Die Koch-Ausbildung spielt im KWP Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser eine große Rolle.
Quelle: KWP – Bernhard Rothkappel

Vorzeige-Ausbildungsbetrieb Seniorenheim

Das Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser (KWP) verfügt über 65 Kochazubis in 30 eigenen Küchen – Zahlen, von denen andere träumen, erst Recht im Care-Bereich.

Wie das geht, hat uns GV-Manager des Jahres 2019 Robert Guschelbauer verraten. Der diplomierte Tourismuswirt wurde 2017 von einem Headhunter aus der Betriebsgastronomie für die Seniorenverpflegung abgeworben: als Bereichsleiter Gastronomisches Management für das Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser (KWP). Die 30 sogenannten „Häuser zum Leben“ des KWP bieten Unterkunft, Betreuung und Pflege für Senioren aus Wien.

Die Jury, die Robert Guschelbauer zum GV-Manager des Jahres 2019 in der Kategorie Care – Seniorenverpflegung kürte, war besonders beeindruckt vom besonderen Ausbildungskonzept.

Ausbildungskonzept des KWP im Überblick

  • Eigene App für die Koch-Azubis:
    • Nach Themen und Lehrjahren gegliedert
    • Content von Ausbildern zusammengetragen, die auch in der Prüfungskommission sind
    • 1.000 Multiple-Choice-Fragen zur eigenen Überprüfung des Wissensstandes
    • Gamification-Elemente, Bilder und Videos zur Veranschaulichung
  • Roadmap:
    • Excel-Liste mit verlinkten Makros, die jeder Lehrling selbst per Tablet im Küchenbüro prüft
    • listet quartalsweise die Inhalte der einzelnen Lehrjahre auf
  • Rund 25 Prozent integrative Koch-Azubis: Spezielle Schulungen der Ausbilder und, wenn nötig Umbauten (optisches Feueralarmsignal für Gehörlose)
  • Integratives Projekt zur Ausbildung von Flüchtlingen zu Küchenhilfen
  • VR-Brillen für gewisse Schulungen, z. B. Fleischzerlegung
  • Jährlicher Praxischeck des Wissensstandes:
    • Praktische Kochprüfung
    • Simulation der Theorieprüfung
    • Siegerehrung mit den Eltern als Gästen
  • Lehrlings-Blog: Sämtliche Lehrlinge berichten in einem Blog, was sie bei der KWP erleben
  • Summerexperience: Actioncamp für sämtliche KWP-Lehrlinge inkl. Teambuildung und Persönlichkeitsentwicklung
  • Begleitendes Marketing und Imagebildung
    • Betrieb trägt das Wiener Qualitätssiegel Top-Lehrbetrieb
Ab 2020 kommen VR-Brillen im Umgang mit Dementen in allen 30 Häusern des Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser zum Einsatz – ein in Österreich einzigartiges Projekt. VR-Brillen werden aber auch in der Koch-Ausbildung genutzt. (Quelle: KWP)

Robert Guschelbauer über das Ausbildungskonzept

Mehr zu dem erfolgreichen Ausbildungskonzept der Gastronomie des KWP hat uns der 40 Jahre junge Robert Guschelbauer im Interview berichtet.

Robert Guschelbauer, GV-Manager des Jahres 2019 und Bereichsleiter Gastronomisches Management beim Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser KWP ist engagiert in der Koch-Ausbildung
(Quelle: Aktas)

„Erst ein Headhunter und viele spannende Gespräche haben mich hierhergeführt. Mit mehr Imagearbeit möchte ich das ändern. Ich will die Philosophie der KWP und die Ausbildung bei uns bekannter machen. Bei uns bekommt man eine tolle Basisausbildung an einem Arbeitsplatz mit hohem Frischkücheanteil und genialer Grundware.“

Robert Guschelbauer, Bereichsleiter Gastronomisches Management beim Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser

Herr Guschelbauer, zum Start des neuen Ausbildungsjahres 2019 hatte die KWP 800 Bewerber, darunter 125 Bewerber für 20 Koch-Azubiplätze – wie machen Sie das?

Der Großteil der Bewerber kommt über die integrative Schiene und Kooperationen mit entsprechenden Vereinen. So hatten wir z. B. zwei Stellen für Gehörlose ausgeschrieben, eine im Büro, eine in der Küche, wozu uns der Verein Witaf viele Bewerber vermittelte. Wenn ich das herausrechne, kommen auf eine konventionelle Stelle zwei bis drei Bewerber, allerdings von prinzipiell guter Qualität.

