Das Mitarbeitergespräch ist oft gefürchtet, dabei kann es eine Win-win-Situation für beide Seiten schaffen. Wie im erfolgreichen Dialog auf Augenhöhe Weiterentwicklungspotenziale geknackt werden können, verraten wir in Teil 7 unseres Weiterbildungs-Navis.
Mitarbeitergespräch als Chance
„Oje, ich muss zum Chef!“ Wer zum Mitarbeitergespräch geladen wird, hat oft ein mulmiges Gefühl. Das Instrument der Personalführung wird von nicht wenigen Mitarbeitern eher gefürchtet, denn als Chance begriffen. Das schlechte Image rührt aus früheren Zeiten, in denen oft nur miteinander gesprochen wurde, wenn es um schwere Kost wie Kündigungen, Umstrukturierungen oder „Anpfiffe“ ging.
Doch inzwischen haben viele Arbeitgeber den Wert einer guten Gesprächskultur erkannt. Kommunikation ist ein wichtiges Tool, um die Zusammenarbeit zu verbessern, Feedback auszutauschen, Ziele zu setzen, Strategien zu entwickeln und ggf. Kurskorrekturen einzuleiten. Im Fokus stehen dabei stets die Weiterentwicklung und die Motivation des Mitarbeitenden. Beides ist unverzichtbar für die Bindung ans Unternehmen und letztlich dessen Erfolg.
Wir sprachen mit Jan Steffen, Dozent der Deutschen Hotelakademie (DHA) und Geschäftsführer der Agentur Eto Personalmarketing, über die häufigsten Fehler, die Vorgesetzte bei Mitarbeitergesprächen machen und wie das Führungsinstrument zur Win-win-Situation für Mitarbeitende und Unternehmen werden kann.
Was läuft häufig falsch?
Mangelnde Vorbereitung auf das Mitarbeitergespräch ist ein Kardinalfehler, weiß der HR-Experte. Das Ziel des Gesprächs und der Weg dorthin müssen genau definiert sein. Wer nicht genau weiß, wem er gegenübersitzt oder die Ergebnisse des letzten Mitarbeitergesprächs nicht „auf dem Schirm“ hat, wird kaum eine vertrauensvolle Atmosphäre herstellen können. Mangelnde Vorbereitung wird vom Mitarbeitenden schnell als Ausdruck mangelnder Wertschätzung gewertet. Wer sich darüber hinaus mit dem Zuhören schwer tut, wird auch wenig von seinem Gegenüber erfahren.
Führungskräfte, die mit autoritärer Chef-Attitüde obendrein einschüchternd wirken, dürften kaum ein Klima herstellen können, in dem sich Mitarbeitende öffnen. Ähnlich destruktiv wirkt ein negativer Gesprächseinstieg à la „Wir müssen das jetzt machen, die da oben wollen das so.“
Kein Follow-up der vereinbarten Ziele durchzuführen, ist ein weiterer Fauxpas, der in der Praxis häufig vorkommt. „Mitarbeitende sollten sicher sein, dass sich um ihre besprochenen Belange auch gekümmert wird“, betont Jan Steffen. „Doch leider verlaufen viele Besprechungsergebnisse im Sand, und es erfolgt in der Nachbearbeitung keine Sachstandsinfo an den Betreffenden.“
Förmlich oder agil?
Wie oft ein offizielles Mitarbeitergespräch stattfinden sollte, hängt vom Bedarf ab. Ein Berufseinsteiger sollte häufiger im Dialog stehen, als ein berufserfahrener Mitarbeiter, der seinen Weg und seinen Platz im Unternehmen gefunden hat. „Die regelmäßige Kommunikation ist gerade bei neuen Mitarbeitenden ein hervorragendes Tool, um emotionale Bindung ans Unternehmen zu erreichen“, rät Jan Steffen. Dies benötigt nicht immer den offiziellen Rahmen. Agile Kommunikation, weg von starren und förmlichen Terminen, ist gefragt. Niemand wird zwischen Tür und Angel über eine Gehaltserhöhung sprechen wollen, doch ein Update über den momentanen Wohlfühl-Status darf gerne spontan eingeholt werden, da es Interesse am Mitarbeitenden signalisiert. Perspektivgespräche, also Gespräche, in denen es um Weiterentwicklung geht, sollten jedoch eine gewisse Form haben und entsprechend vorbereitet sein.
„Es gibt Betriebe, in denen können Mitarbeitende auch
Jan Steffen, Geschäftsführer, Eto Personalmarketing
entscheiden, wer das Mitarbeitergespräch führen soll. Eine gute Lösung, denn nicht jeder kommt mit jedem klar.“
Wie gelingt eine entspannte Gesprächsatmosphäre?
Nicht nur die Gesprächsführung, sondern bereits die Einladung entscheidet über Wohlgefühl oder Unbehagen. „Führungskräften sollte bewusst sein, dass bereits die bloße Mitteilung des Termins in der Chefetage ein Ungleichgewicht zwischen den Gesprächspartnern schafft“, weiß Jan Steffen und ergänzt: „Die Einladung, die Räumlichkeit und die Vorbereitung – das sind wichtige Faktoren, die über Erfolg und Misserfolg des Gesprächs entscheiden.“ Schlimmstenfalls sitzt dem beklommenen Mitarbeiter eine Führungskraft gegenüber, die mit der Situation nicht adäquat umgehen und für Entspannung sorgen kann.
