Um die Induktionstechnik im Kochroboter ansteuern zu können, galt es für die GoodBytz-Gründer, Zugang zur Schnittstelle zu bekommen.
Quelle: GoodBytz

GoodBytz-Kochroboter – ein Blick auf Schnittstelle und Kosten

Der Kochroboter von GoodBytz entstand aus der branchenfremden Perspektive dreier Maschinenbauer. Nichtsdestotrotz ist professionelle Koch-, Spül- und Ablufttechnik verbaut, die entsprechend über Schnittstellen softwareseitig angesteuert wird. Ein Unterfangen, das sich die GoodBytz-Gründer Hendrik Susemihl, Kevin Deutmarg und Philipp von Stürmer leichter vorgestellt hatten, als es schließlich war. Doch die spezielle Profiküchentechnik selbst zu entwickeln, wäre vergeudete Zeit gewesen. „Folglich mussten wir große Player für uns gewinnen, die auch bereit waren, ihre Geräte für uns zu öffnen, damit wir sie softwareseitig ansteuern können“, erläutert der CEO von GoodBytz Hendrik Susemihl. Und neben den Top-Lieferanten Palux (Kochfelder), Winterhalter (Spültechnik) und InoxAir (Lüftung) galt es, als Backup pro Bereich noch mindestens einen weiteren Supplier zu akquirieren.

Welche Herausforderungen gab es bei der Integration der Schnittstellen von Kochgeräten und Food-Lieferanten?
Welche Möglichkeiten bietet diese Vernetzung für die gesamte Wertschöpfungskette, vom Acker zum Teller?
Wie wird die Roboterküche derzeit weiterentwickelt und welche Rolle spielt dabei weitere Küchentechnik?
Zudem haben wir eine weitere immer wiederkehrende Frage geklärt: Warum muss man die Roboterküche eigentlich leasen?

Antworten darauf lieferte Hendrik Susemihl der Redaktion GVMANAGER im Interview.

Hendrik Susemihl von GoodBytz über die Herausforderung, Schnittstellen zu öffnen und integrieren, um den Kochroboter perfekt programmieren zu können
Quelle: GoodBytz

„Wir sind da tatsächlich recht naiv rangegangen und mussten lernen, dass sich viele Hersteller sehr schwer damit tun, ihre Geräte zu öffnen. Schlussendlich konnten wir aber die meisten Partner überzeugen Teil unseres Ökosystems zu werden. Sobald erkannt wurde, welches Potenzial dahintersteckt, ging es dann ganz schnell.“

Hendrik Susemihl, CEO, GoodBytz

Herr Susemihl, wie wird sich die Digitalisierung in der professionellen Küche in den nächsten Jahren entwickeln?

Wir erkennen ein massives Potenzial in der Digitalisierung der Küche. Neben vielen Betrieben, die noch fast komplett ohne digitale Lösungen für Warenmanagement, Einkauf, Einsatzplanung, HACCP Management etc. arbeiten, sehen sich die, die es bereits tun mit vielen Insellösungen und hohem manuellen Datenpflege-Aufwand konfrontiert. Wir prognostizieren in Zukunft vor allem eine deutlich vernetztere Küche, die stark vom Einsatz von Robotern profitieren wird. Da diese eine unglaublich hohe Datentransparenz schaffen und durch die direkte Interaktion mit Produkten auch die Erhebung der Daten noch viel weitreichender automatisch funktioniert, werden Betriebe in die Lage versetzt, deutlich bessere und schnellere Entscheidungen treffen zu können, die den Wareneinsatz, das Angebot oder die Vermeidung von Food Waste optimieren.

Welche Daten werden im GoodBytz-Kochroboter bereits erhoben und welche Auswertungen sind möglich?

