Die 8. Fachkonferenz Bau und Betrieb von Großküchen und moderner Betriebsgastronomie, die Anfang Juli 2022 in München stattfand, bot den rund 150 Teilnehmern ein vielfältiges Programm, kam aber immer wieder auf ein Thema zurück: den Personalmangel in der Gastronomie.
Und so rüstete die Fachkonferenz die Besucher in Summe mit einem Bündel an Maßnahmen aus verschiedensten Blickwinkeln, wie man den aktuell größten Herausforderungen für den Außer-Haus-Markt – Kostendruck und Personalmangel in der Gastronomie – begegnen kann.
Die Tipps gegen den Personalmangel in der Gastronomie im Überblick
- Veränderung und vor allem Vereinfachung des Gastro-Konzeptes, u. a. mithilfe von Digitalisierung
- Wertschätzender Umgang
- Planung und Konzeption von schicken Arbeitsplätzen und Sozialräumen mit Wohlfühlcharakter
- Flexiblere Arbeitszeiten
Vereinfachung der Gastro-Konzepte
„Eine Vereinfachung ist der Schlüssel, um bei gleichen Preisen mit guter Qualität zu agieren.“ Diesen Tipp schickte Pierre Nierhaus, CEO von Pierre Nierhaus Consulting, seinem Vortrag über die Trends 2022/23 voraus. Statt unendlich die Essenspreise zu erhöhen und damit seine Zielgruppe einzuschränken, empfahl er, besser an den Konzepten anzusetzen.
Seine Tipps in Sachen Kostendruck:
- Speisekarte und Gerichte vereinfachen
- Renner-Penner-Analyse mittels Kassensystem und nicht per Bauchgefühl: Pro Monat das schwächste Gericht von der Karte nehmen und durch ein neues ersetzen
- Erlebnisse bieten, z. B. live flambierter Signature Drink – dafür ist der Gast bereit, mehr Geld auszugeben als für reine „Sachen“
- Digitalisierung nutzen, um mit weniger Mitarbeitern agieren zu können bzw. Mitarbeitern Tätigkeiten abzunehmen
- Roboter als Foodrunner ersetzen, so kann der Service einige Tische mehr betreuen
- Marketing und Speisenbestellung/Tischbelegung digitalisieren
- Bedienrufknopf in weniger frequentierten Servicebereichen, sodass nicht dauerhaft Personal bereitstehen muss
Wertschätzung gegenüber Mitarbeitern
Bezogen auf den Personalmangel in der Gastronomie zitierte Pierre Nierhaus Richard Branson, um dem Plenum zu verdeutlichen, wo die Prioritäten (noch immer) liegen sollten: Staff first, customer second, shareholder third. Und wie rangehen? „Den Mitarbeitern einfach mehr zuhören“, lautete sein Tipp. Vor allem jüngere Arbeitnehmer, aber ebenso die eher älteren, die den Betrieb (noch) am Laufen halten, sollten mehr in die Entscheidungen einbezogen werden.
Die beste Form der Personalakquise? Dazu hatte Pierre Nierhaus einen schlichten Rat: „Die eigenen Mitarbeiter so gut behandeln, dass sie das gerne weitererzählen und so vielfach multiplizieren.“
Und wie gewinnt man speziell jüngere Leute fürs Team? Wir müssen einfach deren Regeln und Wünsche beachten:
- Sie haben spezielle Wünsche an die Arbeitszeiten.
- Sie wollen sich im Team wohlfühlen.
- Sie wollen eine Perspektive haben.
- Sie wollen gerne einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten.
Stylische Arbeitsplätze und Sozialräume
Warum müssen Küchenmitarbeiter immer den Hintereingang nutzen? Oder oft im Keller arbeiten? Diese provokanten Fragen warf Oliver Fiß (im Bild o.), geschäftsführender Gesellschafter von Soda Catering Concepts auf. Er appellierte an die Teilnehmer der Fachtagung, bei der Planung und Konzeptionierung die eigenen Gastro-Mitarbeiter und deren Sozialräume nicht zu vergessen. Beispielsweise lasse sich mit geringem Invest und etwas mehr Farbe sowie Stil eine schöne Willkommens- und Abschiedskultur schaffen.
Daran knüpfte wenig später Michael Frey aus der Geschäftsleitung des Architekturbüros Schmelzle+Partner an. Er legte dar, wie sein Team und er das Nubis – die für ihre Architektur prämierte Betriebsgastronomie des Instituts Dr. Foerster in Reutlingen – konzeptionierten und gestalteten. So achtete man bei der Platzierung der Theken und Cafébar darauf, dass auch das Gastro-Team „den Luxus der Aussicht durch die bodentiefen Glasfronten genießt“.
Oliver Fiß ergänzte ein weiteres To do für Planer und Konzeptionierer: „Das Personalwesen muss bei der Inbetriebnahme begleitet werden – vom Recruiting bis hin zu Schulungen und Trainings.“
Flexiblere Arbeitszeiten
In Sachen Arbeitszeiten brauche es zudem einen Perspektivenwechsel, wie Oliver Fiß von Soda Catering Concepts forderte: „Statt uns darauf zu konzentrieren, wann jemand arbeiten darf, sollten wir darüber reden, wann die Einzelnen arbeiten möchten!“ In diesem Zusammenhang empfahl er flexibere Arbeitszeitmodelle, wie Jahresarbeitszeitmodelle.
Gelebt werden ähnlich flexible Modelle bereits in der Audi Gastronomie, wie Gastronomie-Leiterin Victoria Broscheit berichtete. Sie geht sehr individuell auf Mütter, aber auch (alleinerziehende) Väter in ihrem Team ein. So arbeiten manche nur einen Tag pro Woche, andere sogar nur alle vier Wochen eine Woche lang am Stück. Erstaunt hat Victoria Broscheit die interessierten Zuhörer aber mit ihrer aktuellen Sonderform der Personalakquise. So dürfen bei Audi in Fällen eines Engpasses Mitarbeiter aus anderen Abteilungen abgeworben werden. Und da die Gastronomie derzeit unter Köchemangel leidet, wurde ihr genehmigt, im Rahmen der sogenannten Engpassqualifikation Mitarbeiter aus er Autoproduktion abzuwerben. Auf diesem Weg konnte sie bereits 24 neue Arbeitskräfte fürs Gastro-Team gewinnen.
Digitalisierung als wertvolle Stütze
Wie sorgt Digitalisierung in gastronomischen Betrieben für einen effizienteren Einsatz der vorhandenen Mitarbeiter? Darum ging es u. a. in den Vorträgen des zweiten Veranstaltungstages der Fachkonferenz Bau und Betrieb von Großküchen und moderner Betriebsgastronomie. Mehr dazu lesen Sie in Kürze hier.
Quelle: B&L MedienGesellschaft