Wie gewinnt man die Generation Z für die Gastro-Branche? Dieser Frage stellte sich Ralf Hein, Direktor der Hotelfachschule Heidelberg, am 19. Januar im Freitagstalk des FCSI. Gemeinsam mit Moderator Pierre Nierhaus, Mitglied im FCSI, analysierte er Gründe für den Mangel an Nachwuchs und gab Ratschläge, wie man als Ausbilder an die jungen Leute herantritt.
Der neue Koch
Mit der neuen Ausbildungsverordnung vom August 2022 hat sich bereits einiges geändert: „Das ist ein Fortschritt, aber noch nicht genug!“, findet Pierre Nierhaus. Er ist überzeugt, dass die Arbeit der angehenden Fachkräfte vor einer gravierenden Transformation steht: Köche werden in Zukunft mehr Management- und Konzeptionsaufgaben übernehmen, sie werden sich eingehend mit HACCP befassen und noch mehr Führung übernehmen. Insbesondere das Führen von Mitarbeitern ist laut Ralf Hein ein Problem für die Generation Z.
Die Generation Z – eine Charakterstudie
Langsam kommen sie auf den Arbeitsmarkt – die jungen Erwachsenen der Generation Z; sie sind geboren nach dem Jahr 2000 und geprägt von einem anderen Mindset als ihre Eltern: „Die beruflichen Werte, die für die Babyboomer und ihre Nachfolgegenerationen selbstverständlich waren, finden wir bei den jungen Erwachsenen nicht mehr im selben Maß“, sagt Ralf Hein. Er betont, dass es natürlich auch Gegenbeispiele gibt, dennoch zeichnet sich ein klarer Trend ab, der viele nach 2000 geborene Menschen kennzeichnet:
- Sie sind nahezu ständig online.
- Sie sind maximal unverbindlich, Entscheidungen repräsentieren nur einen Zwischenstand und sind selten final oder zuverlässig.
- Entscheidungen werden generell schwer getroffen, man hält sich viele Optionen offen. Das ist besonders ungünstig für angehende Führungskräfte.
- Der subjektiv empfundene Leistungsdruck ist sehr hoch.
- Man sucht Geborgenheit in der Familie.
Es zeigen sich weiter fünf Prioritäten, die zeigen, welche Werte die Generation Z in absteigender Bedeutung hat:
- Familie
- Gesundheit
- Freiheit
- Gerechtigkeit
- Sicherheit
Obwohl die Familie höchste Priorität hat, heißt das nicht, dass die Generation Z dem Willen ihrer Eltern folgt. War deren Zustimmung bei den Babyboomern mitunter noch ausschlaggebend bei der Entscheidung für einen Beruf, so spielt der Elternwille heute eine untergeordnete Rolle. Im Gastgewerbe stiegen die Zahlen der Auszubildenden jüngst leicht an: Im Jahr 2022 verzeichnete man insgesamt 41.546 Azubis in allen Bereichen der Branche, 21.318 davon waren neu abgeschlossene Ausbildungsverträge.
Dennoch ergeben sich in der Branche einige Schwierigkeiten, das zeigen insbesondere die hohen Zahlen der Ausbildungsabbrecher. Im Durchschnitt brechen rund 27 Prozent der Azubis ab, bei der Ausbildung zum Systemgastronomen liegt die Quote sogar bei über 50 Prozent. Wie geht man um mit der Mentalität junger Menschen und wie behält man sie in der Ausbildung?
So bringt man den „Zettis“ etwas bei
„In der Hotelfachschule Heidelberg fällt mir auf, dass man die Menschen der Generation Z stärker an die Hand nehmen muss“, erklärt Ralf Hein und ergänzt: „Konkret heißt das, sie brauchen regelmäßiges Feedback, mehr Beratung und Halt und eine empathische Führung. Insgesamt ist der Beratungsbedarf etwa viermal höher als bei den Vorgängergenerationen.“
Für Ausbilder bedeutet das, dass sie mehr Zeit für den einzelnen Azubi aufwänden müssen, um diesen zu halten. Ein Tipp zum Anleiten dieser Menschen ist die Methode Microlearning: „Das bedeutet, dass man Informationen kontinuierlich in kleinen Portionen verabreicht. Die kleinen Lerneinheiten werden in den Ausbildungsalltag eingebaut. So kommt regelmäßig neues Wissen dazu, das die Azubis direkt anwenden können.“ Microlearning hilft den jungen Menschen, sich auf das Wesentliche zu fokussieren. Das Gelernte können sie direkt im Alltag umsetzen und durch Wiederholung einprägen.
