Gastronomische Betriebe, speziell solche aus der Betriebsgastronomie, aber auch Coffeebars, Schulmensen und Krankenhรคuser, die ihr Nachhaltigkeitsengagement messen und sichtbar machen wollen, kรถnnen sich mit dem Siegel fรผr nachhaltige Gastronomie von GreenCanteen zertifizieren lassen.
Die EU-Gewรคhrleistungsmarke verfolgt dabei einen ganzheitlichen Ansatz entlang der gesamten Wertschรถpfungskette des Gastro-Betriebes.
Entwickelt von K&P Consulting
Vergeben wird das Nachhaltigkeitssiegel durch die K&P Consulting GmbH, aus deren Beratungspraxis das Siegel hervorgegangen ist. โUnsere Erfahrung hat gezeigt, dass sich Gastronomie schwer tut, wirklich nachhaltig zu werden. Daher haben wir ein pragmatisches Beratungs- und Zertifizierungskonzept entwickelt, um Unternehmen zu einer ganzheitlich nachhaltigen Gastronomie zu fรผhren und in mรถglichst vielen Bereichen einfach immer nachhaltiger zu werdenโ, berichtet Ekkehart Lehmann, Geschรคftsfรผhrer von K&P Consulting.
Ist es schwer nachhaltiger zu werden?
Wo liegen erfahrungsgemรคร die meisten Potenziale auf dem Weg zur GreenCanteen?
Mehr dazu hat Ekkehart Lehmann der Redaktion GVMANAGER berichtet.
Nachgefragt bei: Ekkehart Lehmann, K&P Consulting

โUnser Ansatz ist eine ganzheitliche Betrachtung. Wir haben in einer umfangreichen Analyse 119 Kriterien ausgemacht, die auf die Nachhaltigkeit einzahlen. Diese sind je nach ihrer Bedeutung zwischen vier und 40 Punkte gewichtet. Wenn ein Betrieb mindestes 600 von 1.000 Punkten, also 60 Prozent der Kriterien nachweislich erfรผllt, kann er das Siegel erhalten.โ
Ekkehart Lehmann, Geschรคftsfรผhrer, K&P Consulting
Herr Lehmann, GreenCanteen nennt sich Siegel fรผr Nachhaltigkeit in der Gastronomie. Bislang sind aber primรคr Betriebsrestaurants und beispielsweise keine klassische Gastronomie zertifiziert, soll das ausgeweitet werden?
Der Fokus erklรคrt sich damit, dass wir mit der Betriebsgastronomie gestartet sind. Inzwischen gibt es darรผber hinaus einen Betrieb der Schulverpflegung, der mit GreenCanteen-Siegel nach dem speziellen GreenCanteen@school Kriterienkatalog zertifiziert ist. Weitere sind derzeit in der Zertifizierung.
Weiterhin ist derzeit das erste Krankenhaus nach dem GreenCanteen@hospital Kriterienkatalog in der Zertifizierung.
Auch fรผr einen weiteren Bereich der Gastronomie ist inzwischen ein Kriterienkatalog fertiggestellt. Die Zertifizierung wird in Kรผrze erfolgen.
Und: fรผr Coffeebars haben wir ebenfalls ein Siegel mit einem eigenen Kriterienkatalog entwickelt: GreenCoffeebar! Hier ist ein Betrieb bereits zertifiziert, zwei weitere derzeit in der Zertifizierung. Wir weiten das Konzept also zunehmend auf weitere Bereiche aus!
Wie viele Betriebe sind bislang GreenCanteen-zertifiziert, wie viele aktuell im Prozess?
Derzeit sind 24 Betriebe GreenCanteen-zertifiziert, ein Betrieb mit dem Siegel der GreenCoffeebar. 15 weitere Betriebe bemรผhen sich derzeit um die Zertifizierung.
Mit welchen Kosten ist ca. zu rechnen?
Bis zur Erstzertifizierung kostet der Prozess 14.000 Euro. Nach der Zertifizierung wird der Betrieb รผber weitere drei Jahre begleitet und zwei Follow-ups durchgefรผhrt, bei denen die Einhaltung der Kriterien und die Weiterentwicklung geprรผft und dokumentiert wird.
