Der CEO von Chedi Hospitality Stephan Schupbach bringt fast vier Jahrzehnte Führungserfahrung auf Eigentümer- wie auch Betreiberseite in der Luxushotellerie mit. International anerkannt für seine Fähigkeit, strategisches Wachstum voranzutreiben und Marken richtungsweisend zu positionieren, hat Stephan Schupbach weltweit maßgeblich an der Entwicklung namhafter Hotelprojekte mitgewirkt.
Herr Schupbach, Sie sind seit vielen Jahren in der internationalen Luxushotellerie tätig. Welche Erfahrungen haben Sie am meisten geprägt – und welche Aspekte davon bringen Sie bei Chedi Hospitality ein?
Ich bin in einem Familienunternehmen im Gastgewerbe in der Schweiz aufgewachsen und habe daher schon früh gelernt, dass echter Service auf Bescheidenheit, Präzision und Sorgfalt basiert. Diese Grundlage hat meinen Führungsstil geprägt: Ich bleibe nah am Geschehen, respektiere jede Rolle und glaube, dass Exzellenz durch Beständigkeit erreicht wird.
Beruflich wurde meine Perspektive aus verschiedenen Blickwinkeln geprägt, durch Stationen bei der Doğuş Group, Wasl Hospitality & Leisure, One&Only, Jumeirah und The Ritz Carlton – Eigentümerschaft, Betrieb und Marke. Bei Doğuş habe ich ein tiefes Verständnis für strategische Investitionsdisziplin und die Sichtweise des Eigentümers gewonnen. Bei Wasl habe ich gesehen, wie die Entwicklung der Hotellerie die touristische Struktur und die langfristige Identität einer Stadt stärken kann.
Meine Jahre bei Jumeirah waren besonders prägend, da ich das Privileg hatte, eng mit der Königsfamilie und der Führung Dubais zusammenzuarbeiten und aus erster Hand zu erleben, wie Vision, Ehrgeiz und Gastfreundschaft zusammenkommen können, um den weltweiten Ruf einer Nation zu prägen. Diese Erfahrungen haben mir den Wert von kulturellem Respekt, zielgerichteter Innovation und dem Streben nach Exzellenz vermittelt, die über die Marke selbst hinausgehen.
Was ich heute zu Chedi Hospitality mitbringe, ist eine Mischung aus Schweizer Präzision, globaler Sensibilität und operativer Empathie. Ich glaube, dass Führung im Gastgewerbe bedeutet, nah am Geschehen zu bleiben, zuzuhören, zu leiten und sicherzustellen, dass jede Entscheidung, von der Architektur bis zum Ablauf des Service, letztendlich das Gefühl der Ruhe und Zugehörigkeit der Gäste verstärkt.
Was hat Sie dazu bewogen, die Leitung von Chedi Hospitality zu übernehmen?
Zwei Gründe. Erstens: ein unverwechselbares Design und eine Service-DNA, die nicht aufdringlich ist. Zweitens: die Möglichkeit, sinnvoll zu expandieren – diszipliniertes Wachstum in Märkten, in denen wir durch Innovation, adaptive Wiederverwendung und Umwandlungen einen echten Mehrwert für die Eigentümer schaffen können.
Sie sind Schweizer. Inwiefern beeinflusst Ihr Hintergrund Ihr Verständnis von Gastfreundschaft und Servicekultur?
Schweizer Gastfreundschaft steht für Präzision, Zuverlässigkeit und Respekt vor dem Handwerk. Ich bin in einer Kultur aufgewachsen, in der Exzellenz nie improvisiert, sondern gelernt, praktiziert und durch Lehre weitergegeben wurde. Diese Disziplin hat mich gelehrt, dass wahrer Service durch Beständigkeit und Sorgfalt erreicht wird, die mit ruhiger Zuversicht erbracht werden.
Während meiner gesamten Karriere habe ich diese Werte mit mir getragen – Liebe zum Detail, Pünktlichkeit und Bescheidenheit im Handwerk. Sie bringen Struktur und Ruhe in den Betrieb – und, was noch wichtiger ist, sie schaffen ein Gefühl von Vertrauen und Leichtigkeit sowohl für das Team als auch für die Gäste.
Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben – insbesondere in einer Branche, die sich zwischen Tradition und Wandel bewegt?
Warmherzig, anspruchsvoll, innovativ, einfühlsam und präsent. Ich setze wenige Prioritäten, messe sie rigoros und beseitige Störfaktoren für meine Teams, damit sie die Vision erkennen können. Tradition ist wichtig, ebenso wie Handwerkskunst und Etikette. Ich glaube, dass Werkzeuge den Menschen dienen und nicht umgekehrt. Ich setze neue Technologien ein, wenn sie die Servicezeit, die Prognosen oder die Gäste-Rückgewinnung verbessern.
Welche Rolle spielen für Sie persönliche Präsenz und Empathie in einer zunehmend digitalisierten Hotelwelt?
Sie sind unersetzlich. Technologie kann leiten, vorhersagen und personalisieren, aber Vertrauen entsteht durch persönliche Begegnungen.
Wie definieren Sie „Luxus“ im Jahr 2025? Hat sich das Verständnis Ihrer Zielgruppe davon verändert?
