Essbare Algen standen im Fokus eines Workshops an der FH Münster.
Quelle: Dzemila Muratovic

Essbare Algen

Als typische Sushi-Zutat hat es die Nori-Alge als eine von wenigen zu großer Berühmtheit geschafft. Dabei sind mehr als 100 Algenarten essbar – so die Datenbank algaebase.org, in der sich etwa 175.000 Algenarten finden. „Algen zählen weltweit zu den besten Proteinquellen. Leider wissen wir noch zu wenig über diese. Zudem gibt es einiges zu beachten, wenn man Algen als Lebensmittel nutzen möchte“, betont Prof. Dr. Guido Ritter. Der Redaktion GVMANAGER hat er die wichtigsten Fragen rund um essbare Algen und deren Einsatz in Profiküchen beantwortet, s. Interview.

Prof. Dr. Guido Ritter von der FH Münster über Algen als Proteinquelle
Quelle: Wilfried Gerharz

„Algen zählen weltweit zu den besten Proteinquellen, sind aber ein saisonales Produkt und deshalb nur selten frisch verfügbar. Die gekühlten Lebensmittelketten sind noch nicht auf frische Algenversorgung ausgerichtet. Aber es gründen sich vermehrt Mikroalgenfarmen im Inland.“

Prof. Dr. Guido Ritter, Institut für Nachhaltige Ernährung, FH Münster

Nachgefragt bei: Prof. Dr. Guido Ritter rund um essbare Algen

Herr Ritter, Algen werden als Zutat in Gastronomie und Großküche oft unterschätzt – worin liegen die ernährungsphysiologischen Potenziale?

Algen sind für viele Fische die Grundnahrung. Was wir an Fischen nahrhaft und gesund finden, wie die Omega-3-Fettsäuren, kommt ursprünglich aus den Algen über den Fisch auf unsere Teller. Zusätzlich enthalten Algen eine Reihe von Mineralstoffen, Spurenelementen und hochwertiges Protein. Ja, sogar das ansonsten von Bakterien synthetisierte und über die Futteraufnahme fast nur in tierischen Lebensmitteln vorkommende Vitamin B12 können wir in einigen Algenarten finden.
Deshalb bieten sich Algen gerade für Menschen, die sich vegan ernähren möchten, als gute Ergänzung in ihren Speisen an.

Was sind die gängigsten Algen, die essbar sind?

Von den tausenden verschiedenen Algenarten, die in ihrer Vielfalt so unterschiedlich sind wie Bäume oder Obst, haben es bisher nur relativ wenige in die Küchen Europas geschafft. Die gängigste Speise-Alge zurzeit ist die in Suppen oder blattartig flach als Algenpapier gestaltete Rotalge „Nori“. Wir nutzen sie üblicherweise zum Einwickeln von Reis für Sushiröllchen. Auch die Braunalge Undaria, in Form von „Wakame“ als grüne Salatbeilage zu Meeresfrüchten oder Fisch gereicht, überzeugt mit ihrer knackigen Konsistenz viele Tischgäste. Dabei bildet diese Auswahl nur einen kleinen Ausschnitt des kulinarischen Potenzials ab.

Frisch, getrocknet oder weiterverarbeitet – wie bringt man das Ganze dann kulinarisch ansprechend auf die Teller?

Ähnlich wie bei Fisch sind auch frische Algen im Gegensatz zu getrockneten oder gesalzenen Produkten viel interessanter in Textur und Geschmacksvielfalt – aber auch deutlich schwerer zu bekommen. Algen sind ein saisonales Produkt, was viele nicht wissen, und deshalb auch nur selten überhaupt frisch verfügbar. Die gekühlten Lebensmittelketten sind noch nicht auf frische Algenversorgung ausgerichtet, könnten aber in Zukunft mehr noch eine Rolle spielen. Zusätzlich gründen sich vermehrt Mikroalgenfarmen im Inland mit der Möglichkeit an nachhaltige, regionale Quellen für den Rohstoff zu gelangen.

