In einer vierteiligen Serie geht Dr. Steffen Schwarz auf Zubereitungsmethoden von Kaffee ein – dieses Mal: Extraktion.
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Exakte Extraktion

Als Autor für das Fachmagazin Kaffee & Co. widmet sich Dr. Steffen Schwarz, Geschäftsführer von Coffee Consulate, in regelmäßigen Beiträgen Themen rund um das beliebte Heißgetränk. In diesem Beitrag geht es um Methoden der Extraktion von Kaffee.

Kaffee ist nicht nur das am meisten konsumierte Getränk der Welt nach Wasser, es ist auch komplexer als alle anderen Getränke. Dies gilt vor allem in Bezug auf die Aromen – denn kein anderes Lebensmittel weist eine solche Aromenfülle auf. Er besitzt über 2.000 bereits identifizierte einzelne Aromaverbindungen, die in ihrer Gesamtheit den „Kaffeegeschmack“ ausmachen. Kaffee ist zudem ein halbfertiges Getränk – es muss also vor dem Genuss noch fertig zubereitet werden.

Kontrolliertes Herauslösen

Es geht bei der Zubereitung von Kaffee unter anderem um die korrekte Extraktion, also das kontrollierte Herauslösen der erwünschten Geschmacksstoffe in das Getränk. Eine übermäßige Extraktion ist dabei zu vermeiden, da diese dazu führt, dass unerwünschte Substanzen wie Gerbstoffe in erhöhtem Maße in das Getränk geraten. Es ist besser, höher zu dosieren und weniger zu extrahieren, um ein hervorragendes Geschmacksprofil zu erreichen. Je intensiver die Extraktion, desto mehr unangenehme Geschmacksstoffe werden herausgelöst.

Beim Kaffee wird eine Extraktionstiefe von 18 bis 22 Prozent als ideal angegeben. Geht man von 20 Prozent aus, bedeutet das, dass aus 10 g Kaffeemehl 2 g (also 20 Prozent von 10 g) im Kaffee gelöst werden und sich dort im Getränk später wiederfinden. Bei einer Kaffeetasse mit 200 ml Füllvolumen besteht dann eine Stärke von 1 Prozent (2 g Kaffee auf 200 ml Füllvolumen).

Die gleiche Menge Kaffee (2 g) auf 25 ml Volumen eines Espresso ergäbe eine Stärke von 8 Prozent – was erklärt, warum der Espresso viel vollmundiger als eine Tasse Filterkaffee ist. Der Koffeingehalt ist in diesem Falle in beiden Getränken gleich – ausschlaggebend für den Koffeingehalt ist nicht das Zubereitungsverfahren oder die Röstung, sondern die Einwaage des Kaffees, sowie die Art oder Varietät des verwendeten Kaffees (also die durch die Genetik festgelegte Koffeinmenge der Bohnen).

Extraktion: Drei Methoden

Es bestehen drei verschiedene Möglichkeiten der Extraktion für Kaffee: die Auslaugung (Mazeration, Lixiviation), die Filtration und die Extraktion unter Druck (Über- oder Unterdruck). Typische Vertreter der Auslaugung sind die äthiopische Kaffeezubereitung in der Jebena, das Brasilianische Cuptasting und der türkische Kaffee (aufgekocht im Cezve).

Filtrationsverfahren sind durch die Barista-Bewegung wieder in Mode gekommen. Mit verschiedensten Filtern wird inzwischen wieder von Hand Filterkaffee gebrüht oder auch mit professionellen Maschinen zubereitet. Die beiden bekanntesten Druckverfahren stellen die Espressotechnik – sei es mit Handhebeln oder mit halbautomatischen Maschinen – und die Kolbenkaffeetechnik (der sogenannte „Vollautomat“) dar.

Neben diesen Einzelverfahren bestehen auch diverse Kombinationsverfahren, die verschiedene Einzelverfahren vereinen. Hier besteht eine höhere Komplexität und damit eine geringere Reproduzierbarkeit einer kontrollierten homogenen Extraktion. Allen Verfahren ist gemeinsam, dass es zu keiner Überextraktion kommen sollte, um ein balanciertes Geschmacksprofil zu erhalten.

