Die Gesundheit von Speisen messbar machen – das ist das Ziel des Gastronomischen Ampelsystems (GAS) von Gesoca. Entwickelt für die Gemeinschaftsgastronomie, soll es dazu beitragen, deren Speisenangebot gesundheitsförderlicher zu machen – ohne erhobenen Zeigefinger oder Verbote. „Es geht aber auch darum, die Betriebsgastronomie zum Helden zu machen“, betont Geschäftsführer und Gesoca-Gründer Christian Feist, der mit der Gesundheitskennziffer auch einen wirtschaftlichen Anreiz für Köche und Unternehmen geschaffen hat:
„Ziel war es, ein Tool zu entwickeln, das einerseits Köche motiviert an einem ausgewogenen Speiseplan zu arbeiten und das andererseits als Argument für Budgetverhandlungen des Eigenregiebetriebs und Bonuszahlungen an den Caterer herhält. Denn eine gesundheitsorientierte Betriebsgastronomie hat einen positiven Einfluss auf die Leistungsfähigkeit aller Mitarbeiter und damit auch den Unternehmenserfolg.“
Christian Feist
Nachgefragt bei Christian Feist
- Hinkt diese Argumentation in Zeiten von vermehrtem Homeoffice nicht?
- Wie werden gesundheitsförderliche Speisen auch akzeptiert?
- Und warum sollten Speisen nicht nur nach dem CO2-Fußabdruck optimiert, sondern auch die Gesundheit von Speisen messbar gemacht und verbessert werden?
Die Antworten darauf gibt Christian Feist, Geschäftsführer von Gesoca, im Interview:
„Es geht darum, die Betriebsgastronomie zum Helden zu machen. Dem Unternehmen bzw. den Verantwortlichen zu zeigen, dass die Mitarbeiterverpflegung mehr kann, als nur Geld zu kosten. Zu zeigen, dass sie großen Beitrag am Employer Branding und an leistungsfähigen Mitarbeitern hat – und eben auch der Umwelt gut tut.“
Christian Feist
Herr Feist, viele Mitarbeiter arbeiten weiterhin im Homeoffice. Folglich verliert die Betriebsgastronomie in Sachen Mitarbeiterernährung doch an Einfluss, oder?
Und genau deswegen sagen manche Arbeitgeber bzw. Unternehmen: Jetzt erst Recht! Ein ausgewogenes Speisenangebot vor Ort gewinnt an Bedeutung.
Die Notwendigkeit dazu belegen Analysen von uns: So haben sich die Mitarbeiter unserer Kunden, als sie noch primär vor Ort im Büro waren, mehr oder weniger im Durchschnitt und optisch vereinfacht „gelb“ ernährt. Wenn ich nun davon ausgehe, dass diese sich im Homeoffice angesichts von viel TK-Pizza oder sonstigen schnellen Energielieferanten wie Schokoriegeln tendenziell rot ernähren, dann wird die Notwendigkeit, im Betrieb ein Gegengewicht zu bilden, sehr groß.
Wie könnte dieses Gegengewicht aussehen?
Einerseits gilt es, besonders ausgewogene Gerichte sehr attraktiv zu machen. Andererseits sollten die Küchenteams vor Ort mit kulinarischen Erfahrungen überraschen, die den Ernährungshorizont der Mitarbeiter erweitern und irgendwann auch Auswirkung auf ihr Ernährungsverhalten zuhause haben.
Der nächste Schritt wäre, dass man eventuell vorhandene Homeoffice-Konzepte genauer anschaut und gesundheitlich optimiert.
Ihr Anspruch ist es, die Wahlfreiheit der Gäste nicht zu beschränken. Bedeutet das, dass tendenziell auch mehr tierische Produkte im Angebot bleiben als bei einem Betrieb, der sehr CO2-fokussiert rezeptiert?
Wie ausgewogen das Angebot sein soll, entscheidet natürlich der jeweilige Betrieb selbst. Wir empfehlen aber, lieber langsam und Stück für Stück Änderungen vorzunehmen. Statt Angebote komplett zu streichen, raten wir dazu, die gesünderen Alternativen durch Nudging-Maßnahmen wie die Präsentation oder preisliche Anreize attraktiver zu machen. Nur so nehme ich auch die Gäste mit und sichere eine hohe Akzeptanz.
