In einer vierteiligen Serie geht Dr. Steffen Schwarz auf Zubereitungsmethoden von Kaffee ein – dieses Mal: Mazeration.
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Perfekte Mazeration

Als Autor für das Fachmagazin Kaffee & Co. widmet sich Dr. Steffen Schwarz, Geschäftsführer von Coffee Consulate, in regelmäßigen Beiträgen Themen rund um das beliebte Heißgetränk. In diesem Beitrag geht es um die Mazeration.

Unter den Methoden der Kaffeezubereitungen, also den möglichen Extraktionsverfahren, nimmt die Auslaugung (Synonym: Lixiviation) oder auch Mazeration einen besonderen Platz ein.

Sie ist das älteste Kaffeezubereitungsverfahren und wird in Äthiopien in der Jebena (der berühmten äthiopischen Kaffeekanne), beim türkischen Mokka (im Cezve), im Bagdad-Kocher oder auch beim traditionellen Cuptasting (der professionellen Kaffeeverkostung und Bewertung) bis heute eingesetzt.

Die Mazeration ist auch das weltweit unbekannteste und bei weitem unterschätzteste Kaffee-Extraktionsverfahren. Paradoxerweise ist die Zubereitung des „türkischen oder griechischen Mokka“ ein in vielen Ländern bekanntes und verbreitetes Verfahren. Es handelt sich dabei um das meist dreifache Aufkochen des feinst gemahlenen Kaffeepulvers in einer Stilkanne – dem sogenannten Cezve, Ibrik oder Briki. „Mokka“ wird neben der Türkei und Griechenland auch in großen Teilen Russlands, der Ukraine, den arabischen Staaten sowie in weiten Teilen Nordafrikas konsumiert.

Günstig abgesetzt

Die Methode ist die am besten reproduzierbare und kontrollierbare Extraktion für Kaffee. Einflussfaktoren sind neben dem Kaffee (Art, Varietät, Aufbereitung, Röstung) das Wasser (Zusammensetzung, Härte und Temperatur), die Mahlung, die Bewegung (Turbulenz) sowie die Brew-Ratio (das Verhältnis von Wasser zu Kaffeepulver). Bei allen anderen Zubereitungs- oder Extraktionsformen kommen weitere Einflussfaktoren hinzu, die eine gleichmäßige und reproduzierbare Extraktion damit ungleich schwerer machen.

Interessant ist die Frage, warum die Mazeration nie wirklich systematisch weiterentwickelt wurde. Neben den alten Technologien wurde nahezu kein Versuch unternommen, das Verfahren systematisch weiterzuentwickeln und zu automatisieren.

Das äthiopische Kaffeezeremoniell, das zunächst mit dem Rösten der Bohnen auf einer flachen Metallscheibe beginnt, setzt sich über das Mörsern der Bohnen fort, die anschließend in der Jebena aufgekocht und dann von dort direkt und ohne Filtration in die Tassen eingegossen werden. Um zu viel Satz in den Kaffeetässchen zu vermeiden, wird kurz nach dem Aufkochen abgewartet, damit sich der Kaffeesatz in der Kanne noch absetzen kann. Die bauchige Form der Jebena begünstigt den Absetzungsprozess. Problematisch ist hierbei die Wassertemperatur, die bis zum Siedepunkt ansteigt und damit eine thermisch bedingte Überextraktion auslöst.

Ganz ähnlich ist die Zubereitung des türkischen Mokka, der im Cezve (die besten sind hierbei die traditionellen Kupferkannen aus der Stadt Bursa – Kupfer ist unter den Metallen einer der besten Wärmeleiter) über offenem Feuer oder in einem heißen Sandbad zubereitet wird. Auch hierbei wird der Kaffee thermisch überhitzt – dieses Phänomen bestand auch lange beim Espresso, bei dem das heiße Wasser zunächst durch das Erreichen eines ausreichend hohen Dampfdrucks durch das Kaffeemehl gepresst wurde. Erst Achille Gaggia „entkoppelte“ Druck und Temperatur bei der Espressozubereitung. Interessanterweise wurde dies für die Mazeration nicht getan.