Die Parameter

Zunächst muss die korrekte Kaffeemehlmenge zur verwendeten Wassermenge gewählt werden. Eine Dosierung von 60-80 g Kaffee/Liter Wasser für Auslaugungs- und Filtrationsverfahren ist ein inzwischen weit verbreiteter und verlässlicher Ausgangswert. Die gleiche Dosierung darf für Kolbenkaffeemaschinen (Vollautomaten) angesetzt werden.

Beim Espresso sollte auf eine Tasse mit einem Volumen von 25 ml eine Kaffeemenge von mindestens 8 g eingesetzt werden. Es empfiehlt sich, hierbei besser (aufgrund der Geometrie) ein 16 g fassendes Zweitassensieb zu verwenden und dann entweder einen doppelten Espresso mit 50 ml bzw. einen doppelten Ristretto („eingeschränkten“ [kurzen] Espresso) mit 25-30 ml zu brühen.

Für die Auslaugung sollte eine filterfeine Mahlung oder leicht gröber gewählt werden. Für die Filtration eine Mahlung, die bei der passenden Kaffeemenge eine Extraktionszeit von rund 4-6 Minuten ergibt – diese ist abhängig vom verwendeten Filterpapier, sowie von der Wasserzusammensetzung. Beim Espresso muss die Mahlung so fein gewählt werden, dass der Espresso cremig herausfließt und bis zum Ende der Extraktion noch Farb-(Aromen-)stoffe herauslöst.

Die Wasserhärte sollte bei 5-6°DH liegen und idealerweise eine möglichst geringe Gipshärte (Sulfathärte) besitzen. Ebenso sollte möglichst wenig Natriumchlorid (Kochsalz) enthalten sein. Von zu weichen Wassern ist ebenso abzuraten wie von zu harten. Weiche Wässer führen zu einer starken Extraktion mit unangenehm imponierenden Säuren, während die harten Wässer zu stumpf wirkenden und meist zu bitter betonten Geschmacksprofilen neigen. Die natürliche Süße und Balance des Kaffees lassen sich in beiden Fällen nicht gut einstellen.

Die Temperatur sollte bei den Auslaugungen 92°C nicht übersteigen, die Temperaturen können aber auch unter 90°C liegen. Bei zu geringen Temperaturen steigt die Säurewahrnehmung an, bei zu hohen Temperaturen nimmt hingegen wieder die Bitterkeit zu. Für jeden Kaffee muss daher der ideale Temperaturpunkt über die sensorische Balance ermittelt werden. Bei Filtrationen können die Temperaturen auch etwas höher liegen (manchmal bis 93°C oder 94°C), insbesondere, wenn nicht das gesamte Wasservolumen unmittelbar mit dem Kaffeemehl in Berührung kommt, sondern in Intervallen gebrüht wird.

Die Temperaturen für Druckverfahren gleichen denen der Auslaugungen. Maßgeblich ist immer die Ermittlung der Balance in der Tasse. Die Wahl der Tassen oder Gläser zählt zwar nicht zur Zubereitung, dennoch sollte auch hier bewusst einmal „hingeschmeckt“ werden.

Verschiedene Formen und Materialien führen zu beeindruckend unterschiedlichen Geschmacksprofilen und können daher bewusst eingesetzt werden, um ein beabsichtigtes Geschmacksprofil zu erzielen. Je nach Form der Tasse werden flüchtige Aromen betont oder reduziert wahrgenommen, Säuren oder der Körper betont. So führen der Durchmesser der Tassen, die Materialstärke, sowie das Material (Porzellan, Keramik, Glas oder Metall) zu erheblich unterschiedlichen Flavourprofilen.

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Serie rund um Zubereitungsmethoden von Kaffee

In weiteren Teilen dieser Serie zur Zubereitung von Kaffee behandelt Dr. Steffen Schwarz die Methoden: Filtration, Auslaugung sowie das Druckverfahren.

Quelle: Dr. Steffen Schwarz/Coffee Consulate

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