Unter dem Namen Bodhi betreibt Klaus Kuttner vier bayerische Restaurants im Wirtshausstil. Die Besonderheit: Alle Gerichte auf der Speisekarte sind vegan. Wir haben mit ihm gesprochen und nachgefragt, wie er das erfolgreiche Konzept entwickelt hat.
Urbayerische Gemütlichkeit im Bodhi
Im Jahr 2013 eröffnete in München das erste bodhi-Lokal. Das Konzept fand Anklang bei den Besuchern, sodass in den Folgejahren drei weitere Standorte eröffneten: 2018 in Augsburg, 2019 in Ulm und 2022 in Nürnberg. Am Erfolg der veganen Wirtshäuser lässt sich ablesen, wie stark das Interesse an einer pflanzlichen Ernährung sich jüngst verstärkt hat. Für alle Standorte sind 70 Mitarbeiter angestellt, die Platzkapazität liegt bei 50-90 Plätzen im Innenbereich und 35-100 Außenplätzen.
Von Keesspatzn bis „Enten“braten
Auf der Karte finden sich viele Speisen, die in klassischer Ausführung Tierprodukte enthalten. Dabei ist viel Deftiges, z. B. das bodhi-Pfanderl, ein Knuspersteak in Dunkelbiersauce mit Apfelblaukraut und Kartoffelknödel. Auch bayerische Spezialitäten gibt es tierfrei, z. B. die Keesspatzn, Tiroler Schlutzkrapfen, Tempeh Rouladen und seit Neuestem auch einen ganzen Backfisch mit Kartoffel-Gurkensalat mit Räuchertofu, Remoulade und Zitrone. Auch Burger finden sich auf der Karte und natürlich Desserts: Mousse au Chocolat, Kaiserschmarrn und Germknödel.
Klaus Kuttner berichtet, wie er das Konzept des bodhi aufgebaut hat, woher er seine Zutaten bezieht und wer seine Gäste sind.
Wie kam es dazu, dass Sie das bodhi gegründet haben, Herr Kuttner?
Die Idee entsprang meiner persönlichen Entwicklung vom massiven Fleischesser zum Vegetarier und letztlich zum Veganer. Das Thema Tierschutz hat mich umgetrieben und ich wollte einen Beitrag leisten. Die beste Möglichkeit schien es mir, den Menschen ein positives Vorbild zu sein und zu zeigen, wie sich traditionelle Küche vegan umsetzen lässt. Unsere Wirtshäuser sind gemütlich und undogmatisch – das gefällt besonders unseren nicht-veganen Gästen.
Welche Bedeutung hat der Name „Bodhi“?
Der Bodhi-Baum ist der sinnbildliche Baum der Erkenntnis. Er stammt aus Asien und wird von Buddhisten verehrt. Auch wenn man unser Lokal besucht, ist man meistens um einige Erkenntnisse reicher, daher der Name. Außerdem klingt er auch einfach schnucklig.
Was sind die Besonderheiten des Bodhi?
Wir setzen auf die gutbürgerliche Traditionsküche und die Optik eines klassischen Wirtshauses – ohne viele Schnörkel und mit dem Fokus auf unseren Gästen. Die Portionen sind ordentlich, die Qualität konstant und unsere Gastfreundschaft ist echt.
Was sind die beliebtesten Gerichte auf der Speisekarte?
Unsere Klassiker, das bodhi Pfanderl und der Kaiserschmarrn kommen immer gut an. Einige Gerichte wurden im Lauf der Jahre zu Dauerbrennern. Würden wir die von der Karte streichen, würden einige Gäste wohl eine Onlinepetition starten. Wir haben einen Stammgäste-Anteil von etwa 40 Prozent, deswegen ist unsere Karte relativ fixiert.
Welche Zutaten sind für die vegane Küche unabdingbar?
Für unsere Alternativprodukte brauchen wir Soja und Weizen.
Welche Zutat der veganen Küche wird oft unterschätzt?
Keine Zutat, sondern die vegane Küche insgesamt wird unterschätzt.
Produzieren Sie die Fleischalternativen selbst?
Das meiste produzieren wir selbst. Manche Klassiker kaufen wir auch dazu, z. B. Beyond Meat Burgerpatties. Das ist ein so gutes Produkt, dass wir es nicht besser nachbauen könnten.
Woher beziehen Sie Ihre Zutaten?
Wir kaufen bei Großhändlern ein, die sich auf ein veganes Sortiment fokussieren. Erfreulicherweise werden wir auch bei konventionellen Händlern fündig.
Wie wählen Sie Ihre Mitarbeiter aus?
Leistung geht vor persönlicher Ethik.
Was halten Sie davon, dass die neue Ausbildungsverordnung seit August 2022 die pflanzliche Ernährung mehr in den Fokus rückt?
Ich begrüße das sehr, denn es ist ein nachhaltiger Schritt, der alle Menschen und ihre Interessen einbezieht.
Wie hoch ist der Anteil vegan lebender Gäste?
Nach Gesprächen mit einigen Gästen würde ich davon ausgehen, dass sich etwa jeder dritte Gast vegan ernährt. Bei uns findet man eine recht große Zahl an Flexitariern, die etwas ausprobieren möchten.
Welche Resonanzen bekommen Sie? Gibt es Kritik?
Die meisten Gäste zeigen Interesse, nur manchmal wird kritisiert, dass doch Alternativprodukte eigentlich unnötig wären. Aber die Zeiten ändern sich und die meisten Menschen verstehen, warum unsere Produkte hinsichtlich Nachhaltigkeit und Altruismus wertvoll sind.
Wie würden Sie den klassischen Bodhi-Gast beschreiben?
Alternativ, intelligent, gutaussehend 😉
Welche Tipps würden Sie einem Gastronomen geben, der bisher keine veganen Gerichte anbietet?
Viele vegetarische Gerichte, die meistens schon auf der Karte sind, lassen sich einfach veganisieren. So erreicht man eine breitere Zielgruppe. Außerdem gibt es zahlreiche Convenience-Produkte, die sich auch für mit veganen Gerichten unerfahrene Köche eignen. Die lassen sich auch gut aufbewahren, wenn anfangs die Nachfrage gering ist.
Warum sollten mehr Gastronomen ihre Aufmerksamkeit der veganen Ernährungsweise widmen?
Weil vegane Gerichte der kleinste gemeinsame Nenner aller Gäste sind. Fast jeder kann sie genießen, zumal wenn Aspekte wie Ethik, Nachhaltigkeit, Religion und Unverträglichkeiten die Entscheidung beeinflussen. Wir alle haben eine Verantwortung gegenüber der Umwelt – und die vegane Küche ist meistens das geringste Übel.
Haben Sie Tipps, wo man sonst noch gut vegan essen kann? Was empfehlen Sie?
Ich mag entspannte Lokale, die sich nicht zu stark schmücken und weder mit Style noch Coolness übertreiben. Deswegen gehe ich gerne ins Café Omo, zur äthiopischen Platte. Dort wird klassisch ohne Besteck gegessen und das Bier trinkt man aus einer Kürbisschale. Auch das Chay Vegan bietet einwandfreie authentische Küche. Im Louis Hotel am Viktualienmarkt gibt es eine vegane Sektion beim Brunch.
Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Mehr reisen, autarker leben und a bisserl weniger arbeiten
Vielen Dank für das Gespräch!
Vegane Konzepte
Um mehr über die vegane Küche zu lernen, lesen Sie die 5 Tipps von Köchin und Autorin Antje de Vries.
Quelle: B&L MedienGesellschaft, Klaus Kuttner