Sieden statt kochen

Der Begriff des „Kaffeekochens“ weist aufgrund der beim Kochvorgang wesentlich zu hohen Temperaturen auf eine falsche Zubereitung hin. Das „Kaffeesieden“ ist ein etwas freundlicherer Begriff, der eine Zubereitung beschreibt, die auch bei geringeren Temperaturen ohne lange wallendes Durchkochen erfolgt. Es steht in direkter Nachfolge der türkischen „Mokka“-Zubereitung und wurde durch das Abseihen bzw. Filtrieren des Kaffeesudes weiter für den europäischen Geschmack verfeinert und adaptiert.

So wurde in der „Blauen Flasche“ in Wien traditionell der Kaffee zubereitet, dann abfiltriert und schließlich mit Milch serviert, weil dies von den Kunden mit großer Begeisterung angenommen wurde.

Mit Einführung des Kaffees in Deutschland wurde der Kaffee zunächst ausschließlich gesiedet und durch Absetzen im Topf weitestgehend vom Kaffeesatz getrennt – erst Melitta Benz ermöglichte mit dem Filter eine Vereinfachung und Verbesserung der Kaffeetrennung.

Geschmack erhalten

Bei der professionellen Kaffeeverkostung – dem (Brasil-)Cuptasting – wird ebenfalls mit der Mazeration gearbeitet. Meist werden 10-16 g Kaffeemehl in Tassen gegeben und anschließend mit heißem Wasser (bei den Verkostungen sind es meist zwischen 91°C und 94°C) aufgegossen. Der Kaffee wird nun 4 Minuten ziehen gelassen und dann nach kräftigem Rühren abgeschöpft, um damit einen großen Teil des schwimmenden Kaffeesatzes zu entfernen und die Verkostung des Kaffees mithilfe eines Verkostungslöffels ohne Aufnahme von Kaffeemehl ermöglicht.

Die Dosierung liegt hierbei bei rund 80 g/Liter. Das Wasser hat eine Härte von 5,8°dH und der Kaffee wurde heller (als Filterkaffee) geröstet und für Filterkaffee fein gemahlen.

Neben dem höheren Aufwand bietet diese Methode – wie alle Mazerationen – einen klaren Vorteil gegenüber Filtrationen oder den meisten Druckmethoden: Die Auslaugungen kommen ohne Papier oder Trennmaterialien aus, die aufgrund ihrer sehr feinen Porosität häufig Fette und Staubpartikel zurückhalten und dadurch wesentliche Eigenschaften des Flavourprofils des Kaffees verändern und verfälschen.

Ebenso neigen die meisten Filtermaterialien dazu, einen Eigengeschmack an den Kaffee abzugeben. Dies kann sehr leicht dadurch nachvollzogen werden, indem man das Filtermedium einmal pur und ohne Kaffee mit heißem Wasser durchspült und das dadurch gewonnene Spülwasser verkostet. Hier treten häufig Kleb- und Trägerstoffe, Bleich- oder Farbmittel geschmacklich hervor.

Moderne Mazeration

Eines der wenigen modern interpretierten Zubereitungssysteme, das nach dem Prinzip der Mazeration funktioniert, ist die „eva solo“-Kanne. Die elegante Glaskanne wird mit dem gemahlenen Kaffee befüllt und mit heißem Wasser aufgegossen und anschließend kräftig umgerührt. Anschließend lässt man den Kaffee einige Minuten ziehen. Der Clue an der „eva solo“-Kanne ist der Ausgießer, der das Kaffeemehl beim Ausgießen durch ein Metallsieb zurückhält und dabei auf elegante Weise die Trennung das Kaffeesatzes vom Getränk ermöglicht.

Das System sieht zugleich modern und elegant aus, ist praktisch und bequem und erlaubt bei korrekter Handhabung die Herstellung eines Kaffees, der höchsten Ansprüchen gerecht wird. Zeit also einmal einen perfekt ausgelaugten Kaffee zu probieren – als äthiopischen Kaffee, als türkischen Mokka, im Rahmen eines Cuptastings oder in der „eva solo“.

info

Serie rund um Zubereitungsmethoden von Kaffee

In weiteren Teilen dieser Serie zur Zubereitung von Kaffee behandelt Dr. Steffen Schwarz die Methoden: Extraktion, Filtration sowie das Druckverfahren.

Quelle: Dr. Steffen Schwarz/Coffee Consulate

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