Gewalt am Arbeitsplatz ist ein unangenehmes Thema – umso wichtiger zu wissen, wie man ihr vorbeugt oder im Ernstfall richtig reagiert, um den Personenschaden gering zu halten. Die BGN gibt in der Arbeitssicherheitsinformation „Gewalt- und Extremereignisse am Arbeitsplatz“ (ASI 9.02) Tipps zur Maximierung der Sicherheit und zum richtigen Verhalten bei und nach einem Überfall. Themen wie Stress, Mobbing, Stalking, Betriebsklima und Gewalt unter Kollegen werden in dieser Informationsbroschüre nicht behandelt. Auch Großschadensereignisse wie Attentate sind ausgeklammert.
Was ist erlebte Gewalt?
Zunächst ist wichtig zu wissen, dass nicht nur am Gewalt am Arbeitsplatz unter den Schutz der BGN fällt, sondern auch Konfrontationen mit Gewalt auf dem Arbeitsweg. Dabei kann es sich um körperliche Übergriffe handeln oder um Überfälle, aber auch die Zeugenschaft bei einem Arbeitsunfall, von körperlicher Gewalt oder von einem Suizid zählen dazu. Ist ein Extremereignis mit der Gefahr eines seelischen Folgeschadens eingetreten, gilt es sofort zu reagieren: Bei umgehender Behandlung reichen meistens wenige Sitzungen beim Therapeuten, um die Traumatisierung zu verarbeiten. Tritt eine zeitliche Verzögerung ein, erschwert dies die Behandlung! Der Versicherungsschutz der BGN greift auch, wenn Mitarbeiter ausschließlich Opfer einer psychischen Verletzung durch Gewalt am Arbeitsoplatz wurden.
Technische und bauliche Sicherheit haben Priorität
Die BGN betont, dass in jedem Fall vorbeugende Maßnahmen wichtig sind. Die wirkungsvollsten Maßnahmen sind technisch und baulich – das heißt einbruchssichere Türen, das Verwahren von Geld in gesicherten Räumen und Behältern, eine gute Außenbeleuchtung und Sichtschutz im Gebäude. An zweiter Stelle rangieren organisatorische Maßnahmen wie Notfallpläne. Den geringsten Sicherheitsschutz bieten verhaltensbezogene Maßnahmen – also Schulungen, wie man sich z. B. bei einem Überfall richtig verhält.
Maßnahmen zur Sicherung der Betriebsstätte:
- Sicherung vor unbefugtem Zutritt, z. B. mit Zäunen und Toren
- gute Verkehrsanbindung, z. B. nahe liegende Haltestellen
- gute Aussicht auf das Betriebsgelände und Sichtschutz ins Gebäude
- gut beleuchteter Eingangs- und Ausgangsbereich
- schwer zugängliche Außenbeleuchtung (Schutz vor Vandalismus)
- keine Versteckmöglichkeiten auf dem Gelände, z. B. Büsche und Hecken
- Bereiche, wo mit Geld hantiert wird, sollten nicht einsehbar sein
- geschlossener Kassenbereich
- bei Türen und Fenstern sollte eine Reihe von Sicherheitskriterien beachtet werden, die sich in der Informationsbroschüre nachlesen lassen
Technische Sicherung:
- Überfall- und Einbruchmeldeanlagen nach DIN VDE 0833-1 (nicht erkennbare Alarmauslösung, mindestens ein zusätzlicher Überfallmelder im Nebenraum – erst auslösen, wenn der Täter gegangen ist!)
