Am Anfang stand ein alter Wellblechbus – genau genommen ein 1972er Citroën HY, ein echter Klassiker und Hingucker. Burghard Stephan-Redisiu, eigentlich gelernter Schreiner, hatte diesen Bus bei seinem Schwiegervater entdeckt. „Da müsste man doch eigentlich was draus machen“, lag er ihm immer wieder in den Ohren. Irgendwann überzeugte er ihn und eröffnete 2012 zusammen mit seiner Frau Julia Redisiu in Köln das Café Mobil. Seitdem leben der 44-Jährige und seine Familie von ihrer Leidenschaft: dem Kaffee.
Ihr Geschäft wollten die Kleinunternehmer dabei von Anfang an anders aufziehen als herkömmliche Kaffeeangebote. Nachhaltig sollte es sein und die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigen. Also kauft das Café Mobil ausschließlich nachhaltig gehandelten Kaffee, der bei kleinen Privatröstereien geröstet wird. Außerdem verzichten sie komplett auf Einweggeschirr, um Abfälle, wo es geht, zu vermeiden. In der Konsequenz bedeutet das aber vor allem eines: mehr Arbeit. Geschirr muss transportiert und vor allem gespült werden. Dafür baute Burghard Stephan-Redisiu tatsächlich eine Industriespülmaschine in seinen Truck ein – ein Feature, das man so nicht allzu häufig im Streetfood-Bereich findet. „Eigentlich steht bei jeder Spülmaschine dabei, dass sie nicht für den mobilen Einsatz geeignet ist, aber das ist in der Praxis anders“, erklärt er.
Nachhaltigkeit to go
Neben Tassen und Gläsern für den Kaffeegenuss vor Ort arbeitet das Café Mobil mit dem To-go-Mehrwegsystem von Recup: Die Becher des Start-ups kann der Gast gegen einen Euro Pfand erstehen und dann bei einem beliebigen anderen Anbieter wieder abgeben. Das spart jede Menge Müll und ist wesentlich nachhaltiger als die Einwegalternative. „Das ist natürlich das perfekte System und hat sich inzwischen auch sehr gut etabliert. Mittlerweile gibt es die Recups gefühlt an jeder Ecke. Das ist ja auch die Idee, wenn man einen solche Becher mitnimmt: Man kann ihn, wenn der Kaffee leergetrunken ist, im Prinzip auch schon am nächsten Laden abgeben“, beschreibt Burghard Stephan-Redisiu. Die To-go-Becher sind seit Beginn der Corona-Zeit elementarer Bestandteil des Konzepts, denn mit Einwegbechern wollten die Kölner aus Nachhaltigkeitsgründen nicht arbeiten. Vor Corona hatten sie den Kaffee in Porzellantassen in einem bestuhlten Areal vor dem Truck ausgeschenkt, doch diese Lösung war mit dem Lockdown hinfällig.
Allgemein ist die Corona-Zeit auch für das Café Mobil alles andere als leicht: Burghard und Julia mussten die Mitarbeiter drastisch reduzieren und betreiben das Geschäft seitdem nur noch zu zweit. Veranstaltungen, Messen und Festivals sind natürlich kein Thema mehr. Doch zum Glück haben sie schon seit einigen Jahren feste Standplätze auf verschiedenen Kölner Märkten, die einen stabilen Umsatz garantieren. „Vor Corona haben wir noch darüber nachgedacht, den Wochenmarkt wegzulassen und nur noch Veranstaltungen zu machen, weil diese finanziell natürlich interessanter sind. Jetzt sind wir aber froh, dass wir es nicht so gemacht haben“, beschreibt er.
Qualität kostet
Jeder im Team des Café Mobil ist ein ausgebildeter und von der SCA (Speciality Coffee Association) zertifizierter Barista – und das schlägt sich auch auf die Qualität des Angebotes aus, so Burghard Stephan-Redisiu: „Das wird oft unterschätzt. Aber eine Küchenhilfe ist eben auch kein Koch. Man sieht in der Gastro so oft, dass irgendwelche Aushilfen an die Kaffeemaschine gestellt werden und dementsprechend ist das Ergebnis.“
Ein weiteres Qualitätsmerkmal sind die Kaffeeprodukte, mit denen die Baristi arbeiten. Den beiden war es von Anfang an wichtig, dem Thema Kaffee mehr Wertschätzung entgegenzubringen, weg von der Idee des Kaffees als „billigem Dopingmittel“ und hin zum Genuss. Also investierten sie in hochwertigen Kaffee in Bio-Qualität – und blättern einen entsprechenden Preis dafür hin. Das bedeutet gleichzeitig aber auch, dass die Gewinnmarge deutlich geringer ausfällt, als wenn das Geschäft mit billigem Kaffee betrieben würde. Der Spagat zwischen Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit ist groß. Die Rohstoffe sind teurer, die Kosten für eine zusätzliche Arbeitskraft, die sich um den Spülberg kümmert, sehr viel höher, als wenn man mit Einwegprodukten arbeiten würde. Auch die Miete für die zusätzlichen Sitzplätze hat es in sich. Gleichzeitig will Burghard Stephan-Redisiu seinen Kaffee nicht für horrende Preise anbieten, sondern für jeden bezahlbar machen. Der Espresso liegt bei 1,80 Euro, ein Capuccino kostet 2,70 Euro.
„Die Effizienz ist natürlich nicht die gleiche. Ich könnte auch billigen Kaffee einkaufen, eine billige Milch verwenden, meine Leute schlecht bezahlen und alles in Einweg machen und unterm Strich würde natürlich sehr viel mehr übrigbleiben. Aber das ist ja genau das, was wir nicht wollten“, beschreibt er, auch mit Blick auf die Zukunft unseres Planeten.
„Man sieht in der Gastro so oft, dass irgendwelche Aushilfen an die Kaffeemaschine gestellt werden und dementsprechend ist das Ergebnis.“
Burghard Stephan-Redisiu
Weitermachen
Um die Zukunft seines Geschäftes hingegen macht er sich keine Sorgen. Kurzarbeit, Sparmaßnahmen und die staatlichen Hilfspakete sorgten im vergangenen Jahr dafür, dass Café Mobil weiter existieren kann. Doch für 2021 gibt er sich keinen Illusionen hin: „Ich mache mir auch keine Hoffnung, dass ich dieses Jahr irgendeine Messe mache oder so; wir haben auch schon große Sachen wie Weihnachtsmärkte abgesagt, weil es einfach keine Planungssicherheit gibt.“
Für die kommenden Jahre wünschen sie sich, dass nachhaltige Konzepte wie das ihre mehr gefördert werden und sich am Ende auch finanziell mehr lohnen. Das Geld allein war nie ein ausschlaggebendes Kriterium. Sie möchten vor allem ein Vorbild sein und die Menschen zu mehr Nachhaltigkeit inspirieren, auch nach der Corona-Krise.
Quelle: B&L MedienGesellschaft