Seit August 2024 lรคuft das Projekt Mehr Bio auf der Wiesn: Wie ist der Status quo und was bedeutet es fรผr ein nachhaltiges Oktoberfest?
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Oktoberfest 2025: Brezen, Bier & Bio โ€“ Johanna Zierl รผber das Projekt โ€žMehr Bio auf der Wiesnโ€œ

โ€žGemeinsam werden wir daran arbeiten, mehr Bio auf das grรถรŸte und schรถnste Volksfest der Welt zu bringenโ€œ, so freute sich die gelernte und studierte Landwirtin Johanna Zierl zum Start des Projektes โ€žMehr Bio auf der Wiesnโ€œ uฬˆber ihre neue Aufgabe als Wertschรถpfungsketten-Managerin.

Ihre Aufgabe ist es, die Akteure entlang der gesamten Bio-Wertschรถpfungskette zu vernetzen โ€“ vom landwirtschaftlichen Betrieb uฬˆber Verarbeiter und Hรคndler bis hin zu den Wiesnwirten. Sie identifiziert Potenziale, unterstuฬˆtzt bei der Umsetzung und berรคt zu Zertifizierungen und Produktverfuฬˆgbarkeiten.

Das Projekt โ€žMehr Bio auf der Wiesnโ€œ

โ€žMehr Bio auf der Wiesnโ€œ lรคuft von August 2024 bis Juli 2027 und wird vom Bundesministerium fuฬˆr Landwirtschaft, Ernรคhrung und Heimat im Rahmen des Bundesprogramms ร–kologischer Landbau (Bร–L) gefรถrdert.

Das Projekt ist ein gemeinsames Vorhaben der bayerischen Bio-Branche und der Wiesnwirte der groรŸen Festzelte. Die Projektkoordination liegt beim Bioland Landesverband Bayern, der in Zusammenarbeit mit den Partnern der Naturland Zeichen GmbH, dem Tagwerk Fรถrderverein e.V., der Landesvereinigung fuฬˆr den ร–kolandbau in Bayern e.V. (LVร–) und der Vereinigung der Muฬˆnchner Wiesnwirte die Umsetzung vorantreibt. Auch die sogenannten Kleinen Wiesn-Zelte sind im weiteren Sinne dabei.

Wie viel Bio kรถnnen Wiesnbesucher auf dem 190. Oktoberfest von 20. September bis 5. Oktober 2025 nun also erwarten? Was es mit dem Projekt auf sich hat, wie der Status quo der Umsetzung aktuell aussieht und worauf sich die Wiesnbesucher in 2025 freuen kรถnnen, dazu hat Johanna Zierl, die zusรคtzlich als Vorstรคndin bei Junges Bioland e.V. aktiv ist, einen Einblick gewรคhrt.

Die Verbundpartner des Projektes Mehr Bio auf der Wiesn zum Auftakt am Biobauerntag 2024 (v.l.) Oliver Alletsee (Vorsitzender Bioland Landesverband Bayern), Thomas Lang (Vorsitzender Bioland Landesverband Bayern sowie Vorsitzender der LVร– Bayern und des Bร–LW), Karin Romeder (Mitglied der Geschรคftsleitung Naturland Zeichen GmbH), Johanna Zierl (Projektleiterin โ€žMehr Bio auf der Wiesn"), Maria Hohenester (Geschรคftsfรผhrerin der LV Bayern) Wilhelm Heilmann (Geschรคftsfรผhrer Naturland Zeichen GmbH), Peter Inselkammer (Wiesnwirt des Armbrustschรผtzenzelts und Sprecher der Wiesnwirte), Michael Rittershofer (Geschรคftsfรผhrer TAGWERK e. V.)
Die Verbundpartner zum Projektauftakt (v.l.): Oliver Alletsee (Vorsitzender Bioland Landesverband Bayern), Thomas Lang (Vorsitzender Bioland Landesverband Bayern/Vorsitzender der LVร– Bayern und des Bร–LW), Karin Romeder (Mitglied der Geschรคftsleitung Naturland Zeichen), Johanna Zierl, Maria Hohenester (Geschรคftsfรผhrerin der LV Bayern), Wilhelm Heilmann (Geschรคftsfรผhrer Naturland Zeichen), Peter Inselkammer (Wiesnwirt des Armbrustschรผtzenzelts und Sprecher der Wiesnwirte), Michael Rittershofer (Geschรคftsfรผhrer TAGWERK e. V.). (Quelle: Tanja Hartlieb)

Frau Zierl, welches Ziel verfolgen Sie mit dem Projekt โ€žMehr Bio auf der Wiesnโ€œ? Wo liegt der Schwerpunkt des Projekts?

Das Ziel ist klar: Wir wollen den Anteil an Bio-Lebensmitteln auf dem Muฬˆnchner Oktoberfest steigern. Dabei geht es nicht nur um ein โ€žgruฬˆnes Imageโ€œ, sondern um echte Verรคnderung โ€“ entlang der gesamten Wertschรถpfungskette. Vom Bio-Kaiserschmarrn bis hin zur Petersilie auf dem Teller soll mรถglichst viel aus รถkologisch-regionaler Landwirtschaft stammen.