Wir sehen, was wir an Lebensmitteln verbrauchen und auch, welche Gerichte und Toppings die Kunden präferieren. Wenn wir das z. B. mit tagesgenauen Einkaufspreisen der Lieferanten kombinieren, können wir zeitnah – und nicht erst in der betriebswirtschaftlichen Auswertung – analysieren, wo noch Margen drin sind oder wo man vielleicht Preise anpassen muss.
Aus der Echtzeit-Datenlage lässt sich mittels KI noch viel machen und automatisierte Tipps ableiten. Da sind wir noch ganz am Anfang.

Könnte der GoodBytz-Roboter denn den Einkauf komplett alleine steuern?

Was wir nach vielen Gesprächen festgestellt haben: Wir sind tatsächlich Knotenpunkt für viele unterschiedliche Stakeholder, vom Acker zum Teller. Gerade auf der Lieferantenseite gibt es großes Interesse an automatisierten Bestellprozessen statt kurzfristigem Zuruf. Auf der anderen Seite könnten wir durch unser System auch mehr Transparenz an den Gast vermitteln. So könnte der Supplier über unser Bestellinterface einsteigen und ein Video von seiner Fischzucht hinterlegen, damit der Gast sieht, woher diese Zutat kommt.

Wir könnten also entlang der Wertschöpfungskette mit unterschiedlichen Partnern zusammenarbeiten und eine gesamtheitliche Lösung schaffen.

Mit unseren ersten engen Lieferpartnern entwickeln wir eine Schnittstelle, sodass über den Roboter nachbestellt werden kann. Wenn wir im nächsten Schritt Warenlevels setzen, könnte der Roboter sogar automatisch nachbestellen, z. B. wenn der Bestand einer Zutat unter 10 Kilogramm fällt.

Lassen sich die Schnittstellen denn so einfach integrieren? In der Branche ist das ein heikles Thema…

Um die Spülmaschine automatisch beladen zu können, brauchten die GoodBytz-Programmierer Zugang zur Schnittstelle.
Um beispielsweise die integrierte Spültechnik anzusteuern, musste Hersteller Winterhalter seine Geräte dafür öffnen (Quelle: GoodBytz).

Wir sind da tatsächlich recht naiv rangegangen und mussten lernen, dass sich viele Hersteller sehr schwer damit tun, ihre Geräte zu öffnen. Schlussendlich konnten wir aber die meisten Partner überzeugen Teil unseres Ökosystems zu werden. Klar haben wir ein paar Runden gedreht, aber wenn erkannt wurde, welches Potenzial dahintersteckt, ging es dann ganz schnell.

Sind auch Kombidämpfer-Hersteller mit im Boot?

Wir tüfteln derzeit tatsächlich an Setups mit Kombidämpfern und Chillern sowie GN-Trolleys, die eine vollautonome Vorproduktion, beispielsweise in der Nacht, ermöglichen. Auch über den Einsatz von Fritteusen wird nachgedacht, wobei hier Abluft und Brandschutz zwei große Knackpunkte sind. Die Entwicklung von beispielsweise einem reinen Frittierroboter oder die Weiterentwicklung des integrierten Roboterarms an der Spülmaschine für andere Küchen ist dagegen keine Option. Wir sind auf holistische Lösungen aus, die ein Segment gesamtheitlich verbessern und nicht auf die Lösung von Inselproblemen.

Die Roboterküchen kann man nicht kaufen, sondern nur leasen – warum?

Wir nennen es lieber nutzerbasierte Miete, weil es zwei Anteile daran gibt. Einmal die Grundgebühr als eine Art Miete für das System. Diese dient uns als Sicherheit für unsere Finanzierungsmodelle. Der zweite Part ist ein Nutzungssatz je nach Anteil der gekochten Gerichte.

Warum wir im Besitz der Geräte bleiben wollen? Weil die Reparatur und Überholung zentralisiert erfolgen soll. Ein eigenes Wartungs- und Serviceteam im Feld würde uns im späteren Wachstum bremsen. Stattdessen werden Module mit größeren Störungen komplett getauscht und dann zentral repariert. Wir setzen also mehr auf Logistik statt auf unzählige Servicetechniker, die man ja kaum noch bekommt. Das stand von Anfang an fest und hat zum modularen Aufbau geführt.

