Im Jahr 2020 fielen etwa 19 Millionen Tonnen Verpackungen pro Jahr in Deutschland an. Seit dem Jahr 2000 hat sich die allgemeine Menge an Verpackungen in Deutschland laut dem Umweltbundesamt um 23 % erhöht. Einwegverpackungen aus Plastik bzw. deren Müll erhöhte sich seitdem um 79 %. Pandemiebedingt stieg das Aufkommen von Verpackungsmüll noch einmal deutlich an.
Um die Folgen einzudämmen, hatte die EU schon 2019 ein Verbot von Plastik beschlossen: Und so gilt seit dem 3. Juli 2021 in Deutschland (und den anderen EU-Staaten) das Verbot vieler Einwegplastikartikel, für die es Alternativen aus anderen Materialien gibt. Auch EU-weit ist die Herstellung bestimmter Gegenstände aus Einwegplastik nicht mehr erlaubt. Eine EU-Richtlinie verbietet herkömmliche Einwegprodukte aus Kunststoff, die aus fossilen Rohstoffen wie Rohöl hergestellt werden. In der EU-Richtlinie 2019/904 vom 5. Juni 2019 ist konkret aufgelistet, für welche Artikel aus Einwegplastik das Aus kommt. Vor allem für den Außer-Haus-Markt essenziell: Besteck, Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen, To-go-Getränkebecher, Fastfood-Verpackungen und Wegwerf-Essenbehälter aus expandiertem Polystyrol (bekannt als Styropor) sind künftig nicht mehr erlaubt.
Meeresabfälle bestehen zu 50 % aus Einwegverpackungen aus Plastik
Hintergrund dieser EU-Richtlinie waren übrigens jahrelange Monitorings an europäischen Stränden, die die Meeresverschmutzung verdeutlichen. Dabei kam heraus, dass über 80 % der Meeresabfälle aus Kunststoff bestehen. Allein 50 % davon sind Einwegverpackungen aus Plastik, wie sie bereits genannt wurden. Eben deshalb sind Maßnahmen zur Verringerung des Verbrauchs dieser kurzlebigen Einwegprodukte sinnvoll.
Aber nicht nur die Politik beschäftigt sich mit dem Thema. Mittlerweile gibt es zahlreiche Initiativen, die sich für ein Umdenken in diesem Bereich einsetzen. So auch Futouris, die Nachhaltigkeitsinitiative der deutschen Tourismusbranche, die einen Leitfaden zur Reduzierung von (Einweg-)Plastik in Hotels und Tourismusbetrieben veröffentlich hat. Dieser wurde im Rahmen des Projektes „Plastikfreier Urlaub auf den Balearen“ entwickelt, hält aber Alternativen bereit, die durchaus auch für Restaurants und Betriebscasinos interessant sind.
Denn die verschiedenen Plastikprodukte werden anhand ihrer Auswirkungen in puncto Nachhaltigkeit dargestellt, sodass Betriebe unkompliziert die für sie am besten umzusetzenden Alternativen wählen können. „Die meisten Einwegverpackungen aus Plastik sind leicht zu ersetzen. Aber viele Unternehmen kennen die Möglichkeiten nicht“, ist Prof. Dr. Harald Zeiss, Vorsitzender von Futouris, überzeugt. Und genau da setzt der Leitfaden an.
Alternativen, die in Frage kommen
Neue Bio-Kunststoffe sind mitunter eine Alternative zu Einwegverpackungen aus Plastik. Sie schonen heute die fossilen Rohstoffe, bereiten aber noch Probleme bei der zügigen Kompostierung oder dem effizienten Recycling. Zudem ist eine bessere Ökobilanz laut Experten nicht immer gesichert. Denn auch pflanzenbasierte Rohstoffe verbrauchen Flächen, Wasser und verursachen Umweltschäden.
Das Nonplusultra scheinen Mehrweg-Verpackungssysteme zu sein. Sie reduzieren durch ihre Wiederverwendbarkeit nicht nur den Abfall, sondern überzeugen durch ihre Langlebigkeit. Schon seit einigen Jahren gibt es immer mehr Anbieter, die solche Systeme regional, kommunal, bundesweit oder gar international in Umlauf bringen.
Dass diese Mehrwegkonzepte funktionieren, zeigen diverse Anwender aus der Branche: So setzt beispielsweise der Caterer Aramark auf die Produkte von ReCup und Vytal. „Nicht jeder Gast hat sein eigenes Behältnis dabei, wenn er in der Betriebsgastronomie gesundes Essen für unterwegs, fürs Home-office oder zu Hause mitnehmen möchte“, erklärt Arnd Rune Thomas, Vorsitzender der Geschäftsführung Aramark Holding, die Einführung.