Viele GV-Betriebe optimieren ihre Speisen derzeit in Hinblick auf den CO2-Fußabdruck. Sie plädieren dafür, die Wertigkeit des CO2-Footprint durch Gesundheit noch zu stärken. Warum?
Weil eine reine CO2-Optimierung der Speisen nicht zwingend in gesünder ernährte Mitarbeiter unserer Auftraggeber mündet. Eine Optimierung nach dem Gesundheitswert geht in den meisten Fällen mit einem geringeren CO2-Fußabdruck einher, aufgrund der mit der Gesundheit einhergehenden Reduktion tierischer und damit auch klimaintensiver Produkte wie Fleisch, Butter, Käse und Sahne. Das gilt aber nicht auch umgekehrt. Nehmen wir das Beispiel Vollkornnudel: Diese ist ökologisch weder schlechter noch besser als eine konventionelle, aber sie ist ernährungsphysiologisch besser. Hinzu kommt, dass es auch gesundheitsförderliche Lebensmittel gibt, die rein ökologisch betrachtet eher problematisch sind, wie Reis, aber auch Fisch oder Avocado.
In den allermeisten Fällen gibt sich jedoch beides die Hand. Und am Ende des Tages sehe ich eine Kombination als richtigen Weg.
Sie hatten Nudging-Maßnahmen erwähnt, welche empfehlen Sie?
- Attraktives Geschirr: Dass das in unserem Gastronomischen Ampelsystem grün bewertete und entsprechend gesunde Gericht beispielsweise auf einem schönen Teller angerichtet wird, das Alternativgericht dagegen auf dem Standardteller.
- Aktiv verkaufen: Dass die Ausgabekraft, die ein besonderes Verkaufstalent besitzt, für das grüne Gericht zuständig ist.
- Platzierung: Dass das weniger gesundheitsförderliche Alternativgericht am Ende der Speisenausgabe zu finden ist usw.
Den Erfolg macht jedoch die Summe vieler Maßnahmen aus.
Was ist für den Erfolg generell wichtig?
Es geht darum, die Betriebsgastronomie zum Helden zu machen. Dem Unternehmen bzw. den Verantwortlichen zu zeigen, dass die Mitarbeiterverpflegung mehr kann, als nur Geld zu kosten. Zu zeigen, dass sie großen Beitrag am Employer Branding und an leistungsfähigen Mitarbeitern hat – und eben auch der Umwelt gut tut. Gesundheit und Nachhaltigkeit werden künftig als Selbstverständlichkeit erachtet werden. Hier heute die richtigen Antworten zu geben, wird für das Ansehen der Betriebsgastronomie von zentraler Bedeutung sein.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Gastronomisches Ampelsystem – wie wird die Gesundheit von Speisen messbar?
- Die Gastronomische Ampel stuft Lebensmittel – je nach ihrer ernährungsphysiologischen Qualität – mit einem Wert zwischen 0 und 5 ein.
- Die Qualität wird beeinflusst durch:
- Nährstoffdichte
- Energiedichte
- Garmethodik
- Heißhaltedauer
- Nährstoffdichte
- Optisch vereinfacht werden die Qualitätspunkte der Speisen in die Ampelfarben übersetzt (Achtung: Das hat nichts mit der Ampelkennzeichnung aus dem LEH zu tun!):
- Grün: Die beste Wahl (viele Nährstoffe, tendenziell wenig Fett – s. Grafik)
- Gelb: Eine gute Wahl
- Rot: Selten wählen
Vorteile der Gesundheitskennziffer
Muss man sich denn tatsächlich entscheiden zwischen dem Ziel klimaoptimierter Gerichte und dem Ziel leistungsfähiger Mitarbeiter? Warum braucht es für Köche als Anreiz eine Gesundheitskennziffer, fragen Gäste nicht ohnehin verstärkt ausgewogene Speisen nach? Christian Feist beantwortet diese Fragen in der Ausgabe 12/2022 des GVMANAGER.
Quelle: B&L MedienGesellschaft, Gesoca