Chinesische Teezeremonie
Quelle: Kelm

Der wahre Wert des Tees

Etwa eine Stunde Fahrt entfernt von Frankfurt am Main liegt das Dorf Brensbach. Fernab der Metropole betreibt Gerhard Thamm hier sein Teehaus – das Chá Dào. Über seinen Online-Shop vertreibt er hochwertige Tees, handgefertigte Utensilien für Tee-Zeremonien sowie Möbel zum Einrichten eines Tee-Zimmers.

Gerhard Thamm: Respekt beginnt bei fairen Preisen

Ich habe Gerhard Thamm besucht und mit ihm darüber gesprochen, warum etwas so Komplexes und Anspruchsvolles wie eine chinesische Tee-Zeremonie den Zeitgeist trifft. Er selbst hat viel Geld und Lebenszeit investiert, um Interessierten einen Einblick in die älteste Teekultur der Welt zu geben.

Herr Thamm, wie hebt sich eine Tee-Zeremonie vom alltäglichen Tee-Konsum ab?

Wie der Name schon sagt, ist eine Tee-Zeremonie, ein Ritual, dem man sich mit seiner ganzen Aufmerksamkeit widmet – und nichts, das nebenbei geschieht. Darin drücken sich Achtsamkeit und eine meditative Haltung aus, wie sie auch in den Lehren des Buddhismus, Konfuzianismus und Daoismus vermittelt werden. Das beginnt schon dabei, dass die Teebauern anständig entlohnt werden und setzt sich fort in der Bereitschaft, mehr für ehrlich gehandelten Tee zu bezahlen – ohne abhängige Lohnarbeiter, die keine Perspektive haben. Das führt wiederum zu einer höheren Wertschätzung gegenüber dem Produkt, das in der Tee-Zeremonie angemessen gewürdigt wird.

Der Tee kann bis zu 15 Mal aufgegossen werden
(Quelle: Kelm)

Warum denken Sie, dass viele Menschen trotz der hohen Kosten daran interessiert sind?

Das merke ich. Wann immer ich im Fernsehen auftrete oder jemand eine Tee-Zeremonie bei mir besucht, sind die Leute äußerst interessiert und auch überrascht, empfehlen mich weiter und ich bekomme zahllose Anrufe. Im Inneren sind die Menschen des Massenkonsums längst überdrüssig, deswegen sind Bio-Produkte und handverarbeitete Artikel derzeit so gefragt. Die Menschen sehnen sich nach Authentizität und Sinn. Und was die hohen Kosten betrifft: Bei den ganz teuren und besonderen Tees ist die Nachfrage so hoch, dass ich sie gar nicht bedienen kann.

Bieten Sie Schulungen an?

Ja, Interessierte können mir jederzeit eine Mail schreiben, dann organisiere ich auf Nachfrage mehrstündige Tee-Zeremonien oder Workshops über mehrere Tage. Je nach Umfang liegen die Kosten bei 50 bis einigen hundert Euro. Auf Wunsch stelle ich auch Urkunden aus. Ähnliche Workshops habe ich zuweilen auch schon mit Schulklassen gemacht, aber auch mit Erwachsenen: Einmal ist die Besitzerin eines Teeladens extra aus Sao Paolo angereist, um bei mir ein Seminar zu besuchen.

Was können Gastronomen von Ihnen lernen?

Von mir erhalten sie einen authentischen Einblick in die chinesische Teekultur. Das ist ein kulturelles Wissen darüber, wie man den Tee-Genuss meditativ und achtsam zelebriert. Davon abgesehen können sie in meinem Teehaus sehen, wie ein Ort für Tee-Zeremonien originalgetreu eingerichtet gehört. Mein Teehaus hat ja auch einen musealen Charakter.

Gerhard Thamm bei der Tee-Zeremonie
(Quelle: Kelm)

Das dürfte in einem Lokal mit hektischem Betrieb schwer umzusetzen sein…

Das stimmt allerdings. Wenn es einem Gastgeber gelingt, dem Tee mehr Aufmerksamkeit zu schenken – vielleicht einen kleinen, etwas abseits gelegenen Bereich zu schaffen und dort mit Musik und Raumgestaltung eine entsprechende Atmosphäre zu schaffen – dann denke ich, dass es bei den Gästen gut ankäme. Es muss ja nicht gleich das Gesamtpaket sein, aber vielleicht können engagierte Gastgeber bei mir Inspiration sammeln.

