Basierend auf der Planetary Health Diet hat Estella Schweizer, zertifizierte Plant-Based Chef, das Green Plate Movement gegründet. Was es damit auf sich hat und warum auch Kitas und Schulen davon profitieren, hat sie der Redaktion Schulverpflegung berichtet.
„Eine pflanzenbetonte Ernährung trägt dazu bei, dass die Jugendlichen bzw. Kinder rundum versorgt sind mit allen wichtigen essenziellen Stoffen, die für ihre körperliche Gesundheit auf zellulärer Ebene benötigen.“
Estella Schweizer
Estella Schweizer ist das Anliegen und der Sinn für eine gerechtere Welt in die Wiege gelegt. Vom Medizinstudium kam sie, durch ihr Interesse an Ernährungsthemen, über die Ergotherapie zum Restaurantfach, gefolgt von jahrelanger Selbstständigkeit in der Gastronomie. „Ich setze auf saisonale, pflanzliche (Bio-)Produkte aus fairem Handel, frisch und schonend zubereitet. Hülsenfrüchte, Nüsse, Saaten und diverse Vollkorn-Getreidesorten – kreativ, geschmackvoll und mit Liebe gekocht – machen glücklich, satt, gesund und zufrieden“, sagt Estella Schweizer, die sich im Alltag zu 90 Prozent vegan ernährt, und ergänzt: „Unsere Lebensmittelwahl kann den kollektiven CO2-Fußabdruck im Bereich Food bis um 60 Prozent senken. Mit jeder Mahlzeit treffen wir die Entscheidung für eine klimafreundliche Zukunft.“
Ihr Wissen darüber, wie eine derartige Ernährung gelingt und welche Vorteile diese birgt, gibt die 41-Jährige im Rahmen von Seminartagen und Hands-on-Workshops mit Küchenteams, sowie als Speakerin weiter. Dabei zeigt sie diesen, wie sie das Green Plate Movement im Küchenalltag umsetzen. Sie findet darüber auch branchenübergreifend Gehör, denn wir alle essen mehrmals am Tag. Was es mit dem Green Plate Movement auf sich hat und wie Kitas und Schulen davon profitieren können, hat sie uns im Interview verraten.
Nachgefragt bei: Estella Schweizer
„Die Planetary Health Diet klingt abstrakt; deshalb habe ich sie ins Green Plate Movement übersetzt.
Es geht um eine vorwiegend pflanzliche Küche, einen verantwortungsvollen Umgang mit Lebensmitteln, faire Beschaffung, regionale Bezüge und die Reduktion negativer Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.“Estella Schweizer
Estella, was verbirgt sich hinter dem Green Plate Movement?
Das Green Plate Movement ist die praxisnahe Übersetzung der Planetary Health Diet (PHD) in eine alltagstaugliche Form. In meiner Arbeit mit Küchenteams habe ich gemerkt, dass sie mit der Begrifflichkeit „Planetary Health Diet“ wenig anfangen konnten; sie benötigen eine verständliche, umsetzbare Orientierung. Die Planetary Health Diet klingt abstrakt; deshalb habe ich sie ins Green Plate Movement übersetzt.
Es geht um eine vorwiegend pflanzliche Küche, einen verantwortungsvollen Umgang mit Lebensmitteln, faire Beschaffung, regionale Bezüge und die Reduktion negativer Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
In vielen Fällen ersetzen hochwertige pflanzliche Komponenten tierische Produkte; manchmal kann eine kleine tierische Komponente integriert werden, je nach Kontext und Bedarf.
Dementsprechend setzt das Green Plate Movement, ebenso wie die PHD, auf viel Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide, pflanzliche Fette und wenig Zucker sowie wenig hochverarbeitete Lebensmittel.
Welche Vorteile bietet die Umsetzung speziell für Kita- und Schulverpflegung?
Für Kinder und Jugendliche liefert eine derartige Ernährung alle wichtigen Nährstoffe – von Vitaminen, wertvollen Proteinen bis hin zu sekundären Pflanzenstoffen. Sie trägt dazu bei, dass die Jugendlichen bzw. Kinder rundum versorgt sind mit allen wichtigen essenziellen Stoffen, die für ihre körperliche Gesundheit auf zellulärer Ebene, aber auch für die Gehirngesundheit, für die Muskelgesundheit und so weiter notwendig sind.
Für Verpflegungsverantwortliche führt der Wandel zu reduzierten Scope-3-Emissionen durch weniger tierische Produkte und potenziell geringeren Wareneinsatz, vor allem bei pflanzlichen Naturprodukten.