Was gastronomische Bewerber angeht, haben wir mit dem Stempel Altersheim leider einen Startnachteil. Ein Jungkoch aus Tirol, der der Liebe wegen nach Wien möchte, würde nicht auf die Idee kommen, sich in einem Heim zu bewerben. Das ist mir selbst ja nicht anders gegangen. Erst ein Headhunter und viele spannende Gespräche haben mich hierhergeführt. Mit mehr Imagearbeit möchte ich das ändern. Ich will die Philosophie der KWP und die Ausbildung bei uns bekannter machen. Bei uns bekommt man eine tolle Basisausbildung an einem Arbeitsplatz mit hohem Frischkücheanteil und genialer Grundware. Bei uns wird jeder Suppen- und Saucenansatz selbst gemacht – diesen ganzheitlichen Ansatz praktizieren heute nicht mehr viele. Auf uns aufmerksam machen wir z. B. beim Tag der offenen Tür, den dieses Jahr 300 Interessierte besuchten. Aber auch dank unserer Imagearbeit wird der potenzielle Lehrlingsmarkt zunehmend auf uns als Gastronomie aufmerksam.

Wie behalten Sie generell den Überblick über 65 Azubis, verteilt auf 30 Betriebe?

Drei Vollzeitkräfte, alles erfahrene und ausgebildete Köche, kümmern sich rein um die Koch-Ausbildung inklusive all der administrativen Tätigkeiten. Zwei dieser Köche sind nur in den Küchen unterwegs, um mit den Lehrlingen zu arbeiten. Darüber hinaus bietet die KWP zentral für alle Azubis Schulungen. Das Portfolio reicht von Persönlichkeitsbildung, über Englisch bis hin zu Teambuilding. Darüber hinaus bieten wir Exkursionen und seit Kurzem ein Summercamp, das die Möglichkeit zu Selbsterfahrung und Teambuildung gekoppelt mit ganz viel Spaß gibt.

Wie stellen Sie sicher, dass alle Azubis über das notwendige Prüfungswissen verfügen?

Wir haben eine Roadmap entwickelt, in welcher quartalsweise die Inhalte der einzelnen Lehrjahre aufgelistet sind. Dahinter verbirgt sich eine Excel-Liste mit verlinkten Makros, die jeder Lehrling selbst per Tablet im Küchenbüro prüft. Hat er das Thema Suppen und Einlagen z. B. abgearbeitet, setzt er in der Roadmap einen Haken.

Ob der Lehrling das Abgehakte auch wirklich verinnerlicht hat, wird jährlich in einem Praxischeck im März geprüft. Dabei simulieren wir die Prüfungssituation in Form von Theoriefragen, 10 Multiple-Choice-Fragen aus der App und praktischen Aufgaben. Zur Kochprüfung sind auch Mitarbeiter anderer Abteilungen in die Jury geladen. Sie vergeben dann Punkte nach unserem Raster, das an die Punktevergabe der Prüfung angelehnt ist. Einige Tage später findet eine Siegerehrung zusammen mit den Eltern statt. Der beste Azubi kann zwei zusätzliche Urlaubstage gewinnen.

Eine besondere Prüfung ist sicher auch die Teilnahme an der Koch-Olympiade?

Genau – wenn auch nur für einen Azubi. Wir nehmen 2020 bereits zum dritten Mal an der IKA Koch-Olympiade teil. Dabei sind wir, meines Wissens nach, die einzige Mannschaft, die in der 4-köpfigen Kampfmannschaft einen Azubi in Kochposition hat. In der einjährigen Vorbereitungsphase bekommen die insgesamt drei Azubis viel mit. Wer von den dreien konkret antreten wird, entscheidet das Team etwa vier Monate vorher im Rahmen eines zweitägigen Teambuildings.

Aktuell haben Sie 65 Kochazubis. Übernehmen Sie welche?

Wir nehmen immer wieder Lehrlinge, wenn es sich anbietet, vielleicht vier bis fünf pro Jahr. Dem Großteil rate ich aber auf Wanderschaft zu gehen, mit dem Angebot später zurückzukehren, wenn z. B. Familienplanung Thema ist. Der Fachkräftemangel wird mich wohl aber in ein paar Jahren zwingen, diesen Zugang über Bord zu werfen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

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Mehr zur Digitalisierungsstrategie des KWP

Lesen Sie mehr über die begleitende Azubi-App, die Herausforderungen im Umgang mit integrativen Azubis, eine HACCP-Software, die bosnisch versteht, und ein Exoskelett, das Bewohner hebt im Interview mit Robert Guschelbauer in GVMANAGER 12/2019 ab S. 11.

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Was verbirgt sich hinter den Lehreinheiten mit VR-Brille?

Auch Fleisch fachmännisch zu zerteilen, will gelernt sein. Wie das ohne echte Tiere geht, zeigt das innovative Projekt der VR-Brille des KWP.

Quelle: B&L MedienGesellschaft

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