Die neuen Ausschreibungen für Schulmittagessen der Berliner Bezirke sind voll von vergaberechtswidrigen Vorgaben. Berliner Mitglieder des Verbands Deutscher Schul- und Kitacaterer e.V. (VDSKC) haben deshalb ein Nachprüfverfahren bei der Vergabekammer beantragt.
„Die Bezirke haben aus den Fehlern der Vergangenheit nicht gelernt. Leider wurden die ausführenden Cateringunternehmen nicht ausreichend in den Prozess eingebunden. Ihre berechtigten Sorgen und Bedenken wurden schlicht ignoriert.“
Ralf Blauert, 1. Vorsitzender des VDSKC
Seit dem 19. Februar 2024 laufen die EU-weiten Vergabeverfahren für die Essensversorgung an Berliner Grund- und Oberschulen. Die vorherige Vergabe vor knapp vier Jahren hatte eine Welle an Nachprüfungsanträgen vor der Vergabekammer Berlin hervorgerufen, bei denen das Land empfindliche Niederlagen einstecken musste. Die Abarbeitung der damals eingegangenen Fälle ist bis heute nicht abgeschlossen. Jetzt wiederholt sich die Geschichte: „Die Bezirke haben aus den Fehlern der Vergangenheit nicht gelernt“, beklagt Ralf Blauert, 1. Vorsitzender des VDSKC. „Leider wurden die ausführenden Cateringunternehmen nicht ausreichend in den Prozess eingebunden. Ihre berechtigten Sorgen und Bedenken wurden schlicht ignoriert.“
Ausschreibung voller rechtswidriger Vorgaben
Die Vergabeunterlagen sind durchzogen von rechtswidrigen Vorgaben, die die Cateringunternehmen vor erhebliche rechtliche und wirtschaftliche Herausforderungen stellen. Die schwerwiegendsten Verstöße sind:
- Bezahlt werden nur abgeholte Mahlzeiten: Nach den Vergabeunterlagen werden die Festpreise nicht für jede hergestellte und gelieferte Portion bezahlt, sondern nur für die von den Schülern gegessenen Portionen. Das heißt, die Caterer müssen zwar alle bestellten Portionen produzieren, wissen aber nicht, wie viele sie davon vergütet bekommen. Das Risiko, dass die bestellten Portionen nicht abgenommen werden, müssen allein die Unternehmen tragen. Eine solche Risikokonzentration zu Lasten der Unternehmen darf keinen Bestand haben.
- Verbindliche Fest- und Maximalpreise: Die Vergütungsbedingungen machen eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation unmöglich. Die Fest- und Maximalpreise sind für die gesamte Vertragslaufzeit verbindlich – eine Preisanpassung ist nicht vorgesehen. Vor dem Hintergrund der Krisen in den vergangenen Jahren und der dadurch hervorgerufenen massiven Preissteigerungen für Lebensmittel, Energie, Transport und Personal, müssen Preisanpassungsmöglichkeiten vertraglich geregelt werden.
- Fehlende Informationen: Die Vergabeunterlagen sind unvollständig. Den Unternehmen werden die für eine vernünftige kaufmännische Kalkulation erforderlichen Informationen vorenthalten. So bleibt beispielsweise offen, wie viele Schüler in den einzelnen Schulen am Schulmittagessen teilnehmen. Ohne belastbare Angaben werden den Unternehmen maßgebliche Informationen vorenthalten. Ähnliche Verstöße finden sich bei vielen anderen kalkulationsrelevanten Informationen. Auch hier werden die Risiken allein den Unternehmen auferlegt.
- Willkürliche Auswahlkriterien: Die Auswahl der Unternehmen anhand von Zuschlagskriterien ist vollständig willkürlich. Die Differenzierung der Angebote verläuft anhand des Zuschlagskriteriums Nr. 10. Dafür müssen die Bieter eine verbindliche Speisekarte mit 20 vegetarischen Gerichten einreichen. Die angebotenen Gerichte sollen von den Mittagessenausschüssen der Schulen bewertet werden. Beurteilt wird dabei nicht die Qualität der Speisen aus ernährungsphysiologischer Sicht, sondern die „Akzeptanz der Speisen“, die mit „gering, teilweise oder vollständig an der jeweiligen Schule akzeptiert“ bewertet werden kann. Maßstäbe werden den Unternehmen nicht gegeben. Gleichzeitig erhält das Land Berlin durch die Konturlosigkeit der Begriffe die Möglichkeit, die Bewertung beliebig zu steuern. Der Willkür sind anhand dieser Wertungsmaßstäbe keine Grenzen gesetzt.
Erste Nachprüfungsanträge sind bei der Vergabekammer Berlin bereits anhängig. Aufgrund der Verwendung identischer Vergabeunterlagen in allen Bezirken, wirken sich Beschlüsse der Nachprüfungsinstanzen auf alle Ausschreibungen aus.
„Wir bedauern, dass erneut die Nachprüfung entscheiden muss. Es wäre für alle Seiten erfreulicher, wenn Berlin die Verfahren als Ausgangspunkt für einen kooperativen Ansatz nutzen würde“, findet Ralf Blauert. „Nur gemeinsam können wir gute Konditionen erarbeiten, die die Qualität des Schulmittagessens und die Zufriedenheit der Schüler steigern und gleichzeitig die Caterer vernünftig wirtschaften lassen.“
Quelle: VDSKC
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