Die Kunden bekommen also ein Komplettpaket mit klar kalkulierbaren Kosten, da sie nicht in Reparaturen oder Wartung investieren müssen. Gleichzeitig ist es so, dass die Nutzung pro Anteil umso günstiger wird, je mehr das System genutzt wird. Folglich profitieren sowohl wir als auch der Kunde stark, wenn es gut läuft. Wenn es dagegen schlecht läuft und viele Störungen auftreten, haben wir deutlich mehr zu verlieren.

In der Branche ist es aber noch immer üblich in Geräte zu investieren. Wie überzeugt ihr?

Diese spontane Abwehrhaltung kennen wir. Nimmt sich der Interessent aber mal die nötigen fünf bis zehn Minuten und lässt uns erklären, was da alles dahintersteckt an Entwicklungsarbeit und investiertem Kapital, an Know-how, Logistik und Support, dann verstehen das schon die meisten.

Die erste GoodBytz Roboterküche steht seit Mai in einer Cafeteria im Uniklinikum Tübingen und versorgt Mitarbeiter und ambulante Patienten. Aus welchen gastronomischen Bereichen besteht derzeit noch großes Interesse?

Derzeit gibt es drei große Kernbereiche: die Betriebsverpflegung, die Verkehrszonengastronomie und die Hotellerie. Letztere geht vermehrt in Richtung autarker 24/7-Check-Ins, die sich wunderbar mit einer autarken Verpflegung koppeln lassen.

Ich sehe aber auch eine große Chance in Kombikonzepten. Beispielsweise gibt es Interesse von Seiten der Systemgastronomie hier komplett neue Wege zu gehen. Aber auch im Hotel kann unsere Roboterküche neben einem hochwertigen Restaurant funktionieren.

Ein supercooles Gastronomie-Konzept entsteht zurzeit auch in Kooperation mit einem Zwei-Sterne-Koche in einem europäischen E-Charger Park.

Was antworten Sie auf die Kritik, dass sich menschliches Talent nicht durch Maschinen ersetzen lasse?

Wir sehen dies nicht als Kritik, sondern stimmen dem voll zu. Roboter sollen und werden die immer wiederkehrende Arbeit in der Zubereitung des gleichen Gerichts, hunderte Male am Tag übernehmen. Was die Roboter jedoch zubereiten, welche Zutaten verwendet werden, für welchen Gast an welchem Ort was das beste Angebot ist, entwickeln und entscheiden weiterhin kulinarisch erfahrene Menschen.

Werden Kochroboter in 75 Jahren klassische Küchen verdrängt haben?

Nein, Roboter werden zwar ein fest etabliertes Tool in einem Großteil der Küchen sein, aber sowohl klassische Arbeiten in Zusammenarbeit mit Robotern als auch komplett klassische Küchen werden weiter ihren Platz behalten.

Was ist Ihr Lieblingsgericht aus der Roboterküche? Und was kochen Sie am liebsten noch selbst?

Vom Roboter: Bärlauch Risotto. Selbst koche ich am liebsten Dan Dan Mian oder Tantanmen Ramen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

info

Baustelle Vernetzung und Best Practice Tübingen

Warum sind Digitalisierung und Vernetzung in der Hospitality-Branche noch immer große Baustellen? Warum reicht die sog. Kommunikationsschnittstelle nicht als Standard? Das hat die Redaktion GVMANAGER mit ausgewählten Experten in einem Roundtable-Gespräch erörtert. Die Ergebnisse lesen Sie hier.
Neugierig, warum man sich am Campus des Uniklinikums Tübingen für eine Rboterküche von GoodBytz entschieden hat? Mehr dazu lesen Sie hier.

Quelle: B&L MedienGesellschaft

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