Die Mehrwegangebotspflicht ist da – und mit ihr noch viele offene Fragen. Das Mehrweg-Einmaleins sorgt für Klarheit.
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Das Mehrweg-Einmaleins

Seit dem 1. Januar 2023 gilt die Mehrwegangebotspflicht für alle Gastronomiebetriebe mit mehr als fünf Vollzeitkräften und einer Verkaufsfläche ab 80 m2. Mit der neuen Regelung sind jedoch noch einige Unsicherheiten verbunden. Wir fassen alles Wichtige rund um die Mehrwegangebotspflicht zusammen und klären:

  1. warum das Mehrweggebot notwendig ist,
  2. wann genau ein Gastronom Mehrweg anbieten muss,
  3. welche Umsetzungsmöglichkeiten es gibt und
  4. welche Hygieneregeln es zu beachten gilt.

1. Belastungen durch Einwegverpackungen

Warum in Deutschland dringend mehr Mehrweg gebraucht wird, veranschaulichen die Daten zum Müll durch Einwegverpackungen:

  • Mit der Pandemie fielen durch den verstärkten Außer-Haus-Verzehr 7 % mehr Müll an.
  • Deutschland verbraucht 320.000 Wegwerf-Kaffeebecher – stündlich!
  • Jeden Tag fallen durch Mitnehmverpackungen 770 Tonnen Müll an.
  • Take-away-Verpackungen machen 40 Prozent des Straßenmülls aus.
  • Die Entsorgung von Straßenmüll kostet Gemeinden und Kommunen jährlich 720 Millionen Euro.
  • Zerfallende Kunststoffe setzen Mikroplastik frei, das in die Umwelt und somit in die Nahrung gelangt. Das gilt auch für biologisch abbaubare Kunststoffe.
  • In normalem wie auch in biobasiertem Plastik wurden teils giftige Stoffe und Chemikalien nachgewiesen.

2. Für wen gilt die Mehrwegangebotspflicht?

Das Mehrweggebot gilt für Gastronomen, die mindestens fünf Vollzeitangestellte beschäftigen und eine Verkaufsfläche von über 80 m2 umfassen.

Anhand folgender Infografik von Dish lässt sich nachvollziehen, in welchen Fällen Gastronomen eine Mehrwegoption anbieten müssen:

Die Infografik fasst die Bedingungen zusammen, unter denen Gastronomien dem Mehrweggebot unterstehen.
(Quelle: Dish)

Teilzeitkräfte mit einer reduzierten Stundenzahl werden mit 0,5 (bei 20 Wochenstunden) oder 0,75 (bei 30 Wochenstunden) aufgerechnet. Beschäftigt ein Gastronom also drei Vollzeitarbeitskräfte und drei Teilzeitkräfte mit einer Arbeitszeit von 20 Stundenwochen, ergibt das eine Mitarbeiterzahl von 4,5 – das Mehrweggebot gilt für ihn nicht.

Außerdem müssen Mehrwegoptionen nur für Einwegverpackungen mit Kunststoff angeboten werden. Dazu gehören beschichtete Kaffee- und Eisbecher, nicht jedoch Pizzakartons aus Pappe. Ausgenommen sind auch Tüten und Folien für Brötchen und Sandwiches, da die Verpackung auch zur Aufbewahrung dient.

Verpackungen aus Pappe unterliegen nicht dem Mehrweggebot – es sei denn, sie sind beschichtet, wie z. B. Kaffee- und Eisbecher.
Verpackungen aus Pappe unterliegen nicht dem Mehrweggebot – es sei denn, sie sind beschichtet, wie Kaffee- und Eisbecher. (Quelle: Interpas/Colourbox.de)

Halten sich Gastronomiebetriebe nicht an das Mehrweggebot, dann fallen je nach Umfang der Ordnungswidrigkeit Geldstrafen in der Höhe von 10.000 bis 200.000 Euro an.

3. Insel, Verbund oder Pool?

Generell gibt es drei Möglichkeiten, Mehrweglösungen anzubieten: Als Insel (eigenes Mehrwegsystem), im Verbund (gemeinsam mit regionaler Gastronomie) oder als Pool (ein überregionales System).

Das Inselsystem bedeutet, dass ein Gastronom seine eigenen Mehrwegbehälter kreiert. Es bietet sich vor allem dann an, wenn es keine Kooperationsmöglichkeiten in der Umgebung gibt, oder ein Gastronom Größe und Gestaltung der Behälter individuell festlegen möchte. Das System bietet sich für Gastronomieketten an, aber auch für Cateringunternehmen, welche die Gefäße als Werbefläche nutzen und mit dem Firmenlogo branden wollen. Betreiber des Inselsystems sind die einzige Ausgabe- und Annahmestelle für ihre Behälter. Die Kosten für Anschaffung und Reinigung tragen sie selbst.

