Wolfsburg ist nicht gerade bekannt für seine verwinkelten Gassen, geschichtsträchtigen Orte oder besonderen Sehenswürdigkeiten. Wer einen Blick hinter die bekannte Fassade aus VW-Werk und Autostadt wirft, entdeckt in einer kleinen Seitenstraße mit Kopfsteinpflaster aber das Gegenstück zur hektischen Autoindustrie: das Atelier Café. Im ursprünglichen Kern der Stadt direkt neben der St. Annen Kirche gelegen, wurde ein historisches, altes Bauernhaus zum Café mit einem liebevoll angelegten Garten voller Hortensien umgebaut.
Das Konzept: Heimat und eine Prise Übertreibung. Wie passt das zusammen? Eigentlich ist es ganz einfach: regionale Produkte und gleichzeitig die volle Vielfalt. Deshalb gibt es bei Tobias Senft nicht nur einen oder zwei Aufstriche zum Frühstück, sondern gleich um die hundert. Dazu zählen bekannte bis ungewöhnliche Marmeladen, von der eigenen Marmeladenfrau hergestellt. Milchsorten gibt es bis zu sieben Stück und bei den Cerealien sind es inzwischen 80. „Mit der Zeit kamen immer mehr Sorten dazu, die von den Gästen nachgefragt und ins Sortiment aufgenommen wurden. Für die kleinen Gäste haben wir auch M&Ms und gebrannte Mandeln – ehrlich gesagt, freuen sich darüber auch die großen Gäste“, erklärt Tobias Senft schmunzelnd.
Das Mikrounternehmen
Das Wasser der Marke Tobiquell gehört ebenfalls Tobias Senft. Obwohl er inzwischen 52 Kunden beliefert und auch im Großhandel vertreten ist, zählt für ihn die Nähe zum Kunden: „Ich lege viel Wert auf persönlichen Kontakt und Flexibilität. Wenn jemand abends merkt, dass er noch eine Kiste mehr braucht, setze ich mich ins Auto und fahre los. Das rentiert sich nicht immer – aber ich mache es trotzdem“, gibt er lachend zu.
Dass das Wasser für ihn etwas Besonderes ist, merkt man nicht nur an seinem persönlichen Service. Billiglöhne gibt es auf keiner Station der Produktion, die Flasche wird nachhaltig mit veganem Kleber und wenig Papier bedruckt und manchmal wird auch mit dem Lastenfahrrad statt mit dem Auto ausgeliefert. „Die CO2-Bilanz muss stimmen, auch für unsere Kunden. Ich verkaufe mein Wasser nicht nur, ich suche dafür ein schönes Zuhause“, beschreibt der Inhaber den Qualitätsgedanken. Im Gegensatz zu anderen Wasserherstellern liefert er seine Glasflaschen nur in zwei Sorten statt drei: naturell und feinperlig. Der Kohlensäuregehalt des feinperligen Premiumwassers liegt zwischen Medium und Sprudel, sodass es pur sowie als Schorle schmeckt. Für die Präsentation des Wassers im Hotelzimmer gibt es auch Holzbehälter für je eine Flasche und ein Glas – hergestellt in einer Behindertenwerkstatt in Wolfsburg.
Mädchen für alles
Das Atelier Café, der Wasseranbieter Tobiquell, ein Gourmetsortiment (Tobi Gourmet) und das Hotel Einschlaf gehören zum Portfolio von Tobias Senft. Er springt ein, wenn Personal fehlt, liefert Wasser nach, wo es gebraucht wird und hilft im Hotel, auch wenn es nur drei Zimmer hat. Zeit für die Familie hat er trotzdem. „Das alles geht nur mit sehr viel Spaß und Liebe. Wir haben mit dem Café vor über 20 Jahren angefangen und es stetig ausgebaut und weiter entwickelt. Manchmal macht es die Bürokratie schwer, aber alle, die im Café arbeiten, tun es, weil sie es lieben – nicht primär des Geldes wegen“, beschreibt Tobias Senft den Alltag.
Das merken Gäste auch daran, dass sie den Platz im Café solange besetzen können, wie sie wollen. Kein Tisch wird doppelt vergeben, die Außenplätze können spontan besetzt werden. Im unkomplizierten Atelier Café kommen die Gäste zur Ruhe. Die Kundennähe und dass Tobias Senft es gar nicht erst versucht, perfekt zu sein, sondern einfach er selbst bleibt, machen das Café zu etwas Besonderem. Dabei ist er an perfekt ziemlich nah dran – und wer weiß: Vielleicht ist die 37. Marmeladensorte, die sich heute jemand gewünscht hat, nächste Woche schon im Sortiment.
Quelle: B&L MedienGesellschaft