Was für Objekte braucht man für eine Tee-Zeremonie?

In jedem Fall echten Tee als Rohware, alles andere hängt davon ab, wie viel man investieren möchte. Bei mir sehen Sie Teetische unterschiedlicher Größe und Funktion. Einige davon sind aus echtem Ebenholz und sehr schwer. Außerdem habe ich hier im Regal handgefertigte Teekannen aus Ton oder Wasserkessel aus Eisen oder Feinsilber. In den nicht emaillierten Eisenkannen bereitet man das Wasser für herbere Tees zu, in denen aus Silber das für lieblichere Tees. Natürlich braucht man auch kleinvolumige Teeschalen aus Ton oder Porzellan, die man üblicherweise zwei, drei Schluck leert. Nebenan auf dem Tisch stehen Accessoires zur Dekoration, etwa kleine Figuren mit landeskundlichem oder mythischen Charakter, z. B. die dreibeinige Kröte. Sie sind nett anzuschauen und sorgen für eine authentische Atmosphäre. Wenn ich mir ein Tee-Zimmer nur für mich einrichten würde, dann wäre es allerdings sehr schlicht und natürlich.

Haben Sie ein vergleichbares Projekt schon mal umgesetzt?

Allerdings. Ich bin früher zu Unternehmen gegangen und Konzepte und Pläne ausgearbeitet, um als Rückzugsort für ihre Mitarbeiter einen kleinen Teeraum zu schaffen. Das wurde in drei Firmen, zwei Praxen und bei einem Berater tatsächlich umgesetzt. Die Tee-Räume sind dafür da, dass Mitarbeiter sich jederzeit zurückziehen, sich entspannen und dem Teestudium widmen können. Dafür müssen sie sich nicht ausstempeln und keine Pause nehmen. Im Tee-Zimmer dürfen sie auch richtig Dampf ablassen und sich über das Unternehmen aufregen. Wenn jemand nach einer Dreiviertelstunde aus dem Raum zurückkehrt, werden Sie feststellen, dass er viel ruhiger, physisch präsenter und damit auch produktiver ist. Nach allem, was ich gehört habe, hat das in den Betrieben gut funktioniert. Die Mitarbeiter sind in der Folge viel zufriedener und loyaler.

Geschenkbox
(Quelle: Kelm)

Dann ist eine Tee-Zeremonie gut für die Psyche?

Natürlich, aber auch für den Körper. Das Koffein aus dem Tee wird über das zentrale Nervensystem langsam und schonend freigesetzt, das ist bekömmlicher als der schnelle Schub aus dem Kaffee. Außerdem sind im Tee viele andere gesunde Inhaltsstoffe enthalten, etwa Polyphenole, also Bitterstoffe, die sehr gesund ist. Tees wirken auf vielfältige Art und Weise und spielen deshalb auch in der TCM eine ganz bedeutende Rolle.

Wie beschaffen und vermarkten Sie Ihre Produkte und wer sind Ihre Kunden?

Ich habe 2.500 Kunden in ganz Europa, die meisten bestellen aus meinem Internetshop. Meine Produkte kaufe ich direkt in China und nicht aus dem Handel. Ich war in meinem Leben schon bestimmt 150 Mal in China und habe ein großes Netzwerk aus Teemeistern. Drei Teebauern sind auch am Teehaus beteiligt und schicken regelmäßig ihre Tees. Mit der Tee-„Industrie“ arbeiten sie eher nicht zusammen, weswegen mein Tees auch nicht im „normalen“ Teehandel erhältlich sind. Ich muss nach jedem einzelnen Posten eigenhändig suchen und mich mit dem Zoll und dem Versand herumschlagen. Das tut man aus Leidenschaft, oder man lässt es bleiben.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Ich arbeite derzeit an einer neuen Strategie für den Einkauf. Leider kann ich nicht mehr so viel nach China reisen, deswegen überlege ich, eine Einkaufsgenossenschaft mit einigen Kleinhändlern zu bilden. So können wir im Optimalfall viele Synergien nutzen und insbesondere auch die Stückkosten reduzieren.

Vielen Dank für das Gespräch!

Quelle: B&L MedienGesellschaft

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