Phil Semelink hatte schon mit 14 seine erste Siebtrรคgermaschine und ging von da an seiner Kaffeepassion nach. Heute verbindet er sein Faible fรผr Kulinarik, Gastgeberkultur und innovative Zubereitungsmethoden mit seiner Arbeit bei ยญDallmayr โ und steht im Mรคrz erstmals selbst auf der Bรผhne der Deutschen Baristameisterschaften, die wรคhrend der Internorga stattfinden.
Herr Semelink, Sie stehen kurz vor Ihrer Teilnahme an den Deutschen Baristameisterschaften. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, dort mitzumachen?
Ich wollte eigentlich schon in meiner Schulzeit teilnehmen. Damals war ich noch nicht 18, also durfte ich nicht. Spรคter hat es sich wegen Studium und Arbeit nicht ergeben, aber ich habe die Meisterschaften immer verfolgt. Ich war zum Beispiel 2016 in Mรผnchen auf der Food & Life und das war das erste Mal, dass ich eine Baristameisterschaft live gesehen habe. Fรผr mich waren das Promis, die da in diesem Kaffee-Bereich unterwegs waren, รคhnlich wie Sterne-Kรถche es in der Gastronomie sind. Ich fand das wahnsinnig spannend und wollte mich intensiver damit beschรคftigen.
Jetzt bin ich Schulungsleiter bei der Dallmayr Academy und bin sehr glรผcklich darรผber, dass Dallmayr mich bei der Teilnahme voll unterstรผtzt und es mir damit ermรถglicht meinen langjรคhrigen Traum zu verwirklichen. Ich habe mich nur gefragt: โWie soll ich das mit meiner Arbeit als Barista an unserem Messestand vereinen?โ Auch hier kann ich mich auf die Unterstรผtzung von Dallmayr verlassen, sie sagen: โWir machen das Barista-Team grรถรer, kรผmmern uns ยญzusammen um die Messe โ und du trainierst.โ Das ist natรผrlich eine super Hilfe und so kam es dazu, dass ich mich ยญdieses Jahr endgรผltig fรผr den Wettbewerb angemeldet habe.
Seit wann beschรคftigen Sie sich grundsรคtzlich mit Kaffee?
Mein Stiefvater betrieb italienische Espresso-Bars und dadurch bin ich mit dem ganzen Gastro-Thema angesteckt worden: egal ob ยญKochen, Bar, Kaffee, das Gastgeber-Dasein. Das fand ich schon immer spannend.
Meine Familie kommt generell aus dem Lebensmittelbereich, meine Mama hat einen Lebensmittelgroรhandel. In Verbindung mit der Gastronomie wurde dann irgendwann das Thema Kaffee immer grรถรer. Meine Familie fing schlieรlich an, selbst zu rรถsten und eine Kaffeerรถsterei zu etablieren. Ich habe dadurch recht frรผh Kaffeeschulungen mitbekommen, weil mein Stiefpapa stรคndig neue Bohnen oder neue Einstellungen ausprobiert hat.
Mir muss Espresso schon relativ frรผh geschmeckt haben โ ich kann mich ehrlich gesagt gar nicht genau erinnern, wann das anfing. Aber ich weiร, dass ich nie Zucker im Kaffee wollte, das fand ich immer unpassend. Und dann hatte ich mit 14 Jahren tatsรคchlich meine erste Siebtrรคgermaschine in meinem Zimmer stehen; das war eine alte von meinem Stiefpapa, die ich zu Weihnachten bekam. So ging das richtig los, ich habe YouTube-Videos geschaut, mich mit Latte Art beschรคftigt, war neugierig auf Spezialitรคtenkaffee-Festivals wie zum Beispiel das Berlin Coffee Festival. Nebenbei habe ich auch fotografiert โ da passte alles zusammen: Schรถne Latte Art, tolle Extraktionen, Reisen in Cafรฉs. So bin ich da immer weiter reingewachsen.
Wie wurde daraus ein Beruf und nicht nur ein intensives Hobby?
Tatsรคchlich hatte ich nach meinem Studium beschlossen, dass ich erstmal nicht in der Kaffeebranche arbeite. Ich wollte Kaffee als Hobby behalten, ohne den Druck, damit Geld zu verdienen. Aber dann hat es sich so ergeben, dass ich einen Job in Mรผnchen suchte und so kam die Verbindung zu Dallmayr.