Luxus bedeutet heute Zeit, Raum und Urteilsvermögen: großzügige Raumaufteilung, ruhige Akustik, natürliche Materialien und ein Serviceteam, das vorausschauend handelt, ohne aufdringlich zu sein. Aber über das Greifbare hinaus ist Luxus fließender geworden. Er bewegt sich zwischen Momenten der Stille und der Entdeckung, zwischen Design und Natur, zwischen Einsamkeit und Verbundenheit.
Die Gäste von heute suchen nach Sinn und schätzen Orte, an denen sie entschleunigen, durchatmen und sich wieder mit der Kultur, der Natur und sich selbst verbinden können. Ruhe ist in vielerlei Hinsicht zur ultimativen Währung der Wahl geworden.
In einem zunehmend gesättigten Markt: Wie unterscheidet sich Chedi Hospitality von anderen Luxusmarken?
Indem wir weniger tun, aber es besser machen: weniger Schlüssel, ein langsameres Tempo und eine Architektur, die zum Standort passt. Wir vermeiden Copy-Paste-Programme. Unsere Immobilien sind für kontemplative Erlebnisse konzipiert. Man spürt Proportionen, Licht und Materialität sowie einen präzisen, menschlichen und ungezwungenen Service. Für Eigentümer: Disziplin bei den Investitionsausgaben, Know-how in der adaptiven Wiederverwendung und flexible Betriebsmodelle.
Der Personalmangel betrifft die gesamte Branche. Wie positioniert sich Chedi Hospitality als Arbeitgeber, um Talente anzuziehen und zu halten?
Bei Chedi Hospitality gewinnen und binden wir Talente, indem wir Klarheit, Wachstum und Respekt bieten. Klarheit bedeutet, dass jeder nicht nur seine Rolle versteht, sondern auch den Zweck dahinter – wie seine Arbeit zum Gästeerlebnis und zur Markenentwicklung beiträgt. Wachstum entsteht durch strukturiertes Lernen, Mobilität zwischen den Standorten und Mentoring, wodurch Einzelpersonen eine Karriere aufbauen können und nicht nur einen Job ausüben. Und Respekt drückt sich durch die Qualität der Unterkünfte, ausgewogene Arbeitszeiten und echte Anerkennung aus.
In unserem gesamten Portfolio sind mehr als 70 % unserer leitenden Führungskräfte aus den eigenen Reihen hervorgegangen. Wir halten unsere Organisationsstrukturen bewusst schlank, damit Talente sichtbar werden und schneller vorankommen können. Wir investieren auch in Managementschulungen und den Austausch zwischen den Standorten und schaffen so Möglichkeiten für junge Talente, Erfahrungen in verschiedenen Kulturen und Disziplinen zu sammeln.
Letztendlich stellen wir Mitarbeiter aufgrund ihrer Einstellung und Neugier ein und schulen sie in ihren Fähigkeiten. Fähigkeiten können vermittelt werden, aber der Wunsch, zu dienen und Ruhe und Schönheit in unserer Arbeit zu schaffen, ist angeboren. Während wir weltweit weiter expandieren, bleibt unsere Kultur des Vertrauens, der Mentorenbetreuung und der Zugehörigkeit unsere stärkste Strategie zur Mitarbeiterbindung.
Wie wichtig sind Themen wie Schulung, Mentoring oder kulturelle Vielfalt in Ihrer Unternehmensstrategie?
Sie sind absolut zentral. Bei Chedi Hospitality sind Schulung und Mentoring Teil unserer Handwerkskultur. Wir verfolgen einen Ansatz im Stil einer Lehre, bei dem das Lernen praxisorientiert erfolgt und von Führungskräften erwartet wird, dass sie als Mentoren fungieren und ihr Wissen weitergeben.
Wir stellen lokal und international Mitarbeiter ein, um ausgewogene Teams aufzubauen, die unsere Standorte widerspiegeln. Vielfalt ist kein Slogan, sondern unsere Methode, um Gruppendenken zu vermeiden und unseren Gästen aus aller Welt einen authentischen Service zu bieten. Durch den Austausch zwischen verschiedenen Standorten und die Rotation von Führungskräften ermöglichen wir unseren vielversprechenden Kollegen, verschiedene Märkte und Disziplinen kennenzulernen. Dieser Ansatz stärkt sowohl die Leistung als auch die Loyalität und fördert die Entwicklung von Hoteliers, die ruhig und selbstbewusst sind und sich mit dem Handwerk der Gastfreundschaft verbunden fühlen.
Was motiviert Ihrer Meinung nach junge Menschen heute dazu, eine Karriere im Gastgewerbe anzustreben?
Sie wollen Sinn, Tempo und Fortschritt: eine sinnvolle Wirkung auf die Gäste, ein dynamisches Umfeld und einen sichtbaren Weg zum Aufstieg. Als Branche müssen wir moderne Arbeitszeiten, bessere Wohnlösungen, digitale Tools, die den Verwaltungsaufwand reduzieren, und Manager bieten, die coachen statt befehlen. Wenn Menschen schnell lernen können, sich respektiert fühlen und ihren nächsten Schritt sehen, bleiben sie.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Michael Teodorescu
Felicity Black-Roberts im Interview
Wie gehen andere Hotelgruppen mit Themen wie Expansion und Personalmangel um? Dazu haben wir uns unter anderem auch mit Felicity Black-Roberts, SVP of Development EAME bei Hyatt, im Interview unterhalten.