Der Schwerpunkt liegt deshalb auf Vernetzung: Wir bringen Landwirtschaft, Verarbeitung, Handel und Gastronomie gezielt zusammen, um realistische Mรถglichkeiten und Partnerschaften auf Augenhรถhe zu fรถrdern.

Das Oktoberfest ist als grรถรŸtes Volksfest der Welt auch immer ein Vorbild. Wenn es gelingt, hier mehr Bio-Regionalitรคt sichtbar zu machen, kann das auch Signalwirkung uฬˆber Muฬˆnchen hinaus haben โ€“ fuฬˆr andere Veranstaltungen, fuฬˆr die Gastronomie, fuฬˆr Verbraucherinnen und Verbraucher. Wir mรถchten zeigen, dass Genuss, Tradition und Nachhaltigkeit sehr wohl zusammenpassen.

Warum ist gerade jetzt der richtige Zeitpunkt fuฬˆr ein solches Projekt?

Die Nachfrage nach Bio steigt, das Bewusstsein fuฬˆr nachhaltige Ernรคhrung wรคchst โ€“ auch bei den Wiesngรคsten. Gleichzeitig ist die Branche bereit: Es gibt viele engagierte Bio-Betriebe, die liefern kรถnnen. Und die Wiesnwirte sind offen fuฬˆr Verรคnderung, wenn sie praktikabel ist. Diese Dynamik wollen wir nutzen.

Wie viele Zelte hatten bereits vor Projektstart Bio-Lebensmittel im Einsatz?

Tatsรคchlich gab es schon Bio auf der Wiesn โ€“ viel im Hintergrund, aber einiges stand auch schon auf den Speisekarten. Einige Zelte arbeiten mit ganzen Bio-Gerichten, andere setzen punktuell auf Bio-Produkte wie Brot, Fleisch oder Molkereiprodukte.

Zum Projektstart im August 2024 waren schon mehr als zehn der groรŸen Zelte Bio-zertifiziert und durften so die Bio-Produkte auf ihren Speisekarten ausloben. Denn auch auf der Wiesn gilt: Wo Bio draufsteht, ist auch Bio drin. Dafuฬˆr gibt es die Bio-Kontrolle โ€“ auch mitten im Trubel des Festbetriebs!

Gibt es bereits einen Vorreiter in puncto Bio unter den Wiesnwirten/-zelten?

Ja, es gibt einige, die schon lange Pionierarbeit leisten. Diese haben einfach mal angefangen und sich mit der Zeit ihren Erfahrungsschatz aufgebaut. Gerade die Ochsenbraterei, die seit 15 Jahren Bio-Produkte auf der Wiesn einsetzt, ist vergleichsweise schon sehr weit.

Herzlichen Dank fรผr das Gesprรคch!

Johanna Zierl, Wertschรถpfungsketten-Managerin des Projektes Mehr Bio auf der Wiesn.
(Quelle: Johanna Zierl)

โ€žAuch auf der Wiesn gilt: Wo Bio draufsteht, ist auch Bio drin. Dafuฬˆr gibt es die Bio-Kontrolle โ€“ auch mitten im Trubel des Festbetriebs!โ€œ

Johanna Zierl

Oktoberfest รถkologisch

Seit 1991, als Regelungen zur Abfallreduzierung in die Betriebsvorschriften des Oktoberfests aufgenommen wurden, hat sich viel getan. Mit anderen stรคdtischen Referaten wurden Strategien entwickelt, um das Volksfest รถkologisch mรถglichst vertrรคglich zu gestalten.

Seit 1995 kรถnnen Bewerber um einen Platz auf der Wiesn mit โ€žรถkologischer Vertrรคglichkeitโ€œ bei der Zulassung punkten. Berรผcksichtigt werden bei der Bewertung u. a. die Verwendung biologisch abbaubaren Hydraulik-ร–ls, der Verkauf von Produkten aus regionalem und รถkologischem Anbau oder EnergiesparmaรŸnahmen, zum Beispiel die Installation vonย  Solaranlagen, der Einsatz von Elektro-Fahrzeugen sowie die Zertifizierung als CO2-neutraler Betrieb insgesamt oder – bei den Fahrgeschรคften – von CO2-neutralen Transporten.
Nachfolgend sind einige dieser umgesetzten MaรŸnahmen aufgefรผhrt:

Bio-Schmankerl auf den Wiesntischen

Fรผr das Oktoberfest sind zahlreiche Betriebe nach der EU-ร–ko-Verordnung Nr. 834/2007 zertifiziert und bieten eine breite Palette an Volksfestspezialitรคten in Bio-Qualitรคt: Vom klassischen Hendl bis zur gebrannten Mandel, von der Bratwurst bis zur Steaksemmel, von der Schokobanane bis zur Waffel. Im Paulaner Festzelt, dem Volkssรคngerzelt Schรผtzenliesl, der Fischer Vroni (Anm. d. Red.: Wir machten 2024 den Geschmackstest) und in der Hรผhner- und Entenbraterei Ammer werden beispielsweise ausschlieรŸlich Bio-Hendl verkauft. Viele Produkte tragen das Label โ€žGeprรผfte Qualitรคt Bayernโ€œ oder das โ€žBayerische Bio-Siegelโ€œ.