Da passte auf einmal alles perfekt. Ich habe mich mit unserer Head of Marketing Carolineยญ Epping getroffen und es hat von Anfang an gepasst. Jetzt konzentriere ich mich auf Kaffee und kann mich damit voll ausleben. Ich bringe das Thema voran, gebe Schulungen, schreibe Konzepte. Ich werde unter anderem daran gemessen, wie vielen Leuten ich etwas Spannedes รผber Kaffee erzรคhlen und zeigen kann, wie sehr wir die Kaffeequalitรคt hochhalten oder sogar steigern. Es geht dabei nicht nur darum, Verkaufszahlen zu pushen, sondern wirklich Wissen zu vermitteln, die Begeisterung fรผr guten Kaffee zu wecken und unsere Academy zu einem Hot Spot unter Coffee Lovern zu machen.
Was genau machen Sie in der Dallmayr ยญAcademy?
Ich bin hier zustรคndig fรผr alles, was mit Schulungen und Workshops zu tun hat. Klassisch gebe ich Seminare โ ob fรผr Endverbraucher, fรผr Gastronomen oder auch fรผr Firmen-Events. Aber ich konzipiere und strukturiere auch die Inhalte neu. Kaffee ist auf den ersten Blick etwas total Einfaches: Heiรes Wasser trifft auf gemahlenen Kaffee, man extrahiert Espresso oder brรผht Filterkaffee. Aber Kaffee ist viel mehr als ein alltรคgliches Massenprodukt. Man bekommt Kaffee wirklich an jeder Ecke โ beim Bรคcker, im Supermarkt, im Sternerestaurant โ und trotzdem wissen die wenigsten, wie viel Potenzial in diesem Produkt steckt.
Ich sage den Schulungsteilnehmern immer: Probiert euch durch, stellt Fragen, geht in eine Rรถsterei, lasst euch erklรคren, wo der Kaffee herkommt, wie er verarbeitet wird. Viele entdecken dann erst, was geschmacklich alles mรถglich ist. Das ist das Faszinierende: Gerade in der Specialty-Welt wird unglaublich viel geforscht, experimentiert und ich finde, da kann jeder Kaffeetrinker noch etwas fรผr seinen Alltag mitnehmen. Das ist auch mein Credo: Genuss verbreiten und zeigen, dass Kaffee ein komplexes Naturprodukt ist โ und nicht einfach nur bitter und dunkel.
Die Kunst ist, Schulungen so zu gestalten, dass man die Teilnehmer mitnimmt, ohne zu รผberfordern. Geschichte des Kaffees, Anbaugebiete, Varietรคten (Arabica vs. Robusta), Rรถstung, Maschine, Mรผhle, Extraktion โ alles gehรถrt dazu. Mir geht es darum, Praxisnรคhe und Spaร zu kombinieren. Daneben sind wir dabei, die Academy stรคrker zu รถffnen, mehr Veranstaltungen und Events zu machen.
Auรerdem bin ich bei Dallmayr mit allen mรถglichen Abteilungen im engen Austausch โ Rohkaffee-Einkauf, Export, Vertrieb โ wenn es um Kaffeesortenauswahl geht oder wenn Fragen zur Kaffeequalitรคt in Gastronomien, bei Kundenevents oder Messen aufkommen. Da kann ich mein Wissen einbringen und gleichzeitig viel lernen. Das ist super vielfรคltig und macht mir total viel Spaร.

Was hat Sie dazu bewogen, ausgerechnet 2025 bei den Baristameisterschaften mitยญzumachen?
Der Wunsch war ja schon lรคnger da. Jetzt kam aber eine gute Gelegenheit: Ich kann mich auf die Unterstรผtzung von Dallmayr verlassen und wir haben ein Zeitfenster gefunden, in dem ich mich intensiv vorbereiten kann. Ich habe bei der SCA den Instagram-Post gesehen: โAnmeldungen offenโ. Und da habe ich sofort gesagt: โOkay, da melde ich mich an.โ
Danach habe ich mich noch mal gefragt, was eigentlich mein Antrieb ist. Leute, die Erfahrung mit solchen Wettkรคmpfen haben, meinten: โDu solltest einen Grund haben, nicht nur ,einfach mal soโ mitmachen.โ Fรผr mich ist das ein Weg, die Szene zu รถffnen, zu zeigen, wie wichtig solche Wettbewerbe fรผr die Entwicklung in der Branche sind. Das sind ja nicht nur Show-Events โ da werden Techniken, Ideen und Geschmacksprofile prรคsentiert, die sich spรคter in ganz normale Cafรฉs und Privathaushalte รผbertragen kรถnnen. Ich sage immer: โIch will Genuss verbreitenโ โ und dafรผr ist das eine super Bรผhne.
