Andrew Fordyce ist Experte für Gastro-Konzepte, hat über 25 Jahre Branchenerfahrung und bringt diese gerne in Form einer Kolumne in unserem Supplement Streetfood business mit ein.
Wir sprachen mit dem Branchenexperten über die Herausforderungen der Krise, den anhaltenden Snacking-Trend und über die Frage, warum Gastgeber auch langfristig auf Take-away-Angebote setzen sollten.
Herr Fordyce, aufgrund der aktuellen Situation verstärkt sich der Trend hin zum Snacking bzw. zum ausschließlichen Genuss to go – Wie wird sich dieser Trend in Zukunft noch entwickeln?
Nahezu jeder kennt die Erfolgszahlen von Delivery Hero. Im ersten Quartal 2021 stieg der Umsatz um 116 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro und verdoppelte sich das neunte Quartal in Folge. Die Verluste im gleichen Zeitraum sind den hohen Expansion-Investitionen zuzuschreiben. Das Unternehmen setzt also voll darauf, dass „to go“ ein nicht umkehrbarer, stark wachsender Trend ist.
Das sehe ich ähnlich. Aus meiner Perspektive verschiebt sich die Foodservice-Landschaft zusehends. Bis zur Jahrtausendwende stand der Sektor in Deutschland für sich. Danach stieg der Einzelhandel in diesen Bereich mit ein. Wenig später, also 2002, erlebte ich in den USA bei Brinker International bereits die Einrichtung von Curb Side. Das und „to go“ spielen jetzt erst in Deutschland Zukunftsmusik gemäß einem alten Sprichwort: „When america sneezes, the rest of the world catches a cold!“
Mit Corona und 20 Jahre später zeichnet sich ab, dass to go als eigenständiger Bereich etwas vom Foodservice-Kuchen abhaben will. Es bilden sich deutliche Schnittmengen.
Welche Veränderung aufgrund der Corona-Pandemie können Sie in diesem Bereich überhaupt ausmachen?
Durch die Pandemie konnte to go gerade beim Thema Kundenzufriedenheit punkten. Zum einen wurde aus der Not eine Tugend. Die Leute sind sehr schnell in den Bequemlichkeits-Modus gefallen. Man muss sich nicht mehr aufhübschen und großartig raus, geschweige denn kochen. Convenience ist da auch das Stichwort für Berufstätige, die ihre Zeit lieber für sich und ihre Familie nutzen, als einzukaufen und am Herd zu stehen. Dazu kommt ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis gerade im Vergleich zum Restaurantbesuch, der schon allein durch den Getränke-Bon ein deutlich größeres Loch ins Portemonnaie reißt.
Na, und dann der Punkt Digitalisierung. Durch die Pandemie sind die meisten recht schnell souveräner im Umgang mit digitalen Service-Systeme geworden. Proportional dazu wuchs auch das Vertrauen in digitale Angebote. Es funktioniert, ist bequem und abgezockt wird man bei den Abbuchungen auch nicht. Zudem sind die Kunden auch zufriedener mit den Verpackungen, die sich verbessert haben. Unternehmen wie L’Osteria haben die Pandemie genutzt, um u. a. an den Verpackungsqualitäten herumzutüfteln. Andere investieren in Nachhaltigkeit und steigen auf Take-away-Mehrwegschalen um.
Nach wie vor gibt es Gastgeber, die nicht auf Take-away-Angebote setzen: Was raten Sie ihnen? Warum ist man als Betreiber gut beraten, sein Angebot auch langfristig dahingehend anzupassen?
Die Erfahrung hat es doch bewiesen: Diversität in Form eines zweiten Standbeines kann in Krisen geschäftsrettend sein. Plus: Take-away-Angebote generieren nicht nur Zusatzgeschäfte, es ist ein nicht zu unterschätzender Wachstumssektor. Wer rechtzeitig einsteigt und hier investiert, der gewinnt. Vor allem, wenn er sich von den Lieferportalen unabhängig macht.
Für Take-away-Angebote spricht zudem, dass Sie insgesamt leichter zu planen sind als der Restaurantbetrieb.
Vorteile von Take-away-Angeboten
– Man kann gezielt Standardprodukte auswählen, die große Margen erzielen.
– Der Wareneinsatz ist überschaubarer, weniger Überschuss und Restbestände.
– Es zeichnen sich deutlichere Stoßzeiten ab, für die sich der Personaleinsatz leicht bestimmen lässt.
– Unterm Strich zeigt sich, ob es sich lohnt, ggf. selbst auszuliefern: Lieferando nimmt 30 Prozent Marge!
Inwieweit wird sich die Gastronomie im Allgemeinen verändern?
Die Preise werden steigen. Zum einen, weil Service im wahrsten Sinne des Wortes mehr wertgeschätzt wird. Zum anderen wird die Qualität von Essen anders wahrgenommen, auch bei einfachen Gerichten wie etwa einem Burger. Hier zahlt man für ehrliche Zutaten, die gekennzeichnet sind durch Regionalität, Bio-Qualität, Saisonalität und Nachhaltigkeit.
Die Portionsgrößen folgen dem großen Trend „Snacking“, der im Grunde eine neue Ernährungsweise beschreibt. Völlerei ist überholt, gesundes Essen nach Bedarf, als Appetitportion und über den Tag verteilt, auch als Verwöhn-Häppchen, möglichst in Gesellschaft anderer unter der Überschrift „Sharing is Caring“ ist dagegen gefragt.
Welche fünf Trends werden sich in den kommenden fünf Jahren in diesem Bereich durchsetzen?
Eigentlich reden wir hier nicht wirklich von etwas Neuem, aber durchaus neu interpretiert – vor allem durch Parameter wie Individualität, Gesundheit, Nachhaltigkeit, Authentizität, sind es folgende fünf Trends, die sich durchsetzen werden:
- Wunschpizza mit Zutaten nach Gusto
- Vegane und vegetarische Burger – to go
- Original asiatische Nudelgericht wie Pad Thai
- Curries
- Bowls
Danke für das Gespräch!
Quelle: B&L MedienGesellschaft