsetzen.
Mit den Mitteln dieses Haushaltstitels werden neben der Kantine Zukunft Berlin zahlreiche Projekte und Initiativen gefördert, die täglich für eine gesunde, nachhaltige und gerechte Ernährung arbeiten. Dazu gehören unter anderem:

  • Die Verbraucherzentrale Berlin, die Ausgabekräfte der Grundschul-Caterer schult.
  • Die Ernährungscoaches von Restlos Glücklich und die Sarah-Wiener-Stiftung, die in sozial benachteiligten Kiezen Ernährungsbildung voranbringen.
  • LebensMittelPunkte, die eine nachhaltige Lebensmittelverteilung fördern.
  • Klima-Acker 2.0 – Bildung mit dem Weltacker.

Viele weitere, in den letzten Jahren geförderte Projekte lassen sich hier nachlesen

Berlin hat sich über Jahre hinweg als zentrale Plattform für progressive Ernährungspolitik etabliert. Schon vor Einführung des spezifischen Haushaltstitels unterstützte die Verbraucherschutzabteilung zahlreiche Initiativen. Programme wie die Wertewochen oder das Forum Gutes Essen legten dafür wichtige Grundlagen. Mit der Förderung von Pionieren wie der Markthalle Neun, dem Ernährungsrat und Die Gemeinschaft entstand eine dynamische Ernährungsbewegung, die heute weit über die Grenzen der Hauptstadt hinaus wirkt.

Was kann man dagegen tun?

Die Sparmaßnahmen sind nicht nur ein schwerer Schlag für Berlin, sondern auch ein fatales Signal an andere Kommunen, die sich an der Hauptstadt orientieren. Daher appelliert die Kantine Zukunft daran, sie beim Kampf gegen die Sparmaßnahmen zu unterstützen.

Wozu ruft die Kantine Zukunft auf?

  • Kontaktieren Sie Ihre politischen Vertreter. Fordern Sie die Berliner Abgeordneten auf, die geplanten Kürzungen am Etat der Ernährungsstrategie zurückzunehmen und Berlin als Vorreiterin in der Ernährungspolitik nicht zu schwächen.
  • Teilen Sie Beiträge in sozialen Medien oder verfassen Sie eigene Aufrufe. Jede Stimme zählt, um den öffentlichen Druck zu erhöhen.
  • Unterstützen Sie Proteste. Der Deutsche Gewerkschaftsbund und andere Organisationen planen am 5. Dezember eine gemeinsame Erklärung und Aktionen gegen die Kürzungen.

Erste Reaktionen

Statement Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) e.V.

Zu den aktuellen Kürzungsplänen des Berliner Senats erklärt Michael Wimmer, Geschäftsführer FÖL:

(…) „Das Aushängeschild der Berliner Ernährungsstrategie leistet mit seinem prozessbegleitenden Beratungsansatz Hilfe zur Selbsthilfe, die es der Gemeinschaftsgastronomie ermöglicht, durch ein attraktives Angebot die Essensteilnahme zu steigern und damit die wirtschaftliche Stabilität zu sichern – auch in Zeiten stabiler Homeoffice-Zahlen.

Herausragend an dem Ansatz der Kantine Zukunft ist jedoch, dass über diesen Beratungsansatz die intrinsische Motivation bei den Verantwortlichen in Einkauf, Geschäftsführung, Küche bis hin zu den Ausgabekräften geweckt wird. So kreieren sie budgetneutral mit frischen, ökologischen und saisonalen Produkten aus der Region nachhaltig bessere, geschmacklich überzeugende und gesunde Gerichte.

Die öffentliche Hand hat im Bereich der Gemeinschaftsversorgung eine besondere Gemeinwohl-Verantwortung, da es nicht nur um soziale Teilhabe und den Anspruch auf eine gesunde Ernährung, sondern um eine möglichst ideologiefreie und harmonische Transformation unserer Ernährung geht. Der Berliner Senat sollte sich dieser Verantwortung und Außenwirkung bewusst sein!“

info

Studie: Kantine Zukunft wirkt nachhaltig

Ein steigender Bio-Anteil in Berliner Kitas ist einer der Erfolge, der laut einem Evaluationsbericht von Schmidt Evaluation auf das Projekt Kantine Zukunft Berlin zurückzuführen ist. Mehr dazu lesen Sie hier.

Quelle: Kantine Zukunft/B&L MedienGesellschaft

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