In der neuen Ausbildungsordnung, gültig ab August 2022, erhält die vegetarisch-vegane Kochasubildung mehr Platz. (Quelle: Colourbox.de)
Quelle: Colourbox.de

Grünes Know-how

Ab dem 1. August 2022 heißt es: „Vieles neu“ – wenn es um die Ausbildung junger Menschen als Koch/Köchin geht. Denn mit der Neuordnung der Ausbildungsverordnung erhalten das Thema Nachhaltigkeit und damit auch die vegetarisch-vegane Kochausbildung einen größeren Stellenwert.

Vegetarisch-vegane Kochausbildung

Im Interview erklärt Heiko Becker, Regionalleiter Berlin-Brandenburg bei L&D und Ausbildungsexperte des Verbands der Köche Deutschlands e.V. (VKD), welche Veränderungen die Neuordnung in puncto vegetarisch-vegane Kochausbildung mit sich bringt und warum der Einzug nachhaltiger Aspekte in die Ausbildung längst überfällig war.

Herr Becker, warum ist es aus Ihrer Sicht besonders wichtig, dass die umfangreiche Thematik der Nachhaltigkeit nun auch in der neuen Ausbildungsverordnung einen Platz gefunden hat?

Das Thema Nachhaltigkeit nimmt einen immer größeren Stellenwert in der Gesellschaft und somit auch in zukünftigen Ausrichtungen einer modernen zukunftsgewandten Gastronomie ein. Nachhaltigkeit heißt eben nicht nur, Wasser zu sparen und Müll zu vermeiden, sondern umfasst in der Gastronomie das ganzheitliche Konzept. Dazu gehört die Mitarbeiterführung, das Arbeiten im Team, unternehmerisches Denken und Handeln und der Einkauf: das Kennen und Nutzen von regionalen und saisonalen Lieferketten. Weiterhin ist es wichtig, im Sinne der eigenen Nachhaltigkeit seine Kosten im Auge zu haben. In der neuen Verordnung haben wir uns besonders stark gemacht, die zukünftigen Fachkräfte für das Berufsleben gut aufzustellen und viele (nachhaltige) Denkanstöße zu geben.

Ist es nicht so, dass Nachhaltigkeit in der heutigen Zeit auch ein USP sein kann? „Aufgeklärte“ und kompetente Führungskräfte schaffen es, Gäste täglich zu begeistern und sind positive Botschafter für unsere Branche.

Werden in puncto Nachhaltigkeit sowohl ökologische, ökonomische als auch soziale Aspekte der Nachhaltigkeit behandelt? Wie sieht hier die Gewichtung aus?

Wir können die drei Lehrjahre nutzen, um viele Themen anzureißen und bewusst zu machen; unsere Auszubildenden sollen auf die zukünftigen Aufgaben als Führungskräfte vorbereitet werden. Der Ausbildungsberuf Koch/Köchin soll ein Beruf mit einer breiten Grundbildung bleiben, dabei sind viele Grundtechniken, Hygienevorschriften oder auch küchentechnische Verwaltungsprozesse zu erlernen. Während der gesamten Ausbildung werden zudem die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit gelehrt, in einigen Berufsbildpositionen werden die Themen nochmals verstärkt aufgegriffen.

Soziale Aspekte wie Work-Life-Balance, Kritik- und Kommunikationsfähigkeit stehen beispielsweise im berufsprofilgebenden Ausbildungsrahmenplan: Der Umgang mit Teammitgliedern sowie das Führen von Mitarbeitern sind nicht neu, aber werden doch verstärkt enthalten. Dies finden Sie in der Berufsbildposition 19: „Anleitung und Führung von Mitarbeitenden“. Dabei geht es auch um Wertschätzung und teamorientiertes Leiten und Motivieren und – ganz wichtig – Kritik empfangen oder auch weitergeben. Gerade in Bezug auf den Fachkräftemangel sind dies essenzielle Fähigkeiten, die erlernt werden müssen.

Irgendwann führen die zukünftigen Fachkräfte ihre eigenen Betriebe und es geht um ihr Geld. Dabei sind z. B. die Sicherstellung von Warenflüssen, Kalkulationen von Preisen und Ermittlung von Kosten entscheidend für eine nachhaltige Ausrichtung. Die integrative Berufsbildposition 13 befasst sich mit: „Planung und Umsetzung des nachhaltigen Einsatzes von Geräten/Maschinen, Arbeitsmitteln, Lebensmitteln und Ressourcen“, dabei werden ökonomische Aspekte berücksichtigt.