Woran haben Sie festgemacht, was und ab wann ein Betrieb โnachhaltigโ ist?
Unser Ansatz ist eine ganzheitliche Betrachtung. Wir haben in einer umfangreichen Analyse 119 Kriterien ausgemacht, die auf die Nachhaltigkeit einzahlen. Diese sind je nach ihrer Bedeutung zwischen vier und 40 Punkte gewichtet. Wenn ein Betrieb mindestes 600 von 1.000 Punkten, also 60 Prozent der Kriterien nachweislich erfรผllt, kann er das Siegel erhalten.
Welche Kriterien sind das beispielsweise?

Die 119 Kriterien des Katalogs unterteilen sich in 93 Basis- und 26 Bonuskriterien.
Basiskriterien sind Maรnahmen, die in jedem Betrieb realisiert werden kรถnnen wie die Erhรถhung des Anteils an vegetarischen und veganen Gerichten oder die Umstellung auf รถkologische bzw. nachhaltige Reinigungsmittel.
Bonuskriterien sind entweder mit besonderes hohem Aufwand oder hรถheren Kosten verbunden und kรถnnen nicht von jedem Betrieb gefordert werden. Dazu gehรถrt etwa besonders moderne und multifunktionale Produktionstechnik oder eine รผbertarifliche Entlohnung der Mitarbeiter. Diese kรถnnen genutzt werden, um fehlenden Basiskriterien auszugleichen. Die Kriterien verteilen sich dabei auf acht Bereiche entlang der Wertschรถpfungskette:
- Speiseplanung & Angebot,
- Beschaffung & Zutaten,
- Lagerung & Prozesse, Produktion,
- Ausgabe & Kommunikation,
- Entsorgung & Reinigung,
- Technik & Energie sowie
- Mitarbeiter & Gesellschaft.
Beim Kriterienkatalog 2.0 wurde der Einstieg etwas erleichtert, man bekommt beispielsweise bereits fรผr einen geringeren Bio-Anteil oder Prozentsatz von fair gehandelten Zutaten Punkte als bislang. Waren Ihre Kriterien zu ambitioniert?
Nein, wir haben die Anforderungen vielmehr hochgesetzt. Da Bio inzwischen auch besser verfรผgbar ist, gab es frรผher fรผr einen 20%igen Bio-Anteil Bio 20 Punkte, heute nur noch 10. Auch muss man heute einen hรถheren FairTrade Anteil nachweisen, um Punkte zu bekommen.
Viele Gastro-Betriebe verknรผpfen Nachhaltigkeit noch immer mit Kriterien wie saisonal, regional, Bio, vegetarisch โ wird der Fokus zu sehr auf den reinen Food-Bereich gelegt statt auf die ganze Wertschรถpfungskette?
Nein, der Fokus auf Food ist ja richtig. Auch bei uns machen Speiseplanung und Angebot sowie Beschaffung und Zutaten รผber 50 Prozent der Kriterien aus. Aber uns ist wichtig, dass die vielen anderen wichtigen Aspekte ebenfalls berรผcksichtigt werden: Kommunikation, Teilhabe, soziale Faktoren aller beteiligten Gruppen, ob Gรคste, Mitarbeitende oder Gesellschaft, Energie, Reinigungsmittel, Kรผhlmittel, Schulungโฆ. Fรผr einen nachhaltigen Betrieb reicht die reine Betrachtung des Food-Anteils eben nicht aus.
Die Grafiken der derzeit zertifizierten GreenCanteens zeigen oft noch groรes Potenzial im Segment Beschaffung & Zutaten. Wie kommt das?
Das ist tatsรคchlich der Bereich, der eben auch sehr aufwรคndig in der Umstellung ist. Alle wissen, wie schwer es ist, regionale Lieferantenbeziehungen dauerhaft und partnerschaftlich aufzubauen und zu halten. Das sind Kriterien, die hรคufig erst in den Jahren 1 bis 3 nach der Erstzertifizierung verlรคsslich aufgebaut werden kรถnnen.
Hinzu kommt, dass auch die Groรhandelspartner heute noch nicht vollstรคndig in der Lage sind, verlรคsslich Produkte mit gentechnisch verรคnderten Zutaten oder Flugware auszuschlieรen. Diese Prozesse stoรen unsere GreenCanteens bei den Lieferanten hรคufig das erste Mal an und diese brauchen einfach Zeit, um die eigenen Prozesse anzupassen.