ReCup hat Schalen, Bowls und Cups in verschiedenen Größen im Programm. Für alle Behälter bezahlt der Ausgabe-Betrieb Pfand an ReCup, das bei der Ausgabe der Gerichte pro Box an den Gast weiterberechnet wird. Der Clou: Das System sieht vor, dass die Behälter nicht nur im eigenen Restaurant, sondern bei vielen externen Partnern zurückgegeben werden können. Hier erhält der Gast sein Pfand zurück und die Bowls bzw. Cups werden nach hygienischer Reinigung wiederverwendet.
Bei Vytal wird der Prozess dagegen digital über eine App gesteuert, die sich der Gast zum Beispiel auf sein Smartphone lädt. Mit seiner Registrierung erhält er automatisch einen persönlichen QR-Code, der später für den Bezahlvorgang gescannt wird. Auch die Behälter sind mit einem solchen Code versehen. Hat sich der Gast sein Gericht ausgesucht und eingepackt, werden beide Codes gescannt und zugeordnet. Im Anschluss hat er 14 Tage Zeit, um die Schale wieder abzugeben – entweder in der Betriebsgastronomie oder bei jedem Vytal-Partner. Auch im Handling überzeugen die Produkte: „Die Behälter sind wärmeisolierend, bruch- und auslaufsicher, spülmaschinengeeignet und können in die Mikrowelle gegeben oder auch eingefroren werden“, weiß Arnd Rune Thomas.
Gegen gesundheitsgefährdende Stoffe
Die EU will den Verpackungsmüll zukünftig noch weiter reduzieren. In Brüssel haben sich Unterhändler im März 2024 darauf geeinigt, bestimmte Einwegverpackungen aus Plastik ab 2030 zu verbieten, darunter auch die für unverarbeitetes frisches Obst und Gemüse oder Einzelverpackungen für Zucker- oder Salzportionen. Lebensmittelverpackungen dürfen der Einigung zufolge künftig keine sogenannten ewigen Chemikalien mehr enthalten, die besonders langlebig sind und als gesundheitsschädlich gelten. Die Mitgliedsländer sollen Pfandsysteme für Einweg-Plastikflaschen und Getränkedosen einrichten.
Konkret könnten dann auch Alternativen aus Bambus betroffen sein. Denn Kaffeebecher aus Bambusfasern oder auch Maismehl enthalten nach Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) oft Kunststoffe wie Melamin-Formaldehyd-Harze. Diese können nach Aussage der Experten bei höheren Temperaturen gesundheitlich bedenkliche Mengen an die Lebensmittel abgeben, zum Beispiel wenn heiße Getränke in die Behältnisse gefüllt werden.
Aber auch für den guten alten Pizzakarton könnte dann Schluss sein. Denn neben der Problematik der Entsorgung – viele Konsumenten wissen nicht, dass die Kartons gesetzlich nicht im Altpapier entsorgt werden dürfen, wenn sie mit Speiseresten und Fetten behaftet sind – können auch Pizzakartons über 250 Schafstoffe enthalten. Abhilfe für beide Probleme gibt es in diesem Fall von einem kleinen Familien-Start-up aus Frankfurt am Main: Pergano nutzt ein Blatt Natur, das als Trennschutz zwischen Pizza und Karton liegt. Für die Produktion des Papiers werden nachwachsende Rohstoffe aus FSC-zertifizierten Wäldern ohne chemische Zusätze verarbeitet.
Die Rohstoffe werden mittels Dampf-Walzen einer wiederholten Pressung unterzogen. Dadurch verbinden sich die unterschiedlich langen Naturfasern zu einem robusten und stabilen Papier. Damit bleibt einerseits der Pizzakarton sauber und kann im Altpapier entsorgt werden und andererseits schützt das Spezialpapier die Pizza vor dem direkten Kontakt mit der Verpackung. Das Pizzapapier selbst ist vollwertig kompostierbar und kann über die Bio-Tonne entsorgt werden. Justus Herbert, einer der Gründer, erklärt zudem: „Immer häufiger bekommen wir von unseren Kunden die Rückmeldung, dass der Konsument bei der Folgebestellung seinen sauberen Pizzakarton wieder mitbringt – schließlich könne er ja nun problemlos nochmal verwendet werden.“
So tragen auch „vermeintliche“ Kleinigkeiten einen großen Schritt zum Wandel bei. Und wer weiß, vielleicht können wir schön früher als gedacht, dem (Plastik-)Müllberg Lebewohl sagen.
Quelle: B&L MedienGesellschaft