Olaf Herzig, Küchenchef des Macis in Leipzig, spricht über seine Kochkarriere.
Quelle: Tomo Storelli

Pasta für den Papst

Bereits 2009 gründete Olaf Herzig das Bio-Konzept Macis in Leipzig: Ein Bio-Restaurant mit angeschlossenem Einkaufsladen und einer Bäckerei. Damals galt der Bio-Lifestyle noch als altbacken und grau, doch heute zeigt Küchenchef Olaf Herzig, dass Bio bunt, schmackhaft und chic ist. Maßgeblich unterstützt und gestaltet wurde das Macis von der Inhaberin und geschäftsführenden Gesellschafterin Nancy Naumann-Hirt, die das Leben und die Kulinarik mit Olaf Herzig zusammenführte. Sie nennt ihren Küchenchef liebevoll The Taste, denn sein Verständnis für Lebensmittel ist laut Nancy Naumann-Hirt einmalig.

Herr Herzig, was weckte Ihr Interesse an Bio?

Es begann alles damit, dass sich bei meiner Frau Nachwuchs ankündigte. Gesunde Ernährung wurde plötzlich wichtig in meiner Familie. Der Gedanke übertrug sich auf mein damaliges Restaurant, das Medici. Ich begann, bei einem kleinen Naturkosthändler in zwei Kilometer Entfernung für mein Restaurant einzukaufen. Daraus entwickelte sich eine Zusammenarbeit, ich backte ihm Ciabatta in Bio-Qualität und andere Produkte, die es sonst auf dem Bio-Markt nicht gab.

Dann haben Sie ursprünglich italienisch gekocht?

„Das ist doch kein richtiger Italiener!“, haben wir die Leute oft sagen hören. Ich koche für mein Leben gern Pasta und mediterrane Gerichte, aber auf die italienische Küche wollte ich mich nicht beschränken. Daher war das Medici eher ein Mischkonzept, was nicht jeder Gast verstanden hat. Wir hatten auch mal einen Souschef von den Seychellen, der hat dann noch einige kreolische Elemente eingebracht.

Olaf Herzig, Küchenchef im Macis
Olaf Herzig über seine Koch-Karriere. (Quelle: Ayla Paul)

Wie kam es dann, dass Sie ein italienisches Restaurant geführt haben?

Es begann damit, dass ich zwei Jahre in Italien als Koch unterwegs war und viel Erfahrung mit dieser Küche gesammelt habe. Ich habe als Koch bei einem kleinen La-Mamma-Restaurant sogar einmal für Papst Johannes Paul II. kochen dürfen. Unser Restaurant wurde mit dem Job beauftragt und dann hieß es: Mach mal, Olaf. Ich habe direkt in dem Palazzo gekocht, wo der Papst residierte. Die Küchenausstattung war schlecht, es gab nur einen kleinen Campingkocher und für fließendes Wasser musste ich auf die Terrasse rausgehen. Immer wenn ich nach draußen trat, rief mir die versammelte Menge zu: „Habemus Papem!“ Ich war nur der Koch, habe mich aber in dem Moment sehr wichtig gefühlt. Zurück in Deutschland bin ich dann im Medici eingestiegen. Die Besitzer gingen in Rente und ich habe es übernommen.

Wie kam es dann zur Gründung des Macis?

Ein Freund sagte mir, dass dieses Objekt hier als Boarding-Haus geplant ist und ein Bio-Markt mit Restaurant reinsollte. Dafür suchte man noch einen Betreiber. Ich dachte mir, es soll wohl so sein, denn genau so ein Konzept hatte ich ja geplant. Meine Frau Sabine und ich haben das Medici geschlossen und uns ganz dem Macis gewidmet.

Was bedeutet Ihnen das Kochen?

Kochen ist für mich Freiheit. Ich lasse mich ungern vor einen Karren spannen oder vor eine Flagge stellen. Kochen muss Spaß machen und sich authentisch anfühlen. Das beginnt mit einem hochwertigen Produkt, weswegen der Weg zu Bio-Zutaten für mich nur konsequent war. Damit meine ich nicht, dass alle Bio-Zutaten perfekt sind und auch nicht, dass es keine ehrbaren konventionellen Bauern gebe – das sehe ich ganz ideologiefrei. Aber ich denke, auf dem Bio-Markt hat man die beste Chance, hochwertige und gesunde Produkte zu finden.