„Für Verpflegungsverantwortliche führt der mit Green Plate Movement verbundene Wandel zu reduzierten Scope-3-Emissionen durch weniger tierische Produkte und potenziell geringeren Wareneinsatz, vor allem bei pflanzlichen Naturprodukten.“
Estella Schweizer
Wie lässt sich das Green Plate Movement in der Praxis umsetzen? Welche Rolle übernimmst du in Küchen, wenn es um die Umsetzung des Green Plate Movement geht?
Die Kernkompetenz der Köche, die handwerkliche Umsetzung von entsprechenden Mengen im Verpflegungskontext, bleibt unberührt. Wichtig ist aber ein neues Verständnis für die Auswirkungen der Ernährung auf die menschliche Gesundheit und Umwelt. Köche tragen hier eine entscheidende Verantwortung für Genießer und den Planeten Erde; Kaum eine Branche ist so nah am Wohlbefinden der Menschen angelagert und zugleich so in der Verantwortung gegenüber der Umwelt. Denn Nahrung ist ein Grundbedürfnis – wir können darauf nicht verzichten.
Meine Rolle ist es, die Hintergründe zu klären und neue Techniken, Rezepturen und Geschmackskomponenten gemeinsam zu entwickeln, z. B. bereite ich gerne eine pflanzliche Béchamelsauce auf Basis von weißen Bohnen zu, sodass für eine Gemüse-Lasagne keine tierischen Produkte zum Einsatz kommen müssen.
Ich biete für Küchenteams Workshops und Vor-Ort-Beratung an. Dabei vermittele ich dem Team zunächst die Hintergründe: Was ist das Green Plate Movement? Welche Vorteile bietet dieses den Essensteilnehmern? Welche Vorteile bietet es der Küche? Und schließlich, wieso tut es der der Umwelt gut, wenn wir anders essen? Anschließend geht es darum Rezepte zu entwickeln und auszuprobieren, die großküchentauglich sind und außerdem, in diesem Fall, Kindern und Jugendlichen schmecken.
Meine Begleitung im Sinne der Trainings ist individuell. Von eintägigen Workshops bis zu mehrtägigen Projekten und kontinuierliche Begleitung ist alles dabei.
Was hältst du im Zusammenhang mit einer pflanzenbetonten Ernährung von Alternativprodukten für Fleisch und Co.?
Grundsätzlich braucht es die Ersatzprodukte nicht. In Kita- und Schulverpflegung werden sie meiner Erfahrung nach aber gerne eingesetzt, da Kinder die pflanzlichen Pendants zu beliebten Klassikern wie Nuggets geschmacklich schnell akzeptieren, oft sogar, ohne zu bemerken, dass diese pflanzlich sind.
Falafel oder im Ofen gebackener Blumenkohl, der in einem Teig aus Kichererbsenmehl paniert wird, sind pflanzliche Alternativen, die statt den Plantbased-Nuggets zum Einsatz kommen können. Das Ergebnis beim Blumenkohl ist ebenfalls ein knuspriges, wenn natürlich aber auch geschmacklich ein anderes. Blumenkohl-Nuggets können wie andere Nuggets in Sauce gedippt werden und sind dabei jedoch gesünder.
Kann man mit einer Ernährung entsprechend dem Green Plate Movement einfacher bei Kindern und Jugendlichen punkten als bei Erwachsenen?
Die Frage lässt sich pauschal eigentlich nicht beantworten. Die Akzeptanz einer eher pflanzenbetonten Ernährung hängt teilweise auch davon ab, wie die Kinder und Jugendlichen aus dem heimischen Umfeld bereits sozialisiert sind, welche Lebensmittel und welche Esskultur sie zuhause in der Familie kennenlernen. Auch die Geschmacks- und Genussbildung, die sie von Anfang an vermittelt bekommen, sind Faktoren, die die spätere Akzeptanz mitprägen
Gleichzeitig bieten gemeinsame Mahlzeiten in Kindergarten und Schule für viele Kinder auch das Potenzial Geschmäcker auszuprobieren, die sie zuhause nicht kennenlernen. Und wenn alle Kinder gemeinsam essen, verändert sich die soziale Norm – also Mitmachen wird leichter.#
Was man bei der Verpflegung von insbesondere jüngeren Kindern bedenken sollte, ist, dass diese anders als Erwachsene gerne eindimensional essen und einzelne Lebensmittel getrennt voneinander auf dem Teller erkennen und probieren wollen.
Die Verpflegung sollte generell Neugier wecken. Kinder verkosten gerne auch mal Neues und „Gesundes“, insbesondere, wenn sie vielleicht selbst mitkochen durften. Wichtig ist aber, dass Kinder nie dazu gezwungen werden sollten, etwas zu essen. Das kann Widerwillen und Abwehr für den Rest des Lebens auslösen.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Quelle: B&L MedienGesellschaft
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