Auch der Verkauf von CO2-neutralen Produkten wird positiv bewertet. Dazu kommt ein hohes Angebot an veganen Produkten, die es dieses Jahr auf der Wiesn gibt. Ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Klimaneutralitรคt.

Klimaneutrale Festzelte

Seit 2016 steht mit der Hรผhner- und Entenbraterei Ammer das erste klimaneutrale Festzelt auf der Wiesn. Kompensiert werden hier nicht vermeidbare CO2-Emissionen durch Projekte in Nigeria (Effiziente Kochsysteme fรผr Familien), Indien (Stromerzeugung durch Senfernteresten) und Kenia (Bau von Biogasanlagen). 2018 folgte die Hรผhnerbraterei โ€žZum Stiftlโ€œ. Ihre CO2-Emissionen werden durch ein Bergwaldprojekt im Oberallgรคu und ein Waldschutzprojekt in PapuaNeuguinea ausgeglichen. 2019 ist zusรคtzlich Kufflers Weinzelt als โ€žklimaneutraler Festzeltbetriebโ€œ zertifiziert worden. Dabei werden alle CO2-Emissionen รผber Klimaschutzprojekte ausgeglichen.

AuรŸerdem sind das Marstall Festzelt, das Cafรฉ Kaiserschmarrn, die Kรคfer Wiesn-Schรคnke und die Mรผnchner Stubn mittlerweile klimaneutral. Genauso wie die Hรผhnerbraterei Poschner.

Versorgung mit ร–kostrom

Seit 24 Jahren werden alle รถffentlichen Bereiche und Einrichtungen mit SWM-ร–kostrom versorgt, seit 2012 auch alle Beschickerbetriebe. Zwei Drittel von ihnen leisten zudem mit einem freiwilligen Aufpreis ihren Beitrag zum weiteren Ausbau der regenerativen Stromerzeugung. In Anlagen, die regenerative Energiequellen wie Wasserkraft nutzen, wird die dem Kundenverbrauch entsprechende Strommenge erzeugt und in das europรคische Stromnetz eingespeist.

Abfallreduzierung fรผr ein nachhaltiges Oktoberfest

Die beiden Sรคulen des Abfallvermeidungskonzeptes sind das Verbot von Einweggeschirr sowie die strikte Trennung des Abfalls. Auf dem Oktoberfest ist seit 1991 ausschlieรŸlich Mehrweggeschirr und -besteck zugelassen. Erfrischungsgetrรคnke werden nur in Mehrwegflaschen gegen ein Mindestpfand von einem Euro abgegeben. Der Verkauf von Getrรคnken in Dosen ist verboten. Bei der Anlieferung von Lebensmitteln und Bierkrรผgen werden wiederverwendbare Transportbehรคltnisse benรผtzt.

Alle Abfรคlle werden sortiert und die Wertstoffe in die dafรผr vorgesehenen Sammelbehรคlter gebracht. Die gastronomischen GroรŸbetriebe entsorgen Altglas รผber eigene Container. Die anfallenden Kรผchen- und Speisereste werden getrennt erfasst und gesondert verwertet. Die stรคdtische StraรŸenreinigung, die mobil mit Elektrofahrzeugen und einer Kleinkehrmaschine tรคglich Kehricht und Mรผllablagerungen beseitigt, vermeldete eine Verringerung des Reinigungs- und Entsorgungsaufwands in Hรถhe von 247 Tonnen (2008) auf etwa 91 Tonnen (2023).

Weitere MaรŸnahmen rund um ein nachhaltiges OKtoberfest finden Sie auf dieser Website.

Quelle: B&L MedienGesellschaft, Oktoberfest.de

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Sarah Hercht

Sarah Hercht ist als Chefredakteurin des Fachmagazins Schulverpflegung, stv. Chefredakteurin des Fachmagazins GVMANAGER und als verantwortliche Redakteurin fรผr die Online-Auftritte unter dem Dach von blgastro.de verantwortlich. Der Schritt in die nun mehr als zehnjรคhrige journalistische Tรคtigkeit wurde durch ein Studium der Oecotrophologie (B.Sc.) geebnet, in dem sie sich in ihrer Abschlussarbeit bereits mit den verschiedenen Produktionssystemen im Bereich der Schulverpflegung widmete โ€“ und Wissen aus dieser Zeit, auch heute noch in die redaktionelle Tรคtigkeit einflieรŸen lรคsst. Ihr Ziel: relevante Informationen fรผr die Praktiker der Branche praxisgerecht und leicht verstรคndlich zu Verfรผgung zu stellen, damit diese direkt in die Umsetzung gehen kรถnnen โ€“ um Herausforderungen des Alltags zu Chancen der Zukunft zu machen.

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