Verarbeitet in getrockneter oder gesalzener Form steht der würzige Umami-Geschmack, den die Algen mitbringen, im Vordergrund. Gepaart mit dem maritimen Charakter des Duftes ergänzen Algen Pilzsuppen oder Tofu zu würzigen Gerichten. Gerade im Bereich pflanzlicher Fischersatzprodukte spielen Algen als geschmacksgebende Zutat bereits ein zentrale Rolle.

Wo liegen die Grenzen von Algen in Profiküchen?

Die Verfügbarkeit und der Preis sind die erste Hürde. Wobei sich der Markt derzeit entwickelt und Algen als geschmacksgebende und nahrhafte Zutat in getrockneter Form ein erster preiswerter Schritt sind.

Algen als frische Proteinzutat in größeren Mengen sind saisonabhängig und der Jodgehalt kann hier eine Limitierung darstellen. Das Wässern der Algen vor der Zubereitung kann den Jodgehalt jedoch reduzieren.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Praxistipps aus einem Workshop

Tipps zum Kochen mit essbaren Algen vermittelte Prof. Dr. Guido Ritter mit seinem Team vom food lab muenster auch in einem zweitägigen NewFoodSystems-Workshop an der FH Münster.

Frédéric Morel und weitere Teilnehmer des Workshops berichteten dem Team von WDR-Lokalzeit für einen kleinen Beitrag über ihre Erfahrungen mit essbaren Algen. Der Beitrag ist hier abrufbar ab Min. 6:45 (bis 5. Juni 2026).

Als Praktiker ließ Frédéric Morel die Teilnehmer an seinen Erfahrungen teilhaben. Er ist Küchenchef und Inhaber des Restaurants Coeur D’Artichaut in Münster, das mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet wurde. Frédéric Morel nutzt Algen mit großer Selbstverständlichkeit: als Kräuter zum Würzen oder als eigenständige Komponente etwa in Saucen oder wie Salat und Gemüse. „Man riecht an ihnen und sofort wird man ans Meer katapultiert“, schwärmt der gebürtige Bretone, den Algen ein Stück weit an seine Heimat erinnern, weshalb er diese auch als Tattoo am Arm trägt. Der Sternekoch arbeitet sogar mit der Finne Brauerei daran, ein Algenbier zu entwickeln. Sein Credo: „Will man die Gäste an Algen heranführen, muss es schmecken, schmecken, schmecken!“ Seit Jahren setzten sein Team und er Algen ein und bescheren ihren begeisterten Gästen so manches Aha-Erlebnis, besonders bei Saucen.

Aha-Erlebnisse

Aber auch der Workshop, begleitet vom Lebensmitteltechnologen Albrecht Fleischer und von Studierenden der Oecotrophologie, brachte so manchen Wow-Effekt hervor. So hatte sich Workshopteilnehmer Ralf Pitsch von der Consortium Gastronomie in Wiesbaden vorgenommen, Algen in Maultaschen einzubauen. „Das passt gut. Man kann im Alltag weiter testen, was sich mit Algen sonst noch kombinieren lässt“, resümierte der gebürtige Schwabe. Auch Frédéric Morel zeigte sich angetan von dem Ergebnis, nachdem er probiert hatte.

Ein Eventgastronomie tüftelte an einer Hollandaise, abgeschmeckt mit Algen, für Spargel im Pfannkuchenröllchen

Christina Dömens, Köchin, experimentierte mit verschiedenen Nudelteigen. Ihre These: Grüne Nudeln haben bereits eine hohe Akzeptanz, und könnten ein Weg sein, Algen als Lebensmittel an die Gesellschaft heranzuführen. Hinzu komme: Sie sind eine gute Quelle für Omega-3-Fettsäuren – ohne dafür Fisch auftischen zu müssen, der diese Fettsäuren ebenso von den Algen bekomme.

Der Küchenchef einer Stuttgarter Betriebsgastronomie nahm direkt ein Rezept für sich mit: „Die Bowl mit Algen, wie wir sie hier zubereitet haben, wird es demnächst auch bei uns geben. Das kommt bei jungen Leuten sicher gut an.“

Quelle: B&L MedienGesellschaft/FH Münster/WDR

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