Sie arbeiten bei einem groรen Rรถster, Dallmayr, und treten in der Specialty-Szene auf. Viele denken da vielleicht an Mainstream vs. Third Wave. Haben Sie Bedenken, dass Sie als Vertreter eines โGroรenโ auf Vorurteile stoรen?
Es gibt in der Kaffeeszene natรผrlich Vorurteile gegen groรe Traditionsrรถster. Nach dem Motto: โDie machen keine authentischen Specialties.โ Aber ich persรถnlich sehe das sehr entspannt. Ich weiร, welche Qualitรคten wir einkaufen, wie sorgfรคltig unser Rohkaffee-Einkauf arbeitet, wie viel Mรผhe wir uns geben bei der Rรถstung und Produktentwicklung.
Auรerdem brauchen wir genau diese groรen Rรถstereien, um Specialty-Kaffee mehr Leuten zugรคnglich zu machen. Je mehr wir als โGroรeโ darauf achten, im Sortiment auch sehr gute Specialty-Coffees zu haben, desto bekannter wird das Thema bei einem breiteren Publikum. Authentizitรคt ist wichtig โ das heiรt etwa, dass wir bei neuen Sorten darauf achten, sรคmtliche ยญHintergrรผnde transparent zu machen und den Kaffee perfekt zu verarbeiten.
Ich empfinde es also eher als Vorteil mit der Unterstรผtzung von Dallmayr an den Start zu gehen. Ich weiร, was wir kรถnnen und worauf wir Wert legen.
Wie unterstรผtzt Dallmayr Sie dabei?
Zum einen, dass ich รผberhaupt wรคhrend der ยญInternorga teilnehmen darf, obwohl wir uns auf einem groรen Messestand mitsamt Ausschank prรคsentieren. Zum anderen รผbernimmt Dallmayr die Kosten fรผr den auรergewรถhnlich guten Rohkaffee. Auรerdem kann ich hier in der Academy jederzeit รผben, egal ob nach Feierabend oder am Wochenende. Ich habe Zugriff auf Equipment, Rรคumlichkeiten und kann in Ruhe mit dem Kaffee experimentieren, wie ich mag. Insgesamt bin ich sehr dankbar fรผr den ยญZuspruch, den ich hier bekomme โ alle drรผcken mir die Daumen und selbst wenn mein erster Auftritt bei den Baristameisterschaften nicht zu 100 Prozent glatt laufen sollte, kann ich mich auf die Unterstรผtzung von Dallmayr verlassen und wir probieren es eben nochmal.
Welche Bedeutung haben Meisterschaften generell fรผr Sie? Was macht sie wichtig fรผr die Branche?
Die offiziellen Titel โDeutscher Baristameisterโ oder โWeltmeisterโ sind natรผrlich ein Aushรคngeschild. In manchen Lรคndern โ zum Beispiel in Asien โ sind Barista-Champions richtige Stars, wรคhrend es in Deutschland eher eine kleine, eingeschworene Szene ist.
Aber der Kern der Sache ist, dass auf Meisterschaften Innovationen entstehen. Du siehst neue Techniken beim Tampen, neuartige Distribution-Tools, bestimmte Latte-Art-Techniken oder auch ganz neue Ideen fรผr Cold Drinks, die von dort in die groรe Kaffeewelt rรผberschwappen.
Am Ende ist es auch ein Schaufenster: Man zeigt, welche geschmackliche Komplexitรคt Kaffees entfalten kรถnnen, wie sie verarbeitet werden kรถnnen (z. B. Fermentationsmethoden), und das fรถrdert das allgemeine Qualitรคtsniveau. Es ist also eine Bรผhne, um die Spitze der Kaffeekunst zu prรคsentieren โ daraus lernen die Rรถstereien, die Gerรคtehersteller und auch die Baristas im Alltag.
Wie bereiten Sie sich auf die Baristameisterschaft vor โ praktisch und theoretisch?
Ich habe natรผrlich erst mal nach einem passenden Kaffee gesucht. Ich wollte ihn nicht danach auswรคhlen, ob er in vergangenen Wettbewerben gut abgeschnitten hat, sondern wollte etwas Eigenes. Ich mag kolumbianischen Kaffee, mag viel Sรผรe, vielleicht Richtung tropische Frรผchte, und eine gewisse Cremigkeit. Ich finde es zum Beispiel spannend, wenn in Lรคndern eine Varietรคt angebaut wird, die eigentlich aus einem ganz anderen Ursprung kommt.