Die ökologische Sichtweise ist übergreifend zu finden, Regionalität oder ganzheitliche Verarbeitung sind gerade auch in den bundeseinheitlichen praktischen Prüfungsaufgaben und verbindlichen Checklisten ersichtlich. Dabei fällt mir unser Ziel, unsere Vision bei der Neuordnung, ein: „Kleine Unternehmer, die mit Selbstbewusstsein die gastronomische Gastgeberrolle einnehmen und dabei immer die wirtschaftliche Kalkulation im Auge haben.“

Heiko Becker, VKD-Ausbildungsexperte (Quelle: Becker)
Heiko Becker, VKD-Ausbildungsexperte (Quelle: Becker)

Wird im Rahmen der vegetarisch-veganen Kochausbildung während der Ausbildung auch auf Fleischalternativen /Fleischersatzprodukte eingegangen?

Die Themen pflanzenbasierte Ernährung und auch Alternativprodukte spielen eine große Rolle, aber 15 Wochen sind nicht viel Zeit, um allumfassend auszubilden und alle Themen zu behandeln – umso wichtiger ist hier die neu geschaffene Zusatzqualifikation „Vertiefung vegetarische und vegane Küche“ – acht zusätzliche Wochen für interessierte zukünftige Fachkräfte, um sich in diesem Thema stärker ausbilden zu lassen. Hier werden die Themen vertieft: pflanzenbasierte Ernährung, Zusammenstellung von vegetarischen/veganen Menüs, Aufzeigen von Alternativprodukten oder auch Ersatzprodukte und deren Einsatz unter Berücksichtigung des Nährstoffgehalts und den Einkauf unter den Besonderheiten verschiedener Zertifikate und Gütesiegel beachten. Acht Wochen sind sehr viel Zeit, aber ob es ausreicht – wir können wieder nur das Bewusstsein schaffen.

Wir müssen bei einer Ausbildungsverordnung immer die gesamte Bandbreite aller Ausbildungsbetriebe im Auge behalten. Die Ausbildungsverordnung muss für alle gastronomischen Betriebsformen ausbildbar sein, ob Betriebsgastronomie, das (Sterne-)Restaurant oder die (Ketten-)Hotellerie – alle Betriebe müssen alle Inhalte vermitteln. Wir haben uns oft die Frage gestellt: „Können wir das von allen Betrieben verlangen oder legen wir hier die Latte zu hoch?“ Aber ich denke, wir haben gemeinsam mit den Sachverständigen, die übrigens paritätisch mit Arbeitgebern und Gewerkschaften besetzt waren, gute Kompromisse gefunden, und uns stets auf einen Konsens einigen können. Und einfach war das nicht immer.

Ich denke schon, dass der eine oder andere Ausbildungsbetrieb die Zusatzqualifikation als Chance begreift, um sich aus der Vielzahl von Betrieben und die Werbung um Auszubildende herauszuheben und auf sich aufmerksam zu machen.

Glauben Sie, dass ein Teil der ausbildenden Betriebe durch den stärkeren Fokus auf Nachhaltigkeit/pflanzenbetonte Ernährung nun vor einer Herausforderung steht?

Natürlich muss man sich mit den Trends und aktuellen Entwicklungen beschäftigen und eventuell mal über den Tellerrand hinausschauen. Gerade im Zeitalter der Verteuerung oder auch Verknappung von bestimmten Lebensmitteln, wie Fleisch oder der Überfischung, ist eine pflanzenbasierte Ernährung nicht mehr wegzudenken.

Klimaneutralität, veränderte gesellschaftliche Werte und Lebenseinstellungen oder auch das Thema Tierwohl sind die Schlagwörter der Zukunft und das muss sich auch in einer modernen Ausbildung bemerkbar machen. Der VKD bietet übrigens viele Möglichkeiten der Weiterbildung in dieser Richtung.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

info

Nachhaltigkeit in Aus- und Weiterbildung

Weitere Details rund um die neue Ausbildungsverordnung lesen Sie im Interview mit Heiko Becker in unserem Nachhaltigkeitsspecial des GVMANAGER, das Anfang Juli erscheint. Darin finden Sie auch eine Auswahl verschiedener Weiterbildungsmöglichkeiten, die das Thema Nachhaltigkeit in verschiedenen Facetten abbilden.

Quelle: B&L MedienGesellschaft

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