Das Verbundsystem basiert auf regionalen Initiativen von Städten und Gemeinden. Hierbei bieten alle teilnehmenden Partner einer bestimmten Region (auch Bäckereien und Tankstellen) eine Mehrwegoption gemeinsam an. Die Partner zahlen einen monatlichen Beitrag für die Teilnahme, mitunter werden auch die Anschaffungskosten auf alle Partner umgelegt. Die Reinigung erfolgt im Unternehmen, manchmal gibt es auch gemeinsame Spülküchen oder es werden externe Dienstleister beauftragt. Bisher gab es Verbundsysteme insbesondere für Kaffeebecher, einige professionalisieren sich inzwischen und bieten weitere Verpackungslösungen an.

Beispiele sind Con-Cup im Großraum Mainz und die Cupforcup GmbH mit dem „Good Cup“ im Raum Düsseldorf. Die Städte Frankfurt, Hannover und Potsdam bieten gestaltete Mehrwegbehälter mit lokalem Bezug an.

Das Poolsystem ist die einfachste Möglichkeit, Mehrwegprodukte anzubieten. Der gewerbliche Anbieter stellt alle Mehrwegartikel zur Verfügung, außerdem auch Info- und Werbematerialien inklusive Beratung. Es wird eine monatliche Gebühr fällig, oft zuzüglich eines Cent-Betrags pro Nutzung. Dafür kümmert sich der Anbieter um die Reinigung und um den Austausch kaputter Gefäße. Der Vorteil ist, dass die Kunden die Behälter bei vielen Partnern zurückgeben können – mitunter deutschlandweit. Viele Poolsysteme setzen auf eine App, über welche das Pfand abgewickelt wird. Die Kunden müssen sich hier registrieren.

Gewerbliche Anbieter von Poolsystemen sind z. B. reCircle, Recup und Rebowl, Relevo, Faircup, Vytal und weitere. Tiffin Loop bietet z. B. Boxen aus Edelstahl an. Mehrweglogistik für Großveranstaltungen gibt es von Cup&More, CupCycle und Cup Concept.

Egal, für welches System sich ein Gastronom entscheidet, die Mehrweggefäße sollten folgende Eigenschaften mitbringen. Sie müssen:

  • frei sein von Schadstoffen und geeignet für Lebensmittel (EU-weit gültiges Glas-Gabel-Symbol),
  • der Größe nach zu den ausgegebenen Mengen passen,
  • spülmaschinenfest sein (mindestens 500 Durchläufe),
  • stapelbar (nestbar) sein,
  • auslaufsicher sein,
  • kratz-, bruchfest und farbecht sein. Vorsicht gilt bei stark färbenden Lebensmitteln wie Curry – sie sollten nicht in weiße oder leicht färbbare Gefäße ausgegeben werden.

4. Welche Hygieneregeln gilt es zu beachten?

Besonders beim Befüllen und der Rücknahme gilt es einige Hygieneregeln zu beachten. Der Lebensmittelverband Deutschland hat hierzu auch zwei Merkblätter veröffentlicht.

  • Personal und Kundschaft sollten so wenig wie möglich mit verschmutztem Geschirr in Berührung kommen.
  • Weder kundeneigenes, noch zurückgenommenes Geschirr darf mit der Einrichtung hinter der Theke in Berührung kommen.
  • Beim Befüllen sollten Kannen und Kellen verwendet werden, Tabletts erleichtern die kontaktlose Übergabe, bei der Rücknahme hilft ein Sammelkorb in einer Durchreich- und Ausgabestelle.
  • Der Reinigungsplan sollte eingehalten und die Hände gewaschen werden, Oberflächen müssen regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden.

Beim Mitbringen kundeneigener Gefäße gilt:

  • Es sollten nur Heißgetränke in kundeneigene Gefäße ausgegeben werden. Eine möglichst heiße Brühtemperatur reduziert Keime.
  • In Gemeinschaftsverpflegungs-Einrichtungen, die sich an Kranke oder hochbetagte Verbraucher richten, sollte auf die Ausgabe in kundeneigenes Geschirr verzichtet werden.
  • Offensichtlich verschmutzte Gefäße von Kunden sollten nicht befüllt werden, bzw. die Kunden sollten auf die Gefahren der Keimbildung hingewiesen werden.

5. Blauer Engel

Nicht zu unterschätzten ist auch der positive Effekt, den besonders ein beworbenes Mehrwegangebot auf das Kaufverhalten umweltbewusster Kunden haben kann. Eine hohe Reputation hat z. B. das Siegel „Blauer Engel“. Möchte ein Gastronom seinen Kunden Umweltbewusstsein kommunizieren, dann kann er auf eine Mehrweglösung setzen, die dieses Siegel trägt – oder, im Fall eines Inselsystems, sich um eine Zertifizierung bemühen.

Quellen: B&L MedienGesellschaft, Umweltbundesamt, Dish by Metro, Lebensmittelverband Deutschland

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