Sebastian Copien im Interview: Ganztierverwertung, Insekten, 3D-gedrucktes Fleisch, Tierwohllabel – wie sieht der Weg hin zu einem nachhaltigen, ethischen Fleischkonsum aus? Experten der Branche – vom kochenden Ganztierverwerter über den veganen Koch bis hin zum Unternehmer für Fleischalternativen – geben einen Einblick.
Im vierten Teil der sechsteiligen Reihe unter dem Motto „Nachhaltiger, ethischer Fleischkonsum: Ist kein Fleisch auch (k)eine Lösung?“ dreht sich alles um Plantbased Food; Interviewpartner ist der vegane Koch Sebastian Copien, der über die pflanzenbasierte Ernährung sagt: „Es kann den meisten eine komplett neue Welt eröffnen, keine tierischen Produkte mehr zu konsumieren.“
Zur Person: Sebastian Copien
Ob als Coach, Referent, Kochbuchautor, Gemüsegärtner, Dozent und Gründer einer Online-Kochschule oder als Co-Founder des Plant Based Institute: Beim veganen Profikoch Sebastian Copien dreht sich alles um die genussvolle vegane Küche und deren Integration in Gastronomie und Privathaushalte. Dabei sieht er Profiküchen bereits auf einem guten Weg.
Große Entwicklung in Profiküchen
Herr Copien, was muss sich in Profiküchen auf dem Weg zu weniger tierischen Produkten ändern?
In den letzten Jahren konnte man in Profiküchen schon eine große Entwicklung sehen. Die meisten Restaurants haben inzwischen mehrere vegetarische und vegane Gerichte auf der Karte. Für viele Köche und Gastronomen ist es wichtig, zu verstehen, dass Gemüse nicht nur als Beilage hervorragend funktioniert, sondern mit ein paar kleinen Tricks zum absoluten Star auf dem Teller wird. Oft sind es die selben Kochtechniken, die bei Zubereitungsarten von Fleisch angewandt werden.
Ohne Frage geht hier viel vom Gast aus. Viele Menschen versuchen immer mehr auf Fleisch zu verzichten und als Koch muss ich mich immer auch etwas an solchen gesellschaftlichen Trends orientieren. Ich bin mir sicher, dass hier in den kommenden Jahren viele tolle Dinge entstehen werden und wir selbst die größten Fleischliebhaber durch die Möglichkeiten der pflanzlichen Küche verblüffen können. Wenn man gut plant, ist es auch wirklich nicht mehr Arbeit. Für viele traditionell sehr fleischlastige Küchen sind es sicherlich viele neue Abläufe und ich denke, aus diesem Grund ist eine Beratung mit einem Profi auf dem Gebiet der veganen Küche sehr sinnvoll. Die Aufgabe von Köchen ist letztlich, die eigenen Gäste glücklich zu machen und die Nachfrage nach veganen Alternativen steigt stark an. Ich denke, die logische Konsequenz ist, dass jedes Restaurant früher oder später vegane Gerichte in seine Karte integrieren muss.
Überkommt Sie manchmal noch selbst die Fleischeslust?
Ich laufe nicht an einem Hähnchen-Imbiss vorbei und mir läuft sofort das Wasser im Mund zusammen – aber ich habe auch nicht des Geschmacks wegen aufgehört, Fleisch zu essen. Ich glaube, die meisten Menschen, die auf Fleisch verzichten, tun dies nicht aus dem Grund, dass es ihnen nicht schmeckt. Ich habe auch als Koch schon viele Jahre Fleisch verarbeitet und bin auch immer noch in Gastro-Küchen unterwegs, in denen mit Fleisch gearbeitet wird.
Aus professioneller Sicht ekelt es mich nicht, wie es bei vielen langjährigen Veganern der Fall ist. Auch wenn es mal gut riechen sollte, reflektiere ich sofort und mir vergeht die Lust wieder. Ich bin der Meinung, wenn sich das alle mit offenem Herzen und offenem Geist anschauen würden, würden viele ebenso handeln, denn es gibt ausreichend bunte und gesunde Alternativen.
Was halten Sie von Fleischalternativen aus Industrie und Labor?
In den letzten Jahren sind wirklich überzeugende Produkte auf den Markt gekommen. Inzwischen findet man auch genügend Fleischalternativen, die aus gesunden und nachhaltigen Inhaltsstoffen bestehen. Ich integriere manche dieser Produkte in meine Rezepte und verarbeite sie so einfach weiter. Ich denke, es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und kann vielen Menschen den Einstieg in eine vorwiegend pflanzliche Ernährung erleichtern.
Auch Cultured Meat, also Fleisch aus dem Labor, wird in den nächsten Jahren immer mehr Einzug in unsere Küchen erhalten. Ich bin gespannt, wie dies sowohl von Menschen, die Fleisch essen, als auch von Veganern und Vegetariern angenommen wird. Die leidfreie Produktion von Fleisch wird jedoch mit Sicherheit viele Menschen, die aus ethischen Gründen aufgehört haben Fleisch zu essen, nochmal vor die Wahl stellen.
Danke für das Gespräch!
Wie sieht ethischer Fleischkonsum für einen “Fairpfleger” aus?
Als BioMentor und stv. Vorsitzender von Slow Food Deutschland steht der Inhaber des Caterers Wackelpeter, Jens Witt, seit über 25 Jahren beruflich ein für gute, saubere und faire Verpflegung. Nichtsdestotrotz muss sich seiner Meinung nach vieles ändern – mehr dazu im Interview mit Jens Witt.
Quelle: B&L MedienGesellschaft