Die steigende Mehrwertsteuer verunsichert die Gastronomie: Wie umgehen mit den abrupt steigenden Preisen? Orientierung bietet Florian Langenstraß. Er selbst ist Gastronom und Betriebswirtschaftlicher Kundenberater beim Service-Bund. Bei einem Webinar des ETL Adhoga unter der Leitung von Erich Nagl am 19. Dezember gab er zusammen mit Florian Langenstraß Tipps, wie man sich auf die Steuerangleichung vorbereiten kann. Das sind seine Ratschläge:
1. Deckungsbeitrag kennen
Als Gastronom sollte man den Deckungsbeitrag für jedes einzelne Gericht auf der Karte kennen. Hat man die Top 10 oder Top 15 Gerichte ermittelt (z. B. mithilfe des Kassensystems), sollte man auf die Produktionszeit schauen – denn was nutzt ein Gericht mit niedrigem Wareneinsatz, wenn die Herstellung sehr lange dauert und somit der Personalaufwand unverhältnismäßig hoch ist? Florian Langenstraß empfiehlt, im Zweifelsfall aufwändige Komponenten durch High Convenience zu ersetzen, diese aber individualisiert zu servieren. Niemals sollte aber an der Zeit am Gast gespart werden, denn eine aufmerksame Bedienung ist zentral für das Erlebnis.
2. Verfahrensdokumentation führen
Alle kaufmännischen betriebswirtschaftlichen Vorgänge sollten dokumentiert werden – vom Umprogrammieren der Kasse bis zur Info, wann das Geld zur Bank getragen wurde. „Für Gastronomen, die das bisher nicht so genau genommen haben, ist der Jahreswechsel eine gute Gelegenheit, um damit anzufangen“, rät Florian Langenstraß. Die Verfahrensdokumentation umfasst auch das Programmierprotokoll, das erfasst, wann welche Steuer gegolten hat.
3. Digitalisieren und automatisieren
„Wenn Sie sich einmal die Mühe machen, alle Rezepte zu digitalisieren, dann sparen Sie in Zukunft Zeit“, rät Florian Langenstraß. Sind alle Rezepte beispielsweise in einer Excel-Tabelle erfasst, muss man nur die Einkaufspreise anpassen bzw. den Steuerschlüssel ändern und sieht sofort, was sich bei den einzelnen Gerichten effektiv ändert. Vorausgesetzt diese theoretsichen Rezepte werden auch tatsächlich praktisch umgesetzt. „Ich will keinen Koch in seiner künstlerischen Freiheit beschränken, bitte nicht falsch verstehen. Aber wenn 200 Gramm Fleisch kalkuliert sind, und auf dem Teller landen 250 Gramm, dann gibt es ein Problem.“
Auch die Verkaufszahlen der Produkte sollten digital erfasst werden, idealerweise im Kassensystem – nur so lässt sich objektiv und auf die Schnelle analysieren, welche Produkte wie stark nachgefragt sind.
Wie werden vorkalkulierte Feiern abgerechnet?
Ein brenzliger Fall sind Feiern, für die in 2023 ein Kostenvoranschlag für 2024 erstellt wurde oder die verschoben wurden. Gelten dabei die 7 Prozent oder die 19 Prozent Steuer? Florian Langenstraß erklärt: „Es kommt darauf an, was im Vertrag steht. Wenn Sie einen Nettopreis plus Mehrwertsteuer für das Event vereinbart haben, dann können Sie den Preis anpassen. Haben Sie das Event brutto abgerechnet und damit quasi einen Fixpreis vereinbart, dann ist das nicht möglich. Hier würde ich auf den Kunden zugehen, die Situation besprechen und fragen, ob sich etwas machen lässt. Eine mögliche Lösung kann in der Mitte liegen: Vielleicht lässt sich etwas umgestalten oder das Buffet überdenken, damit es nicht teurer wird, aber auch der Gastronom kein Minusgeschäft macht?“
Ein Tipp: Generell ist es künftig empfehlenswert, Angebote mit Nettopreisen abzugeben.
4. Kassenumstellung vorbereiten
Noch dürfen Gerichte im Haus zu einer Besteuerung von 7 Prozent ausgegeben werden – und das bleibt so bis zum Frühstücksbuffet am 1. Januar 2024. „Sie sollten sich trotzdem bereits jetzt mit der Umstellung befassen. Wenn es dann an Neujahr soweit ist, wissen Sie genau, welche Klicks sie an der Kasse tätigen müssen und der Betrieb geht nahtlos weiter“, sagt Florian Langenstraß. Er selbst hat bereits eine Infomail vom Hersteller seiner Kasse bekommen, die ihm bei der Umstellung assistiert. Wichtig für Gastronomen ist, sich vor dem 1. Januar damit zu befassen. Übrigens: „Wenn Sie in der Silvesternacht bis zum frühen Morgen Speisen ausgeben, dürfen Sie noch die 7 Prozent berechnen. Bis vor dem Frühstück an Neujahr ist das in Ordnung“, ergänzt Florian Langenstraß.
5. Beilagen oder Gerichte anpassen
Nahe Hamburg erhielt ein Gastronom mediale Aufmerksamkeit, weil seine Gerichte trotz Steuererhöhung günstiger wurden. Sein Trick: Fleischkomponenten aus den Gerichten streichen und als On-Top-Optionen anbieten. Florian Langenstraß geht es anders an: „Die Hauptkomponente würde ich aus einem Gericht nicht streichen. Die Beilagen lassen sich leichter anpassen, das akzeptiert der Gast auch eher.“ Eine teure Beilage kann durch eine günstigere Variante und eine aufwändige Beilage durch ein hochwertiges Convenience-Produkt ersetzt werden. Trotzdem spricht nichts dagegen, spannende fleischfreie Gerichte anzubieten: „Die verkaufen sich auch bei mir auf dem Land inzwischen ganz gut“, sagt Florian Langenstraß.
6. Mit dem Gast sprechen
Steigen die Preise, dann bleibt das den Gästen nicht verborgen. Wenn ein Gast eine Bemerkung dazu macht, empfiehlt Florian Langenstraß, zu erklären, wie die höheren Kosten zustande kommen. „Das sollte man aber positiv rüberbringen. Dafür spricht man erstmal mit seinem Team, erklärt es denen und die wiederum können auch den Gästen Rede und Antwort stehen.“
Das war 2023. So wird 2024.
Kurz vor dem Jahresende haben die Redaktionen GVMANAGER und 24 Stunden Gastlichkeit bei Vertretern der Außer–Haus-Branche nachgefragt, wie sie auf das Jahr 2023 zurückblicken und dieses abschließen. Hier finden Sie die Statements.
Quelle: B&L MedienGesellschaft