Das Co-Cooking-Konzept von Herd Open Kitchen in Wien ist schnell auf den Punkt gebracht: eine Küche, geteilt von rund 40 Köchen aus bis zu 29 Unternehmen. Eine Geschäftsidee auch für Großküchen?
Die Idee des Co-Cooking ist dem des Co-Working-Office sehr ähnlich: Man mietet sich für einen bestimmten Zeitraum ein, teilt sich Technik und Räumlichkeiten mit anderen und profitiert dabei vom „Nachbarschaftseffekt“, wie es Marko Ertl nennt: „In unserer Gemeinschaft kann man sehr schnell Zutaten organisieren, Geräte oder Personal ausborgen oder Kooperationen und Aufträge an Land ziehen“, erläutert der Gründer der Wiener Gemeinschaftsküche Herd Open Kitchen. Zusammen mit seinem Streetfood-Truck-Partner Matthias Kroisz gründete er die Küche auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Mieter voneinander lernen: „Fehler, die wir als junge Unternehmensgründer gemacht haben, bleiben Newcomern so vielleicht erspart.“
„Mit dem richtigen Konzept und Know-how könnten sich Großküchen, die nur zu bestimmten Zeiten genutzt werden, diese teilen.“
Marko Ertl, Gründer, Herd Open Kitchen
Der Hauptimpuls für Herd Open Kitchen war allerdings eher pragmatischer Natur: Die Foodtrucker hatten sich zur Vorproduktion für ihr Unternehmen Wrapstars in eine Restaurantküche eingemietet, die aber schnell für zwei Parteien zu klein wurde. Als sie auf eine leer stehende, 30 Jahre alte und 700 m² große Betriebsküche stießen, bewiesen sie Mut zu neuen Koch-Wegen. „Dank Kooperationen mit Metro und Hobart ist die Küche inzwischen auf dem neuesten Stand. Sie unterstützen uns mit besonderen Einkaufskonditionen und technisch. Das kommt auch unseren Mietern zugute“, berichtet Marko Ertl.
Miet-Optionen
2017 startete Herd Open Kitchen mit fünf Mietern, mittlerweile nähert sich die Küche mit 29 Mietern der Kapazitätsgrenze. Von acht Stunden pro Monat bis 24/7 ist dabei alles möglich. Ab 200 Euro im Monat ist ein Arbeitsplatz inklusive Lagermöglichkeit zu haben. Teilzeitnutzer müssen sich mindestens auf drei Monate verpflichten. Zu den Mitgliedern zählen neben Foodtrucks auch Restaurants mit mehreren Filialen, Lieferdienste, Caterer oder sogenannte Ghost-Kitchens.
Infrastrukturelle Vorteile für die Mieter: Lagerräume sind ausreichend vorhanden und vorschriftsgemäß aufgebaut. Weiterer Platz kann nach Bedarf gemietet werden. Der Vermieter haftet für den Zustand der Geräte und Infrastruktur: „Wenn z. B. eine Fliese bricht, müssen wir uns darum kümmern. Wenn dagegen etwas nicht korrekt gelagert wurde, dann ist das Mitglied verantwortlich“, erläutert Marko Ertl.
„Das Konzept funktioniert sehr gut, Ärger gab es bisher nicht“, resümiert der Gründer. Das liegt wohl auch am Bauchgefühl der Inhaber, das bei der Entscheidung für oder gegen neue Mieter immer eine Rolle spielt. Zudem gelten für alle gewisse Hausregeln, wie Sauberkeit, keinen Stress provozieren und offene Kommunikation.
GV-Küchenmodell?
Ist Co-Cooking auch ein Ansatz, um GV-Küchen außerhalb der Betriebs- bzw. Stoßzeiten besser auslasten zu können? „Mit dem richtigen Konzept und Know-how könnten sich Großküchen, die nur zu bestimmten Tageszeiten genutzt werden, diese mit anderen teilen“, glaubt Marko Ertl. Je größer der GV-Betrieb, desto wichtiger ist aber das Thema Hygiene – hier wäre das Vorgehen im Einzelfall abzustimmen. Des Weiteren müsste man Systeme aufstellen, die für die Mieter klare Grenzen schaffen und so deren, aber auch die eigenen Produktionsabläufe nicht beeinträchtigen. Ich denke z. B. an geteilte Kühl- und Lagerflächen, zugängliche Arbeitsbereiche, Geräte etc. und einen festen Ansprechpartner“, ergänzt er.
Quelle: B&L MedienGesellschaft