Saucen gehören für einen Schwaben wie Peter Frühsammer unbedingt zu einem gelungenen Essen dazu. Wie diese idealerweise beschaffen sein sollten und welchen Stellenwert die Sauce in seinem GV-Betrieb auch für die Essensteilnehmer einnimmt, hat der Küchenleiter der Klinik Ernst von Bergmann, Bad Belzig gGmbH, der Redaktion GVMANAGER im Interview verraten.
Peter Frühsammer im Interview
„Natürlich hat meine Mutter Saucen anders zubereitet als ich das heute tue, aber damals als Kind hat mich das nicht gestört. Heute schon.“
Peter Frühsammer, Küchenleiter, Klinik Ernst von Bergmann, Bad Belzig gGmbH
Herr Frühsammer, wie wichtig sind für Sie die begleitenden Saucen zu einem Gericht?
Ich bin Schwabe (lacht) – und natürlich im Saucenmeer groß geworden. Bei uns gibt es ja zu allen Gerichten Sauce, auch zum Kartoffelsalat; Spätzle und Sauce sind eine Kindheitserinnerung. Natürlich hat meine Mutter diese anders zubereitet als ich das heute tue, aber damals als Kind hat mich das nicht gestört. Heute schon.
Am schönsten ist es, wenn man Saucen zu einem Gericht macht, die vom Gericht selbst erzeugt werden, wie bei einem Braten oder etwas Geschmortem. Ein Steak mit einer braunen Sauce möchte ich z. B. nicht essen, da diese nicht aus dem Steak entstanden ist – lieber bereite ich dann separat eine Barbecuesauce oder eine Hollandaise zu.
Unsere Essensteilnehmer im Krankenhaus sind vorwiegend ältere Personen ab 70 Jahren, diese wünschen sich Saucen zum Ditschen z. B. für Kartoffeln. Und wenn wir dann als Fleischkomponente beispielsweise eine Schweinerückensteak haben, das beim Braten keine Sauce ergibt, müssen wir entsprechend vorab eine Sauce aus Knochen vorbereitet haben.
Wie viel Aufwand bedeutet es für Sie und Ihr Team, sämtliche Saucen selbst zu zubereiten?
In unserem Küchenalltag haben wir ausreichend Knochen und Bratenstücke, aus denen bzw. mit denen sich Saucen ganz einfach und nebenbei kochen lassen. Mehr Aufwand bedeutet das Saucenkochen für uns daher nicht. Natürlich ist die Frischküche zeitintensiver, aber die Saucen selbst machen da keinen Unterschied mehr.
Generell verarbeiten wir auch nicht nur braune Grundsaucen, sondern haben ganz aktuell beispielsweise einen Überschuss an Tomaten von einem unserer Gärtner abgenommen. Aus diesen haben wir eine große Menge Tomatensauce gekocht, in Vakuumbeutel abgefüllt und für die spätere Verwendung eingefroren. Diese wird in den nächsten Monaten oftmals Basis für unsere Saucen sein. Getreu unserem Prinzip: Es wird nichts weggeworfen.
Auch Sellerie- und Möhrenschalen werden sauber gebürstet und kommen in den Gemüsefond, der uns auch wieder als Zutat für Saucen dient. Das ist der Vorteil, dass wir so viele Lebensmittel frisch verarbeiten.
Sie sprachen bereits die Sauce Hollandaise an. Wie schwierig ist die Zubereitung?
Sauce Hollandaise verwenden wir recht häufig. Im Zeitalter von Thermomix und Siphon-Flasche ist die Zubereitung heutzutage kein Hexenwerk mehr. Im Klinikalltag gelingt uns diese also ganz schnell und einfach: Die Reduktion aus Zwiebeln und Wein kommt in den Thermomix, hinzu die pasteurisierten, getrennten Eier und das Gerät erledigt den Rest. Das Ergebnis auf den Tellern ist dann keine klassische, schwere Sauce Hollandaise, sondern sie ähnelt aufgrund des luftigen Aufschlags im Sahnesiphon eher einer Espuma. Das bringt uns zugleich mehr Menge, bei weniger Fettgehalt.
Trotzdem haben wir eine sehr schöne und stabile Sauce, die auch bis zum Bett des Patienten so bleibt. Beim Warmhalten im Bain-Marie besteht vergleichsweise eher das Risiko, dass die Sauce zu kalt ist oder gerinnt.
Wie viele verschiedene Saucen bereiten Sie im Klinikalltag zu?
Unendlich viele. Da aus den einzelnen Basissaucen durch die Zugabe von grünen Pfefferkörnern und Sahne oder beispielsweise Paprikawürfeln ja immer wieder neue Varianten entstehen.
Nie fehlen dürfen in unserer Küche ein klarer Gemüsefond, eine klare Hühnerbrühe und ein brauner Grundfond – zudem haben wir immer passierte Tomaten vorrätig. Aus diesen vier Bestandteilen lassen sich die meisten Saucen zubereiten.
Fischfond setzen wir einmal wöchentlich an, wenn wir Fisch auf dem Speiseplan haben. Die Karkassen verwenden wir dann für den Fond, der als Saucenbasis zu Fischfilets dient.
Was macht für Sie eine perfekte Sauce aus? Welche Rolle spielt z. B. auch die Konsistenz?
Die Konsistenz ist natürlich auch ein wichtiger Faktor, wobei ich z. B. eine andere Toleranzgrenze habe als unsere Essensgäste. Ein heller, klarer Fond in einem tiefen Teller serviert, ist für mich genau so wertvoll als Sauce, wie eine daraus extra abgebundene Sauce, damit die Konsistenz angepasst ist.
Im Küchenalltag muss die Beschaffenheit der Sauce aber natürlich auch praktisch sein. Wir richten die Saucen ja auf den Tellern an, die dann mit Cloche in die Speisenverteilwägen kommen, ehe sie letztlich beim Patienten landen. Wenn ich die Gerichte mit einem dünnen Fond anrichte, müsste ich die Essen in Schüsseln servieren – was nicht bei jedem Gericht passend ist. Deshalb stabilisieren wir unsere Saucen ein bisschen. In der Gemeinschaftsverpflegung müssen wir uns mit etwas Stärke behelfen.
Ich kenne das Problem, auch aus meinem Restaurant: Wenn etwas dick ist, hat es eine andere, höhere Wertigkeit. Für mein Geschmacksempfinden trifft das aber nicht zu. Wenn eine Sauce, wie von mir favorisiert, klar ist, muss sie für mich aber immer einen schönen Glanz haben. Zum Schluss mit Butter abbinden – das finde ich am leckersten.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Quelle: B&L MedienGesellschaft