Wie schwer fällt uns der Verzicht auf bestimmte Lebensmittel? Am Beispiel von Rindfleisch sollte das ein gemeinsames Projekt der Universität Regensburg und des Studierendenwerks Niederbayern/Oberpfalz (STWNO) in Erfahrung bringen. So gab es in den vom STWNO betriebenen Mensen acht Wochen lang – vom 28. Oktober bis 20. Dezember 2024 – weder Currywurst noch Hackfleisch oder sonstige Gerichte mit Rindfleischanteil.
„Das Projekt ist ein Experiment. Wir wollten schauen: Wie sind die Befindlichkeiten der Mensagäste? Was fällt ihnen auf? Dabei geht es nicht darum, den Menschen etwas zu verbieten, sondern das eigene Verhalten im Hinblick auf die Umwelt zu reflektieren und Stellschrauben für eine nachhaltigere Zukunft zu finden.“
Prof. Dr. Gunther Hirschfelder, Professur für Vergleichende Kulturwissenschaft, Universität Regensburg
Ankündigungen sorgen gewöhnlich für Kritik
Das Ungewöhnliche daran: Die Aktion wurde bei den Mensagästen in Regensburg (UR und OTH), der Universität Passau, des TUM Campus Straubing und der Hochschule Landshut nicht kommuniziert. Denn bisherige Erfahrungen zeigten, dass angekündigte Aktionen des STWNO, wie eine vegane Woche, oft negative Reaktionen hervorgerufen haben. Sie wurden als eine Einschränkung der Entscheidungsfreiheit wahrgenommen wurden.
Auf dieser Grundlage stellte sich Prof. Dr. Andreas Roider, Beauftragter der Universitätsleitung für Nachhaltigkeit an der Universität Regensburg, die Frage: „Inwieweit würde es überhaupt jemand merken, wenn es eine Weile – unangekündigt – keine Rindfleischprodukte in der Mensa geben würde, z. B. auch keine Currywurst?“. Und tatsächlich: Rückmeldungen von Seiten der Gäste blieben völlig aus.
Wie lässt sich die ausbleibende Kritik wissenschaftlich erklären?
Obwohl über einen Zeitraum von acht Wochen an den fünf Standorten 300.000 Essen ausgegeben wurden, blieben Rückmeldungen und Reaktionen der Gäste beim Studierendenwerk aus. „In der Tat haben uns keine negativen Rückmeldungen oder Nachfragen zu fehlenden Rindfleischgerichten in der Mensa erreicht“, sagt Markus Bauer, Produktentwickler des STWNO.
„Das Projekt ist ein Experiment. Wir wollten schauen: Wie sind die Befindlichkeiten der Mensagäste? Was fällt ihnen auf?“, berichtet Kulturwissenschaftler Prof. Dr. Gunther Hirschfelder, von der Universität Regensburg, der die rindfleischfreien Wochen aus wissenschaftlicher Perspektive begleitet hat. Dabei ginge es nicht darum, den Menschen etwas zu verbieten, sondern das eigene Verhalten im Hinblick auf die Umwelt zu reflektieren und Stellschrauben für eine nachhaltigere Zukunft zu finden. Seit Januar 2025 sind daher Rindfleischprodukte in den Mensen des STWNO wieder im Angebot.
Wie kam es zu der Aktion?
Die Idee zum Verzicht auf Rindfleisch ergab sich aus seiner – laut klassischen CO2-Datenbanken – besonders negativen Umweltbilanz. „Studien zeigen, dass bestimmte Nahrungsmittel aus ganz unterschiedlichen Gründen einen überproportional negativen Effekt auf die Umwelt haben, insbesondere Rindfleisch“, begründet Prof. Dr. Andreas Roider, Beauftragter der Universitätsleitung für Nachhaltigkeit, der die Aktion initiierte. Wobei es für die Umweltbilanz natürlich einen Unterschied mache, ob es sich um regionales Rindfleisch handelt oder nicht. Aus diesem Grund bezieht das STWNO schon jetzt Rindfleisch von regionalen Betrieben und kooperiert mit Projekten wie Juradistl zur Förderung der Biodiversität in der Oberpfalz.
Was ist das Ziel des Verzichts auf Rindfleisch?
Ziel der Aktion wird es sein, nach der Projektlaufzeit Diskussionen bei den Studierenden und Mitgliedern der Hochschulen zum eigenen Essverhalten anzustoßen, um bewusstere Entscheidungen bei der Ernährung im Hinblick auf mehr Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit zu treffen.
Denn Nachhaltigkeit ist im Selbstverständnis der Universität Regensburg verankert. In allen Handlungsfeldern der Universität gibt es gemäß ihrer 2023 verabschiedeten Nachhaltigkeitsstrategie laufend Anstrengungen noch nachhaltiger zu werden und ein entsprechendes Bewusstsein zu schaffen – auch in den Mensen. Regionale, ökologische und fair gehandelte Lebensmittel zu verwenden, sowie Pfandsysteme in den Cafeterien anzubieten und Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung durchzuführen, ist daher selbstverständlich.
Ist die Kuh schuld am Klimawandel?
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Quelle: B&L MedienGesellschaft/STWNO