Schon lange sind Ines und Michael Müntjes überzeugte Veganer. Als passionierte Festival-Gänger standen sie, wie viele andere Veggies auch, jahrelang vor dem gleichen Problem: Das Angebot an rein pflanzenbasierter Küche auf Veranstaltungen ist sehr eingeschränkt. Im Zweifel muss man sich mit einer Portion Pommes begnügen. Wirklich befriedigend ist das nicht und gesund schon gar nicht. Eine Alternative musste her: „Zuerst haben wir immer aus Spaß gesagt: Irgendwann machen wir unseren eigenen, veganen Foodtruck auf“, erinnert sich Ines. Als sie und ihr Mann Michael sich 2016 dafür entschieden, ihren Bürojob bei einem Möbeleinzelhandelsunternehmen an den Nagel zu hängen, wurde aus der fixen Idee Realität. Seit dem Frühjahr 2017 tummeln sich die beiden mit ihrem Foodtruck CheVegan auf den Streetfood-Festivals im Ruhrgebiet. Bis dahin hatten sie allerdings die eine oder andere Hürde zu nehmen.
„Der Gründungsprozess war gar nicht so einfach. Am Anfang waren wir mit dem ganzen Papierkram etwas überfordert, vor allem weil man erstmal herausfinden muss, was man alles braucht. Ein normaler Gewerbeschein zum Beispiel reicht nicht. Als Foodtrucker brauchst du eine Reisegewerbekarte, aber das muss man erstmal herausfinden.“ Unterstützung fand Familie Müntjes beim Arbeitsamt. Zusammen mit einem Berater kreierten sie einen detaillierten Business-Plan und nahmen einen Kredit bei der Bank auf. Auf der Suche nach Inspirationen und um zu sehen, was im Streetfood Business funktioniert, besuchten Ines und Michael jedes Wochenende ein anderes Festival. Als der Truck und die ersten Rezepte standen, bewarben sie sich bei verschiedenen Veranstaltern. Die Foodlovers aus Bochum luden sie schließlich zu ihrem ersten Streetfood-Festival ein.
Burger, Bowls & mehr
Angefangen hat CheVegan mit veganen Sandwiches. „Eigentlich wollten wir erst vegane Hot Dogs anbieten, aber das wollte der Veranstalter nicht, weil es auf dem Festival schon Hot Dogs gab. Später haben wir dann mal bei einem Burger-Special mitgemacht und die Kunden haben uns auf die Burger festgetackert.“ Seitdem sind sie der Hauptumsatzbringer. Die Rezepte dafür haben sie selbst zusammengestellt. Auch die Patties stellt Familie Müntjes selber her. Dabei sind beide keine gelernten Gastronomen. Um flexibler zu sein und Dopplungen auf Veranstaltungen zu vermeiden, hält CheVegan außerdem Bowls und Wraps als Alternative bereit.
Zunächst waren es hauptsächlich Vegetarier und Veganer, die bei CheVegan aßen, auch weil sie zu den wenigen Alternativen auf den oft sehr fleischlastigen Streetfood-Festivals zählen. Nach drei Jahren ist die Mehrheit der Kunden allerdings nicht vegan, auch weil das Thema in der Öffentlichkeit immer mehr Anklang findet. Dass immer mehr große Unternehmen auf den vegan-vegetarischen Zug aufspringen und der Supermarkt eine große Fülle an Fleischalternativen bietet, spielt den Foodtruckern in die Karten. Veganes Essen wird zunehmend salonfähig.
Sich vegan zu ernähren ist für Familie Müntjes mittlerweile selbstverständlich. Seit über zehn Jahren verzichten die Oberhausener auf tierische Produkte. „Wir waren schon immer im Tierschutz und Tierrecht aktiv und haben auch die eine oder anderen Aktion mitgemacht. Die vegane Ernährung war für uns die logische Schlussfolgerung. Es macht keinen Sinn, gegen Tierversuche zu demonstrieren und dann zu Hause ein Schnitzel in die Bratpfanne zu schmeißen.“ Auch rein körperlich profitieren Ines und Michael Müntjes von der Ernährungsumstellung. Die Konzentration habe zugenommen, die Aufnahmefähigkeit größer und auch die Kondition sei deutlich gestiegen.
Boom statt Flaute
Die Entwicklung des Streetfood-Markts sieht Ines Müntjes durchaus positiv. „Man hat uns anfangs gesagt: Ihr kommt aber spät, der Hype ist ja fast wieder zu Ende. Aber das stimmt nicht. Im Ruhrgebiet und im Münsterland ist nach wie vor viel los und es kommen immer wieder neue Anbieter dazu.“ Vom vermeintlichen Abwärtstrend der Streetfood-Branche sieht sie sich nicht betroffen. Im Gegenteil: Die Nachfrage sei so hoch, dass CheVegan vielen Veranstaltern absagen muss. In diesem Jahr will Familie das Geschäft deshalb erweitern. Ein zusätzlicher Trailer soll Doppelbelegungen abdecken. Auch über ein stationäres Geschäft haben sie kurzzeitig nachgedacht, den Gedanken aber schnell wieder verworfen. „Wir fahren lieber dahin, wo wir gebraucht und gewollt werden, ohne in irgendeinem Lokal zu stehen und zu hoffen, dass jemand vorbeikommt. Das ist gerade im veganen Bereich schwierig“, erklärt sie.
Im Winter beschränkt sich CheVegan hauptsächlich auf Caterings. In der Wintersaison 2018/2019 mieteten sie sich außerdem einmal die Woche in einer veganen Eisdiele in Bochum als Gastköche ein. Veranstaltungen wie der Feierabendmarkt Winterquartier, der einmal im Monat in Oberhausen stattfindet, sind zusätzliche Umsatzbringer, um den
Winter zu überbrücken. In der Hauptsaison ist CheVegan oft sieben Tage die Woche beschäftigt.
„Bei uns fängt es meistens mittwochs mit der ersten Veranstaltung an. Es kommt vor, dass wir von Mittwoch bis Sonntag durchgehend auf verschiedenen Veranstaltungen unterwegs sind. Montag und Dienstag dienen dann meist der Vorbereitung.“ Unterstützt werden sie von vielen „fleißigen Helferlein“, unter anderem von Tochter Chantal, die sich mit der Arbeit im CheVegan ihr Studium finanziert.
Neben einem motivierten Team hänge der Erfolg eines Wochenendes stark von der Wahl der richtigen Veranstaltung ab. Ein gut organisiertes Festival biete den Leuten Unterhaltung und habe Erlebnischarakter. Auch müsse man jedes Event hinterfragen: „Man darf sich nicht allzu sehr auf den Veranstalter verlassen, sondern muss auch mal selber recherchieren. Wir hatten schon Termine, bei denen keiner gekommen ist. Später stellte sich heraus, dass zwei Dörfer weiter eine riesige Kirmes stattfand und die Leute alle dorthin gegangen sind.“ Erfahrungen wie diese hat wohl jeder Foodtrucker schon einmal gemacht. Auf dem Weg zum etablierten Streetfood-Geschäft gilt es, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Der Erfolg von CheVegan jedenfalls lässt keine Zweifel offen: Veganes Essen funktioniert, auch im Streetfood-Bereich.
Quelle: B&L MedienGesellschaft