HR-Expertin Jessica Lackner (r.) im Coaching. (Quelle: Dennis Gappmeier)
Quelle: Dennis Gappmeier

Machkraft statt Fachkraft

Seit Jahren herrscht in der Branche Fachkräftemangel. Das Problem ist aber eigentlich ein ganz anderes. Wir sprachen darüber mit HR-Expertin Jessica Lackner, die Gastronomie und Hotellerie gelebt, jeden Handgriff gelernt, hart für ihren Erfolg gearbeitet und jahrelang gastronomische Betriebe geführt hat. Seit 2012 gibt sie Workshops, in denen sie ihr Wissen sowie ihre Erfahrung im Umgang mit Mitarbeitern weitergibt.

Hausgemachte Personalprobleme?

„Wir haben zwar einen Fachkräftemangel, aber einen noch größeren Machkräftemangel“, sagt Jessica Lackner in ihrem Buch „Fachkräftemangel oder Machkräftemangel? Warum Personalprobleme oft hausgemacht sind“ – erschienen im GABAL Verlag. Aber was sind Machkräfte überhaupt und wie werde ich selbst zur Machkraft? Diese Fragen beantwortet die Expertin im Interview.

Frau Lackner, in Ihrem Buch empfehlen Sie Werte, nach denen man ein Team führen sollte. Wie finde ich als Chef bereits beim Vorstellungsgespräch heraus, ob der Bewerber diese Werte mitbringt?

Ganz einfach, indem ich ihn frage: Welche Werte sind dir wichtig, damit du gerne zur Arbeit kommst? Weshalb ist dir entsprechender Wert so wichtig? Was brauchst du, um gut „performen“ zu können?

Bei Fachkräften steht Ihrer Meinung nach das Können im Vordergrund. Sie tun sich dadurch oft schwer, das „alte“ Wissen an neue Bedingungen anzupassen. Wie bekomme ich sie als Chef dennoch dazu?

Indem ich es schaffe, Begeisterung auszulösen. Wenn wir auch die „Alten Hasen“ davon überzeugen, warum sie auf unserem neuen Schiff mitfahren sollen, dann sind sie auch bereit, ihren Weitblick zu öffnen und motiviert, das Team zu Spitzenleistungen zu bringen.

Sie sprechen in diesem Zusammenhang auch von sog. MACHkräften? Was machen solche Menschen für Sie aus? Welche Eigenschaften bringen sie mit?

Eine Machkraft ist eine Person, die das Ziel kennt und einfach macht, die loslegt, ohne viel nachzudenken, und so das Ziel erreicht. Sie beschreibt das Ziel und gibt vor, bis wann es erreicht sein muss; sie hält sich nicht lange mit dem Weg auf, der dort hinführt.

Zudem motivieren Machkräfte ihre Mitarbeiter aktiv, sich mit den Aufgaben des Arbeitsalltages zu identifizieren.

Machkräfte bewerten nie und pflegen eine gesunde Fehlerkultur. Was bedeutet das konkret? Wie gehe ich als Chef damit um, wenn mein Mitarbeiter Fehler macht, die zum Beispiel auch den Betrieb gefährden?

Jeder Mitarbeiter, der so einen gravierenden Fehler macht, leidet in der Regel schon von alleine, ohne dass der „Chef“ bzw. die Machkraft etwas sagen muss. Wichtig an der Stelle ist, nicht noch Salz in die Wunde zu streuen, sondern gemeinsam zu reflektieren und sich zu fragen, warum das passiert ist. Wie können wir zukünftig dafür sorgen, dass es nicht mehr passiert und was können wir gemeinsam als Team tun, um wieder auf Kurs zu kommen.

Meistens ist der Fehler eines Mitarbeiters aber die Folge eines Führungsfehlers. Wenn Mitarbeiter in ihrem Job nicht glücklich sind oder innerlich gekündigt haben, oder sie nicht richtig gesehen werden und keine Wertschätzung und Aufmerksamkeit bekommen, passieren Fehler, weil die Mitarbeiter nicht zu 100 Prozent bei der Sache sind.

Wie sollte die Kommunikation mit solchen Mitarbeitern aussehen?

Ich empfehle regelmäßig 1:1 Meetings mit den Mitarbeitern, um herauszufinden, wo diese stehen, ob ihnen etwas fehlt und wie es ihnen geht? Das muss jetzt nicht zwingend jede Woche sein, aber ein regelmäßiger und ehrlicher Austausch steigert die Motivation.

Auch in Zeiten von Corona war das möglich, zum Beispiel bei einem Spaziergang oder einem Anruf. Schon Richard Branson brachte es treffend auf den Punkt: „Kümmere dich um deine Mitarbeiter, dann kümmern sie sich um das Unternehmen und um die Gäste.“

Als Machkraft geht es auch darum, das gesamte Potenzial in seinen Mitarbeitern zu wecken. Wie mache ich das?

In dem wir uns auf Stärken konzentrieren. Oftmals kennen die Mitarbeiter aber gar nicht ihre vollen Stärken, eine Machkraft findet sie heraus, indem sie den Mitarbeiter an flexiblen Positionen zum Einsatz bringt.

Zudem darf eine Machkraft nicht bewerten, aber mache ich das nicht automatisch?

Das ist ja das „Problem“. Wir neigen dazu, automatisch in die Bewertungsschublade zu gehen. Ich kenne das auch von mir. Wir bewerten manchmal Menschen, die wir gar nicht kennen, mit denen wir noch nie zuvor gesprochen haben. Irgendwann habe ich mich gefragt, ob ich überhaupt das Recht dazu habe? Nein.

Seitdem ich Machkraft bin, bewerte ich nicht mehr. Das kann jeder mental trainieren. Das war übrigens einer meiner Gamechanger, um nicht mehr ständig auf der Suche nach den richtigen Mitarbeitern zu sein. Ich habe den Menschen in den Mittelpunkt gestellt und jedem eine Chance gegeben. Und siehe da, es laufen tatsächlich einige Rohdiamanten draußen herum.

Was sind die ersten Schritte, um als Chef eine Machkraft zu werden?

Zuerst muss man sich bewusst machen, dass Führung eine Entscheidung ist. Und dann sollte man sich sein eigenes Leitbild kreieren und sich fragen, wie man selbst sein oder nicht sein will. Das heißt, die eigenen Mitarbeiter sollten wissen, woran sie bei ihrem Chef sind. Als nächstes müssen die eigenen Werte definiert werden.

Und dann geht es darum, die eigene Vision klar zu kommunizieren und die eigenen Mitarbeiter mit einzubinden, um die Vision noch größer zu machen.

Danke für das Gespräch!

Quelle: B&L MedienGesellschaft

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