Warum setzt eine Bio-Zentralküche, die unter anderem Kinder und Patienten versorgt, bei Hafermilch, veganem Leberkäse & Co. lieber auf selbstgemachte Varianten? Zahlt sich die Herstellung von Ersatzprodukten wirtschaftlich und personell aus?
Ingo Grottke, Betriebsleiter der Zentralküche von Rebional in Herdecke, ist davon überzeugt. Daher brachte er auch viel kreativen Input in die Umgestaltung des Speiseplans hin zu mehr pflanzenbasierten Gerichten ein. „Ich möchte voll und ganz hinter dem stehen, was ich herausgebe“, begründet der leidenschaftliche Koch, welcher der Qualitätsphilosophie wegen 2020 zu Rebional wechselte. Mit einer pflanzenbasierten Menülinie, deren Zutaten komplett selbst produziert werden, hat er der Qualitätsphilosophie einen weiteren Schub gegeben.
Mehr zur Handwerklichkeit der Küche und zu den selbstgemachten Ersatzprodukten hat Ingo Grottke der Redaktion GVMANAGER im Interview verraten.
Nachgefragt bei Ingo Grottke, Rebional
„Fleischersatzprodukte kaufen wir nicht industriell zu – das ist unsere oberste Maxime. Wir nehmen uns solche Produkte aber gerne mal zum Vorbild. Sonnenblumenhack, das preislich pro Kilogramm fast teurer ist als Fleisch, haben wir beispielsweise einfach nachgebaut zu einem Sonnenblumenkernpatty für Burger. Auch einen veganen Leberkäse aus roten Linsen haben wir selbst entwickelt.“
Ingo Grottke, Betriebsleiter, Bio-Zentralküche Rebional
Herr Grottke, Sie treiben das Thema Eigenproduktion bei Rebional tatsächlich auf die Spitze, bis hin zu selbstgemachter gekörnter Brühe – wie kam es dazu?
Wir haben uns hier bei Rebional der Kochkunst verpflichtet. Und so stellen wir weitgehend alles selbst und frisch her. Joghurt beispielsweise ist so ein „Rebional-Ding“ – der wird hier schon ganz lange selbstgemacht. Als ich die Leitung der Zentralküche 2020 übernahm, habe ich den Fertigungsgrad weiter vertieft, v. a. in puncto pflanzenbasierte Küche. In einem Dörrautomaten fertigen wir uns nun beispielsweise eine von mir entwickelte gekörnte Gemüsebrühe mit einem Gemüseanteil von 80 Prozent. Und auch unsere Hafer-, Reis- und Sojamilch machen wir inzwischen selbst – das ist wirklich das Einfachste, was es gibt, man muss es nur machen.
Wie sieht es mit Fleischersatzprodukten aus?
Auch diese kaufen wir nicht industriell zu – das ist unsere oberste Maxime. Wir nehmen uns solche Produkte aber gerne mal zum Vorbild. Sonnenblumenhack, das preislich pro Kilogramm fast teurer ist als Fleisch, haben wir beispielsweise einfach nachgebaut zu einem Sonnenblumenkernpatty für Burger. Auch einen veganen Leberkäse aus roten Linsen haben wir selbst entwickelt.
Haben Sie sich für diese Art der Produktentwicklung auch externe Unterstützung geholt oder Weiterbildungen gemacht?
Nein, das machen wir alles selbst! Hier im Team sind so viele Fachleute, die inzwischen auch Feuer für dieses Thema gefangen haben. Aber auch ich selbst mische kräftig mit, das ist mein kreativer Ausgleich zum Tagesgeschäft, der mir viel Spaß macht. Folglich bin ich in der Anfangsphase immer mit dabei und stecke auch den zeitlichen Rahmen der Fertigung mit ab. So wird direkt entkräftet, dass das zu viel Aufwand sei – wobei es deswegen bei uns sowieso keine Diskussionen gibt. Klar, machen diese Entwicklungen und die anschließende Eigenproduktion viel Arbeit – aber es lohnt sich!
Gutes Stichwort: Wie wirkt sich das auf die Kalkulation aus?
Das erleichtert uns die Kalkulation enorm – ein wichtiger Faktor bei unserem hohen Bio-Anteil von 70 Prozent, der – zumindest innerhalb einer Menülinie – bis hin zu 100 Prozent steigen soll.
Die pflanzenbasierte Menülinie, die vorrangig für die Kita- und Schulverpflegung entwickelt wurde, war ursprünglich zudem ein Versuch, den steigenden Kosten entgegenzuwirken. Und wurde ein voller Erfolg! Die Alternativen werden gut angenommen. Kalkulatorisch schaffen wir es, ein pflanzenbasiertes Gericht günstiger herzustellen – inklusive aller Komponenten. Bei einem Anteil von 25 bis 30 Prozent an unseren rund 5.500 Kita- und Schulessen entspannt das natürlich die finanzielle Lage.
Nicht zuletzt profitieren wir doppelt: Da wir die Fleischersatzprodukte vorrangig aus Hülsenfrüchten wie der heimischen Ackerbohne herstellen, können wir den von der DGE für die Kita- und Schulessen geforderten hohen Hülsenfrüchteanteil relativ leicht erreichen.
Und nebenbei leisten wir noch ein bisschen Ernährungserziehung, was ja ebenfalls unsere Aufgabe ist, und führen die Kinder an Gerichte wie Selleriegulasch oder Pfannkuchen auf Reismilchbasis heran.
Wie kommen die pflanzenbasierten Gerichte bei Ihren anderen Gästen an, v. a. im Care-Bereich?
Bei den Senioren laufen sie nicht ganz so gut wie bei den Kindern. Wobei wir vegetarische Frikadellen und Königsberger Klopse in gleicher Optik und ähnlicher Textur haben, die hier gut ankommen. Oberste Priorität hat noch immer, dass das Essen attraktiv bleibt und lecker schmeckt – nicht, dass wir damit Kosten sparen können – was ja aktuell gerade in der Patientenverpflegung ein Thema ist.
Welchen Stellenwert hat Gemüse versus Ersatzprodukte in Ihren Speisen?
Wir achten stets darauf, dass es den Kindern schmeckt und die Gerichte gut angenommen werden. Dabei ist es wichtig, die Zusammensetzung klug zu gestalten, ohne zu viele unterschiedliche Komponenten zu verwenden. Kinder bevorzugen eine klare Linie in Optik und Geschmack.
Deshalb setzen wir auch auf ihre Neugier: Wenn zum Beispiel ein Rindergulasch auf dem Speiseplan steht, bieten wir gleichzeitig eine vegetarische Alternative an, die in Geschmack, Textur und Optik möglichst nah am Original ist.
Was ist der Renner unter den Veggie-Gerichten?
Wir interpretieren beliebte Klassiker für Kinder auf gesunde und nachhaltige Weise neu.
Besonders beliebt ist unser Burger im Bio-Bun mit einem Patty aus selbstgemachtem Sonnenblumenkernhack, hausgemachtem Ketchup und frischen Salatkomponenten.
Auch unser „Pflanzenreich-Burrito“, gefüllt mit Gemüse und Bohnen, dazu ein pflanzenbasierter Paprikadip, ist ein echter Renner.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Quelle: B&L MedienGesellschaft

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