Für unser Special „Digitale Profiküche“ hat die Redaktion GVMANAGER im Juli Vertreter verschiedener Interessensgruppen an einen Tisch gebracht, um Herausforderungen und Chancen rund um die Digitalisierung und Vernetzung in der Hospitality-Branche auszuloten. Teil 3 unserer Online-Serie „Kommunikationsprobleme“ widmet sich der Frage, ob der Fachhandel bei Digitalisierung und Vernetzung mehr aufklären und unterstützen sollte.
Sollte der Fachhandel mehr Verantwortung und Aufgaben bei der Digitalisierung von Profiküchen übernehmen?
Frank Wagner: Ist es vielleicht so, dass die Industrie dem Koch zuviel zumutet? Vielleicht könnte sich der Fachhandel viel besser um z. B. Predictive Maintenance oder die Kühlraumüberwachung kümmern.
„Ist es vielleicht so, dass die Industrie dem Koch zuviel zumutet? Vielleicht könnte sich der Fachhandel viel besser um z. B. Predictive Maintenance oder die Kühlraumüberwachung kümmern.“
Frank Wagner, FCSI
Kai Hader: Der Fachhandel, das sind gute Handwerksbetriebe, die sich gut in der Großkücheneinrichtung verstehen, aber sie sind keine Digitalexperten. Und auch der Planer kann nicht vollumfänglich die digitale Lösung einführen. Auch wenn er zumindest gute Voraussetzungen für Küchen schaffen und Türen öffnen oder vermitteln kann.
Das ist ja der Grund, warum wir als Unternehmen gesagt haben, wir setzen auf eine Cloudlösung. Wir bieten extrem viel kostenfreie Services an, damit wir für allen die Möglichkeit bieten, mal in die Digitalwelt einzusteigen, mal zu kucken, was passt zu mir. Und man kann das dann durch Upgrades erweitern.
Denn wir können nicht von jedem erwarten, dass er in die Hardware-Strukturen investiert. Und selbst wenn, ist es damit ja noch nicht getan: Man muss dies Strukturen auch warten und erhalten. Deswegen sind wir den Weg via Cloud gegangen – für klein und groß.
Marc-Oliver Schneider: Ich glaube, dass der Fachhandel da überfordert ist und nicht die nötigen Fähigkeiten mitbringt. Besser geeignet sind explizite Consultants und Fachberater. Ich merke es selbst, wir von Kiconn schulen ständig Mitglieder vom FCSI und VdF, um dieses Know-how aufzubauen. Damit der Planer die Frage des Kunden beantworten kann, was er denn aus den Geräten an Daten herausholen kann, wenn er sie vernetzt.
Daher glaube ich, dass der Fachplaner, der tief in die Prozesse geht und dazu viele Fragen stellt, eher in ein Beratungsgespräch einsteigen kann als der Fachhändler.
„Ich glaube, dass der Fachhandel da überfordert ist und nicht die nötigen Fähigkeiten mitbringt. Besser geeignet sind explizite Consultants und Fachberater.
Marc-Oliver Schneider, Kiconn
Ich glaube, dass der Fachplaner, der tief in die Prozesse geht und dazu viele Fragen stellt, eher in ein Beratungsgespräch einsteigen kann als der Fachhändler.“
Rainer Herrmann: Leider sind viele „Berater“ auf leichtes Geldverdienen und Produkte oder Lösungen mit starker Unterstützung der Hersteller fixiert, sodass die Beratung nicht neutral genug ist. Daher finde ich, es muss – analog zum zertifizierten Fachplaner – auch zertifizierte Digitalisierungsberater geben.
Der Fachhandel in der jetzigen Form ist damit überfordert. Digitalisierung ist ein Fulltime-Job mit grundlegendem Know-how.
„Leider sind viele „Berater“ auf leichtes Geldverdienen und Produkte oder Lösungen mit starker Unterstützung der Hersteller fixiert, sodass die Beratung nicht neutral genug ist. Daher finde ich, es muss – analog zum zertifizierten Fachplaner – auch zertifizierte Digitalisierungsberater geben.“
Rainer Herrmann, m2m Systems
Die Teilnehmer des Digi-Round-Table
- Der Planer: Frank Wagner, Präsident des FCSI Deutschland-Österreich und Partner bei KDREI Planungsgesellschaft, sieht Vernetzung nicht als Allheilmittel und wünscht sich weniger Fach-Chinesisch.
- Der Industrievertreter: Kai Hader, Head of Digital Sales bei Rational, sieht in den Küchen und ihren Prozessen großen Nachholbedarf in puncto Digitalisierung. Zudem müsse sich die Industrie mehr öffnen und den Blick vom eigenen Gerät auf die Systemlandschaft des Kunden erweitern.
- Der Innovative: Thomas Mertens, Thomas Mertens, Datentreiber und Experte für Prozesse und Analytics Clouds innerhalb des FCSI und Inhaber von S.A:M-Strategy Consultants, treibt als Berater für technologieoffene Datenmanagementsysteme diverse Innovationen mit voran, u. a. eine neue AI-Open-Source-Plattform.
- Der Übersetzer: Marc-Oliver Schneider, Geschäftsführer von Kiconn bringt als Systemintegrator herstellerunabhängig Geräte in den Austausch und „übersetzt“ deren Sprachen. Der Nutzen für den Anwender wird seiner Meinung nach zu wenig kommuniziert.
- Der Praktiker: Rupert Schmidt, geschäftsführender Gesellschafter von Gusto Bavaregio, einer Cook & Chill-Zentralküche, ist digital affin, hat aber zu wenig Zeit, um detaillierter einzusteigen und fühlt sich schlecht informiert.
- Der Problemlöser: Rainer Herrmann, Geschäftsführer von m2m Systems, war u. a. großer Treiber einer standardisierten Vernetzung. OPC-UA als ausschließlichem Standard, steht er inzwischen ebenso kritisch gegenüber, wie einer Digitalisierung um jeden Preis. Manche Probleme lassen sich seiner Meinung nach analog einfacher lösen.
- Die Multiplikatorin: Claudia Kirchner, Chefredakteurin des Fachmagazins GVMANAGER, begleitet das Thema Vernetzung von Profiküchen redaktionell schon ziemlich lange und wundert sich, warum sich die Branche noch immer im Kreis dreht.
Weitere Themen des Digi-Round-Table
Teil 1: Warum reicht die sog. Kommunikationsschnittstelle DIN Spec. 18898 nicht als Standard für die Vernetzung in der Hospitality-Branche aus?
Teil 2: Ist der Hype um die Datenhoheit berechtigt?
Teil 4: Was sind die To do’s auf Seiten der Planer, Industrie, Anwender und Systemintegratoren, um die Digitalisierung besser voranzutreiben?
Lesen Sie weitere Statements aus dem Digi-Round-Table-Gespräch in den Teilen 1, 2 und 4.
Quelle: B&L MedienGesellschaft