Wie schwer ist es generell, nachhaltiger zu werden bzw. bislang unerfรผllte Punkte Ihrer Kriterienliste zu erfรผllen?
Wir haben festgestellt, dass รผber 50 Prozent der Kriterien ohne groรen Aufwand und auch ohne groรe zusรคtzliche Kosten umgesetzt werden kรถnnen. Mit diesen fangen unsere GreenCanteens meist an.
Andere Kriterien brauchen einfach lรคnger und benรถtigen eine intensivere Suche nach Lรถsungen oder einfach Zeit, bis zum Beispiel der Energiebezug des Unternehmens auf รkostrom umgestellt ist. Und bei einigen Kriterien braucht es einfach das Budget, das freigegeben werden muss. Und da hat jeder Betrieb unterschiedliche Spielrรคume.
Was ist erfahrungsgemรคร die grรถรte Herausforderung?
Wenn der Entschluss gefasst ist, ernsthaft seinen Betrieb ganzheitlich nachhaltig fรผhren zu wollen, ist bereits das Wichtigste passiert. Da es keine Verbote und Musskriterien gibt, wird viel Energie in den Teams freigesetzt. Jeder Schritt zรคhlt und Verรคnderung kann auch Spaร machen.
Trotzdem gibt es viele Herausforderungen, denen man sich frรผher oder spรคter stellt. Sei es in der Beschaffung von Bio- oder FairTrade-Lebensmitteln, in der Entwicklung von Leitlinien fรผr den Einkauf, oder dabei die Gรคste richtig auf die Reise mitzunehmen. Wie geht man mit alten Produktionsgerรคten und der Infrastruktur um? Wann kรถnnen schรคdliche Kรผhlmittel gegen moderne mit einem niedrigen GWP-Wert ausgetauscht werden? Solche Prozesse brauchen lange, um im Unternehmen richtig platziert zu werden.
Welche Potenziale oder Segmente werden oft unterschรคtzt?
Die Betriebsgastronomie tut sich schon immer schwer, mit den Gรคsten aktiv zu kommunizieren. Wir legen darauf so viel Wert, da es nicht ausreicht, nachhaltige Speisen anzubieten. Die Gรคste wollen und brauchen viel mehr Informationen รผber das Was, Wie und Warum. So haben wir es geschafft, in einem Betrieb mehr Tischgรคste fรผr ein veganes Gericht zu รผberzeugen, als fรผr das Schnitzel, das parallel angeboten wurde. Die Gรคste nehmen auch viele Ideen und Rezepte mit nach Hause und wirken so als Multiplikatoren in der Gesellschaft. So bewirken wir wirkliche Verรคnderung!
Herzlichen Dank fรผr das Gesprรคch!
Auf einen Blick – GreenCanteen
- Definition: Siegel fรผr nachhaltige Gastronomie (EU-Gewรคhrleistungsmarke)
- Zielgruppe: Gemeinschaftsgastronomie โ v. a. Betriebsgastronomie, Schulverpflegung, Cafรฉbars, Krankenhรคuser
- Zertifizierung: Es mรผssen mind. 60 % der Punkte eines Katalogs erreicht werden, geprรผft durch ein Audit, 3 Jahre gรผltig, jรคhrliches Checkup
- Kriterien: 93 Basis- und 26 Bonuskriterien in acht Bereichen entlang der Wertschรถpfungskette: Speiseplanung & Angebot, Beschaffung & Zutaten, Lagerung & Prozesse, Produktion, Ausgabe & Kommunikation, Entsorgung & Reinigung, Technik & Energie, Mitarbeiter und Gesellschaft
- Urheber: K&P Consulting
Quelle: B&L MedienGesellschaft

Neue Nachhaltigkeitsinitiative AVE
โ was steckt dahinter?
Die AVE Allianz fรผr Verantwortungsvolle Esskultur widmet sich der nachhaltigen Ernรคhrungstransformation in der Gemeinschaftsgastronomie: durch konkrete Ziele und praktische Kollaboration. Mehr dazu lesen Sie hier.