Auch für ein weiteres Problem hat Ralf Hein eine Idee: Wie man die Azubis dazu bringt, unternehmerisch zu denken und sich in die Situation ihres Arbeitgebers hineinzuversetzen: „Ein Problem mit jungen Azubis ist oft, dass sie zwar Ideen haben, diese aber nicht umsatzorientiert sind. Geben Sie Ihren Azubis doch mal ein kleines Budget in die Hand und die Aufgabe, eigenverantwortlich eine Feier zu organisieren. So lernen sie, selbst unternehmerisch zu denken und sinnvolle Investitionen zu tätigen.“
Motivieren statt lamentieren
Ein weiterer Tipp des Schuldirektors betrifft die Selbstdarstellung der Branche: Auch wenn sie mit Problemen und Krisen zu kämpfen hat, sollte man sich in der Öffentlichkeit nicht ständig als Verlierer darstellen. „Die Gastronomie hat viel zu bieten, was besonders für die Generation Z interessant ist“, sagt Ralf Hein. „Die jungen Leute schätzen Familie und Geborgenheit – wenn Sie an der Ausbildungsstätte Teamspirit und Zusammenhalt erleben, kann das Team zur Arbeitsfamilie werden.“ Auch den häufigen Einwand bezüglich der Arbeitszeiten solle man relativieren: „Es stimmt ja gar nicht, dass es nur in der Gastronomie Wochenend- und Feiertagsarbeit gibt. Das ist in der Pflege oder bei der Polizei genauso. Aber ausgerechnet dem Gastgewerbe wird es immer als großes Manko angerechnet.“
Arbeitssicherheit statt ungewisser Zukunft
Trotz der derzeitigen Krisen ist das Gastgewerbe von einer Herausforderung weit weniger betroffen als andere Branchen: Dem Wegbrechen von Arbeitsstellen durch Automatisierung und KI. „Tatsächlich sind eher Bürojobs, die früher als sicher und komfortabel galten, vom Ersetztwerden durch KI-Lösungen bedroht. Ich meine damit insbesondere Buchhalter und Rechtsanwälte. Dadurch rückt das Handwerk in den Fokus junger Menschen“, sagt Ralf Hein und appelliert daran, auch das Gastgewerbe als zukunftsfähige Branche darzustellen.
Natürlich gibt es auch hier KI und Assistenzroboter – doch es bestehe keine Gefahr, dass diese menschlichen Service ersetzen. Pierre Nierhaus erzählt: „Als ich letztens in Miami war, gab es in einem Restaurant sogar wieder eine Tütenpackerin. Sie machte nichts anderes, als Speisen in Tüten zu packen und den Gästen mit freundlichen Worten zu überreichen. In Amerika hat man längst festgestellt, dass menschlicher Service höhere Umsätze bringt. Dort geht die Automatisierung bereits wieder zurück, Bestellterminals werden weniger.“ Warum das so ist, weiß er ebenfalls: „Die Gastfreundschaft ist Grundprinzip jeder Religion, sie ist eine sehr alte Tradition und wird nicht verschwinden. Daher wird sie weiter bestehen. Den jungen Leuten muss man sie lediglich in etwas anderen Konzepten lehren.“
Next Work in der Gastronomie
„Next Work“ in Form von Homeoffice, Jobsharing und Co-Working-Spaces – gibt es das auch bald für die Mitarbeiter der Gastronomie? Die Studie des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation ergab, dass der Einzug dieser Arbeitsmodelle unvermeidbar ist. Mehr zur Studie erfahren Sie hier.
Quelle: B&L MedienGesellschaft