Was kochen Sie besonders gerne?

Immernoch Pasta ­– und die mache ich auch mal selbst. Pasta ist unglaublich vielfältig und wunderbar zu kombinieren. Ich rühre aber auch mal etwas kalt zusammen oder backe – solange ich mir ein kulinarisches Erlebnis davon verspreche, habe ich keine Berührungsängste. Viele Köche wollen auch zuhause nicht kochen und setzen sich nur aufs Sofa. Klar lasse auch ich gerne mal für mich kochen, aber oft heißt es dann doch: „Ach Papa, mach du mal.“

Haben Sie zurzeit ein spannendes Kochprojekt?

Oh ja: Ich bin gerade an einem witzigen Projekt mit einem Bio-Landwirt aus der Gegend Oschatz dran, vom Gut Waldland. Er versucht nämlich, Khorasan-Kamut-Getreide anzubauen. Das ist ein Ur-Dinkel, den ein Archäologe um 1830 aus der Grabkammer des Tutanchamun gewonnen hat. Das heißt, er hat dort keimfähige Saat gefunden, diese mit nach Amerika genommen und dort kultiviert. Solchen Khorasan-Kamut möchte der Landwirt nun in Deutschland anbauen. Ich will dann versuchen, aus dem Getreide Pasta zu machen, natürlich gemischt mit Hartweizengrieß. Die Eier für die Pasta hat der Landwirt auch, er hält nämlich Hühner in mobilen Ställen in Agrar-Forstwirtschaft. Eier sind ein wichtiger Teil der Pasta, denn je nach Qualität hat sie eine andere Farbe.

Welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach die Bio-Landwirtschaft für die Nachhaltigkeit?

In den meisten Fällen ist sie, denke ich, besser für die Natur. Was in der konventionellen Landwirtschaft an Gülle auf die Felder geworfen wird, das ist ja fatal. Unter dem Acker liegt nur noch totes, ausgelaugtes Land, das ist für mich menschen- und erdfeindlich. Außerdem verursacht es enorme Folgekosten: Die konventionell produzierten Lebensmittel kosten zwar erstmal weniger, aber die Herstellung richtet enorme Schäden in der Gesundheit der Natur und des Menschen an, die in Zukunft auf die ganze Gesellschaft zukommen. Wären diese Kosten für die Zukunft mit einberechnet, dann wären Bio-Produkte günstiger.

Wo liegt Ihrer Meinung nach das Problem – bei den Konsumenten oder bei der Politik?

Bei der Politik, würde ich sagen. Die Preise der Lebensmittel sind einfach falsch und Menschen mit wenig Geld können ja zum Teil nicht anders, als günstige Produkte einzukaufen. Ich finde, die Politik sollte aufhören, nur die Interessen von großen Chemiekonzernen und anderen Profiteuren zu vertreten. Immerhin haben sie sich nun das Ziel von 30 Prozent biologischer Landwirtschaft ins Programm geschrieben. Das ist ein Anfang. Aber natürlich entscheidet auch jeder Einzelne mit seinem Essverhalten, wie die Zukunft aussieht: Sich zu ernähren ist heute eine unglaublich politische Sache. Hier sollte aber auch jeder bei sich bleiben und in Eigenverantwortung denken. Wovon ich gar nichts halte, ist, den Menschen das vermeintlich Richtige zu diktieren – quasi nach chinesischem Modell. Ich möchte, dass weiterhin jeder Mensch selbstbestimmt lebt. Wir müssen miteinander diskutieren, anstatt eine kleine Gruppe Mächtiger für uns entscheiden zu lassen.

Sind Sie optimistisch?

Ja, besonders mit Blick auf die junge Generation. Die lassen sich nicht so einfach täuschen. Da wachsen wache Geister heran, die vor großen Aufgaben stehen. Ich denke, die Zeiten waren nie so günstig für die Bio-Branche. Denn im Grunde halte ich es für den richtigen Weg, denn Bio ist für den Menschen gemacht. Viele Mitglieder der Branche lassen den Kopf hängen, weil die Umsätze einmal nicht gestiegen sind. Aber wenn man genau hinschaut, gibt es für mich allen Grund zur Hoffnung. Wir sehen es ja auch an den Gästen des Macis: Das Thema ist heiß und viele Menschen brennen für Bio, so wie ich.

Vielen Dank für das Gespräch!

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Quelle: B&L MedienGesellschaft

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