Der HR-Experte rät, Mitarbeitenden nicht nur eine Kalendereinladung für das Gespräch zu mailen, sondern auch eine Agenda, worüber sich der Vorgesetzte mit ihnen austauschen möchte. „Niemand sollte mit dem Gedanken in ein Mitarbeitergespräch gehen, dass er vielleicht gekündigt werden könnte“, sagt Jan Steffen. Die Hierarchie zwischen Chef und Mitarbeitern kann zwar nicht weggewischt werden. Aber Führungskräfte können dem Mitarbeiter schon vor dem eigentlichen Gespräch verdeutlichen, dass sie auf Augenhöhe diskutieren möchten und die Voraussetzung für ein entspanntes Gespräch schaffen. Mitarbeitende sollten ermutigt werden, offen und ehrlich über ihre Bedürfnisse, Wünsche und Ziele zu sprechen, ohne Nachteile befürchten zu müssen. Und sie sollten vielleicht auch schon in der Einladung die Bestätigung erhalten, dass sie und ihre Arbeitsleistung wertgeschätzt werden.
Der Wohlfühlfaktor wird aber auch vom Gesprächsort beeinflusst. Muss ein Mitarbeitergespräch immer im Büro des Chefs stattfinden? Oder könnte sich der Mitarbeiter vielleicht selbst seinen Wunschort aussuchen? Wäre ein gemeinsames Mittagessen im Betriebsrestaurant vielleicht eine zwanglose Möglichkeit? „Es gibt Betriebe, in denen können Mitarbeitende auch entscheiden, wer das Mitarbeitergespräch führen soll“, berichtet Jan Steffen aus seiner Beraterpraxis. „Eine gute Lösung, denn nicht jeder kommt mit jedem klar.“
Wie wird das Gespräch zum Coaching?
Im Idealfall hat sich der Vorgesetzte gut auf seinen Gesprächspartner inklusive seiner möglichen Reaktionen vorbereitet und kann in seiner Gesprächsführung individuell auf sein Gegenüber eingehen. Ein 23-jähriger Newcomer dürfte andere Bedürfnisse und Ziele haben als eine alleinerziehende Mutter von zwei Kindern. Darauf sollte die Führungskraft eingestellt sein. Sich mit echtem Interesse dem Gegenüber zu widmen, Fragen zu stellen und vor allem zuzuhören – das macht ein gutes Gespräch aus. In welchen Bereichen möchte sich der Mitarbeitende verbessern? Was braucht er oder sie, um die Arbeit gut zu machen? In welche Richtung möchte er sich weiterentwickeln und welche Unterstützung gibt es dafür vom Unternehmen?
Die Selbsteinschätzung des Mitarbeitenden dient als Grundlage, um Feedback zu geben und gemeinsame Vereinbarungen zu treffen. Diese werden schriftlich festgehalten, um im nächsten Mitarbeitergespräch daran anknüpfen zu können. „Für die Dokumentation gibt es jedoch bessere Lösungen als das übliche Gesprächsprotokoll im DIN-A4-Format“, sagt Jan Steffen. „Eine schön gestaltete Mitarbeitermappe, in der die Vereinbarungen ähnlich einer Urkunde festgehalten sind, kann eine Art Zeitdokument sein, auf das dann auch die Mitarbeitenden stolz sind.“
Brauchen Vorgesetzte ein Kommunikationstraining?
Die gute Nachricht: Führungskräfte müssen keine Kommunikationsprofis sein, um ein gutes Mitarbeitergespräch führen zu können. Wichtiger als Kommunikationstechniken, die schnell aufgesetzt wirken und so der Authentizität schaden, ist Einfühlungsvermögen, Zugewandtheit und ein Bewusstsein der eigenen Wirkung. Nur wenn es gelingt, eine vertrauensvolle Gesprächskultur zu etablieren, können Weiterentwicklungspotenziale von Mitarbeitenden erfolgreich entfaltet werden.
Goldene Tipps für einen besseren Dialog
- ▪ Hören Sie aufmerksam zu und lassen Sie Ihr Gegenüber ausreden. Die Gesprächsanteile sollten ausgewogen sein.
- ▪ Zeigen Sie ehrliches Interesse und fragen Sie aktiv nach, um Missverständnissen vorzubeugen.
- ▪ Achten Sie auf eine zugewandte, offene Körperhaltung und sprechen Sie mit Ihrem Mitarbeitenden auf Augenhöhe.
- ▪ Zeigen Sie Ihre volle Aufmerksamkeit, indem Sie Störungen z. B. durch das Telefon oder hinzukommende Mitarbeiter vermeiden.
- ▪ Fassen Sie die Kernaussage des Gesprächs noch einmal in eigenen Worten zusammen, um Missverständnissen vorzubeugen.
Weiterbildungs-Navi
Verpflegungsbetriebe stehen immer wieder vor neuen Herausforderungen. Wie flexibel und anpassungsfähig der Verpflegungsbetrieb auf diese reagieren kann, ist von den Mitarbeitenden abhängig. Regelmäßige Weiterbildung bildet den Grundstein, um das eigene Team kompetent, motiviert und agil zu halten. Doch wie kann eine erfolgreiche Weiterbildungsstrategie aussehen?
Mit unserem „Weiterbildungs-Navi“ will Sie die Redaktion GVMANAGER durch das Dickicht der Weiterbildungs-Chancen und -Hürden führen. Sämtliche Teile sind für Sie nachzulesen – ein Überblick:
Teil 1: Weiterbildung als systematisches Konzept
Teil 2: Motivation zur Weiterbildung – Knackpunkte zwischen Mitarbeiter und Angebot
Teil 3: Chancen digitaler Weiterbildungsmaßnahmen
Teil 4: Fördermöglichkeiten von Weiterbildungen
Teil 5: Was steckt hinter Systemischem Coaching?
Teil 6: Einsatz von Quereinsteigern und passenden Weiterbildungskonzepten, um dem Fachkräftemangel zu begegnen
Quelle: Cornelia Liederbach für B&L MedienGesellschaft