- Videoanlage zur optischen Überwachung
- Telefone mit Amtsanschluss und ggf. Hausnotruf
- Tresore nach DIN EN 1143-1, doppelter Tresor, Codesystem oder Zeitverschluss
- auffällige Hinweise an zeitschlossgesicherten Tresoren
- Meldemöglichkeiten wie Schnurlostelefone, Mobiltelefone oder Personalnotsignalanlagen (PNA)
Organisatorische Maßnahmen:
- Betriebsanweisung für gefährliche oder unfallträchtige Situationen erstellen und mindestens einmal jährlich unterweisen, mit Unterschrift der Beschäftigten dokumentieren
- Notfallkontakte klären: benachbarte Betriebe, Kontakt zur Polizeidienststelle (Beratungsgespräch vor Ort), Alarmplan mit Telefonnummern für Mitarbeiter aushängen
- Bereiche, wo mit Geld umgegangen wird (Kasse und Tresor) vor Einblick und Zugriff schützen
- Lagerräume vor unbefugtem Zutritt schützen
- Türen konsequent geschlossen halten
- angenommene Zahlungsmittel sofort verwahren
- Höchstbetrag für Kassen definieren
- Geld niemals mit nach Hause nehmen, Geldtransport nur durch Werttransportunternehmen, hier Arbeitende müssen im Betrieb bekannt sein und sich bei jeder Abholung ausweisen
- Position des gut zugänglichen Alarmknopfes einprägen
- Kassenabrechnung erst nach Ladenschluss
Formalitäten beachten
In der ASI 9.02 informiert die BGN außerdem darüber, welche Maßnahmen bei einem Überfall und nach einem Überfall zu beachten sind. Die entsprechenden Formblätter zur Meldung von Gewalt am Arbeitsplatz sind auch angehängt. Doch nicht nur von externen Tätern, sondern auch von Kunden und Gästen kann eine Aggression ausgehen. Dazu zählen alle Ereignisse, bei denen Beschäftigte beleidigt, bedroht oder angegriffen werden, mit der Folge, dass ihre Gesundheit, ihre Sicherheit oder ihr Wohlbefinden gefährdet werden.
Gewalt am Arbeitsplatz: Risikofaktoren
Gründe für Gewalt am Arbeitsplatz liegen in Erziehungs- und Sozialdefiziten sowie gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen. Meistens wirken mehrere Faktoren zusammen, bevor Gewalt entsteht. Folgende Risikofaktoren für Gewalt am Arbeitsplatz lassen sich identifizieren:
- Mitarbeiter: befinden sich in eienr Machtposition, verweigern dem Kunden einen Dienst, verhalten sich unangemessen oder respektlos, werden von Kunden sexuell belästigt, streiten untereinander
- Kunden: möchten Forderungen durchsetzen, fühlen sich hilflos, sind enttäuscht, haben Alkohol getrunken, weichen von der sozialen Norm ab (z. B. soziale Randgruppe), verhält sich sexuell aufdringlich
- Kommunikationsprobleme wegen: Sprache, abweichendem Bildungsgrad, kultureller oder religiöser Barrieren, Dialekt, undeutlicher Sprechweise oder Schwerhörigkeit, Unverständnis gegenüber einem Standpunkt, Vorurteile
- Organisation: Einzelarbeitsplatz, Organisationsmängel wie nicht auffindbare Unterlagen oder Softwarefehler, lange Wartezeiten, Auslieferungsservice, Zimmerservice
- technische Faktoren: als Waffe verwendbare Arbeitsmittel (Schere, Aschenbecher), aggressionsfördernde Atmosphäre (hohe Lautstärke), Umgebungsgestaltung (Licht, Hitze, keine Sitzmöglichkeit), ungesicherte Eingänge, fehlende Alarmsysteme
Jeder Unternehmer sollte sich der für seinen Betrieb zutreffenden Risikofaktoren bewusst sein und geeignete Maßnahmen wählen, um das Risiko zu senken. Es sollte organisiert und besprochen werden, wie mit Grenzüberschreitungen seitens des Gastes umzugehen ist.
Die BGN unterstützt durch Beratungsgespräche mit Psychotherapeuten, Beratung durch Aufsichtspersonen der BGN, Seminare zur Gewaltprävention und Projekte im Rahmen regionaler Arbeitsschutzprogramme.
Brandschutz im Betrieb
Nicht nur Gewalt durch Personen, sondern auch ein Brand können den Betrieb und seine Angestellten in Lebensgefahr bringen. Alles über Brandschutz erfahren Sie hier.
Quelle: BGN