Letztlich habe ich รผber einen Bekannten in Kolumbien verschiedene Samples, zum Beispiel der Varietรคt Chiroso, bekommen und war total begeistert von einem Kaffee, der in seiner ersten Ernte aus einer fรผr diesen Ursprung eher ungewรถhnlichen Varietรคt stammt. Geschmacklich war er im Cupping top, ich habe mir dann 30 Kilo besorgt. Die musste ich natรผrlich in kleinen Chargen auf verschiedenen Rรถstprofilen testen. Ich bin kein professioneller Rรถster, also war das schon eine Herausforderung.
Dann teste ich, wie sich der Kaffee als Espresso verhรคlt, wie er mit Milch funktioniert, welche Noten ich im Signature Drink betonen kann. Parallel schreibe ich an meinem Prรคsentationstext: Ich muss ja den Juroren erklรคren, warum ich den Kaffee so aufbereitet habe, woher er kommt, welche Aromen ich beschreibe โ und das Ganze muss mit meinem Workflow รผbereinstimmen.
Noch ein Thema: Milchalternativen sind gerade sehr gefragt. Wie sehen Sie das als Barista, speziell in Bezug auf Geschmack und Zubereitung?
Ich finde es super, dass es eine Auswahl gibt. Viele Hersteller haben eigene Barista-Versionen der Hafer- oder Sojadrinks, die sich besser schรคumen lassen. Das hilft uns in der Praxis natรผrlich sehr. Aber es ist auch klar, dass nicht jede Milchalternative zu jedem Kaffee passt. Hafermilch kann zum Beispiel fruchtige Espressi sehr stark in eine andere Richtung ziehen, man verliert leicht die Klarheit der Aromen.
Ich selbst trinke relativ wenig Kaffee mit Milch, aber wenn, dann achte ich genau darauf, wie die Milch den Kaffee verรคndert. Das kann toll harmonieren oder es verfรคlscht den Geschmack zu stark. Im Specialty-Bereich gibt es deshalb einige Marken, die weniger dominante Barista-Alternativen anbieten, damit der Kaffeecharakter bestehen bleibt. Ich merke in meinen Trainings auch, dass man theoretisch Kuhmilch mit pflanzlichen Alternativen mischen kรถnnte, um einen bestimmten Geschmack zu erzielen. Das sind alles spannende Optionen.
Dennoch finde ich, ein Cafรฉ sollte sich bewusst entscheiden, was es anbietet. Zehn verschiedene Milchersatzsorten sind vielleicht etwas viel. Man kann es schnell รผbertreiben. Am Ende gehtโs ja um den Kaffee.
Und was halten Sie von hellen vs. dunklen Rรถstungen? Haben Sie eine Vorliebe?
Ich mag beides, aber wenn ich mich intensiver mit der Aromatik beschรคftigen will, dann bevorzuge ich eher hellere Rรถstungen. Da finde ich die Komplexitรคt, die Sรคure und Sรผรe total spannend. Natรผrlich ist das nicht jedermanns Sache. Wer hell gerรถstete Kaffees anbietet, muss sie perfekt einstellen, sonst wirkt die Sรคure schnell unausgewogen.
Gleichzeitig schรคtze ich auch mal einen dunklen, krรคftigen Espresso-Blend โ vor allem, wenn ich einfach einen schnellen Espresso mรถchte, ohne mich groร damit zu beschรคftigen. Da finde ich den vollmundigen, schokoladigen Charakter super. Der Punkt ist: Gut gerรถstet und richtig zubereitet kann beides genial sein. Wichtig ist nur, dass der Kaffee zu meinen geschmacklichen Erwartungen passt.
Abschlieรend gefragt: Haben Sie eine besondere Empfehlung fรผr ein Kaffeedrink, den Sie persรถnlich super spannend finden?
Ich mag total gerne Espresso Tonic. Gerade im Sommer. Wenn man einen schรถnen fruchtigen Espresso hat und dazu die leichte Bittere des Tonic โ das ist super erfrischend und zeigt, wie Kaffee kreativ in Szene gesetzt werden kann. Es ist auch eine tolle Mรถglichkeit, Leute zu begeistern, die sonst gar nicht so sehr in die Espresso-Kultur eintauchen.
Vielen Dank fรผr das Gesprรคch!
Das Interview fรผhrte Michael Teodorescu

World Barista Championship auf der Host 2025
Der bekannteย Wettbewerb WCCย kehrt nach Mailand auf dieย Host 2025ย zurรผck. Dazu gehรถren die Suche nach individuellen Mischungen, nachhaltigen Alternativen und das anhaltende Wachstum von Lattes und Cold Brews.